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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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daß wir es offenbar besser angetroffen hatten als die meisten anderen versklavten Christen. Viele von ihnen trugen nur Lumpen, manche waren verstümmelt, manche zum Erbarmen abgemagert. Fast alle von ihnen mußten zu Fuß laufen und waren von dem weiten Marsch völlig erschöpft.
    Die Männer Kilidsch Arslans fingen alle Trupps weit vor
dem Lager ab, schrieben auf, welche Sklaven abgeliefert wurden und von wem, und sorgten dafür, daß alle wenigstens heile Kleidung bekamen, denn es hätte die Ehre des Sultans verletzt, sie zerlumpt zu übergeben. Wer wollte, konnte sich auch Haupthaar und Bart scheren lassen. Ein Bad hätte fast allen mehr als not getan, aber auf diese fernliegende Idee kam keiner der Wüstensöhne.
    Ich sah mich unter den anderen Sklaven um, fand aber kein bekanntes Gesicht. Inzwischen waren mein Sohn und ich die einzigen, die noch ihre Reittiere hatten, alle anderen hatten sie bei ihren Bewachern abliefern müssen. Auch nach unseren Maultieren hatten die Wachen gegriffen, aber die Söhne Ashots bedeuteten diesen zu ihrem Erstaunen, die Tiere seien unser Eigentum. Dann umarmten sie uns vor den Augen ihrer mißbilligenden Glaubensgenossen und versicherten uns, sie würden ihres Lehrers und seines Sohnes auch künftig in Ehrfurcht und dankbarer Zuneigung gedenken. Wir sahen ihnen nach, wie sie in stolzer Haltung in die Wüste zurückritten. Ich hatte sie gern, aber ich war trotzdem heilfroh, sie entschwinden zu sehen. Erst jetzt fühlte ich mich frei und konnte aufatmen.
    Unser Zug setzte sich langsam in Bewegung, es waren einige Dutzend Männer. Apollonius und ich ritten als letzte, damit die anderen Männer nicht den Staub schlucken mußten, den die Hufe unserer Maultiere aufwirbelten. Je näher wir dem Lager kamen, wo uns unsere christlichen Brüder erwarteten, um so schneller gingen und ritten wir. Endlich frei! Endlich frei!
    Die Männer im Gefolge Herzog Heinrichs hatten sich feierlich am Lagerrand aufgestellt, aber sie konnten sich ebenso wenig zurückhalten wie wir und liefen uns entgegen. Das war aber dem Sultan nicht recht, die Formalitäten mußten eingehalten werden. Höflich, aber bestimmt sorgten also seine Männer dafür, daß alle sich wieder in ordentliche
Reihen begaben. Als wir den Lagerrand erreichten, hielt der Sultan erst einmal eine lange, blumige Rede über seine tiefe Liebe zu seinem Vetter, dem berühmten Herzog Heinrich, der den Ehrennamen »der Löwe« mit vollem Recht trüge. Er verkündete, daß er diesem, der nun leider, leider in seine Heimat zurückzukehren wünsche, ein Geschenk machen wolle, das zwar gering und unbedeutend sei, das er den Herzog aber dennoch von Herzen anzunehmen bitte. Er möge doch diese Sklaven christlicher Herkunft als Gabe empfangen und mit sich nach Europa führen.
    Der Herzog hielt nun eine ebensoschöne Rede, und ich erfuhr erst später von Gottschalk, daß er nur auf das inständige Flehen der Tempelritter hin darauf verzichtete, wieder von der so wünschenswerten Bekehrung des Sultans zum christlichen Glauben zu sprechen. Vermutlich wäre dies sogar bis zu meinem Ohr durchgedrungen, aber von seinen allgemeinen Lobpreisungen seines Vetters, des Sultans, hörte ich kein Wort. Es rauschte in meinen Ohren, während ich gierig nach bekannten Gesichtern Ausschau hielt. Aber ich erkannte niemand.
    Nun wurden die Namen und die Herkunftsorte der Gefangenen verlesen, und sie wurden denjenigen zugeteilt, die sich um sie kümmern sollten. Mein Sohn und ich kamen als letzte dran. Als der Sekretär des Sultans unsere Namen ausrief, ertönte ein lauter Schrei, und ein schwarzgelockter junger Mann eilte auf uns zu. Das war unser lieber Gottschalk hier. Er rief immer wieder: »Das gibt es doch nicht! Das gibt es doch nicht!«
    Als ich hörte, daß er der Ehemann meiner kleinen Nichte Sophia sei, weinte ich helle Freudentränen. Er nahm sich unserer sofort auf das beste an. Und als ich dann vernahm, daß meine liebste Frau inzwischen nach Köln übergesiedelt war, konnte nur dies das Ziel meiner Reise sein. Und nun sind wir hier. Ich durfte meine Richlinde in die Arme nehmen. Ich
habe einen prächtigen Sohn, den ich zuletzt als Kleinkind sah. Ich finde meinen geliebten Vater, meine Brüder und ihre Familien. Ich bin mit meinem Schicksal versöhnt.«

    Wir waren zutiefst erschüttert von seinem Bericht und saßen ganz still. Niemand mochte etwas sagen. Schließlich erhob sich Richlinde.
    »Darf ich meinen Constantin heute nacht bei dir lassen, Sophia?«

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