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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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das Vertrauen, das er uns erwiesen hatte, mißbraucht.
    Ashot fuhr fort:
    »Ich bin ein gerechter Mann; ihr habt mir in den letzten Jahren gut gedient und euch bisher nichts zuschulden kommen lassen, darum wird die Strafe milde ausfallen und nur einen von euch treffen.«
    »Das soll dann ich sein«, sagt ich rasch, während Apollonius mich beiseite schob, sich vor Ashot auf den Boden warf und flehte: »Verschone meinen Vater und strafe mich, ich bitte dich!«
    Ashot dachte kurz nach. »Johannes, du wirst mit einem Auge für euren Fluchtversuch bezahlen. Das wird dich nicht daran hindern, auch künftig meine Söhne zu unterrichten. Seid euch aber darüber im klaren, daß bei einem weiteren Fluchtversuch von auch nur einem von euch die Strafe sehr viel härter ausfallen wird.«
    Damit winkte er seinen Männern, und sie traten vor. Zwei hielten mich und zwei andere meinen Sohn, der sich mit aller Kraft wehrte und mich beschützen wollte. Ich hielt ganz still, denn ich wußte, daß ich keine Möglichkeit hatte, der Verstümmelung zu entgehen. Ich sah das Messer, das sich sanft auf mich zubewegte und dann in mein Auge bohrte, und spürte den reißenden Schmerz, hörte das verzweifelte Schreien meines Sohnes, bevor mich eine gnädige Ohnmacht umfing.

    Als ich wieder erwachte, hatte ich einen dicken Verband über dem Auge. Die leere Augenhöhle hatten sie mir mit Kräutern gefüllt, die das Blut stillen und dem Fieber vorbeugen sollten. Wenn ich hätte still liegen können, wäre der Schmerz erträglich gewesen, aber da wir gerade einen neuen Lagerplatz suchten, mußte ich das quälende Hämmern meiner Schritte ertragen. Apollonius stützte mich liebevoll und weinte, wenn sein Blick auf mein verbundenes Auge fiel.
    Ich kann Ashot nicht verurteilen. Er hat uns nie schlecht behandelt, und gemessen an den harten Gesetzen der Wüste hat er uns milde bestraft. Aber zu dem Verlust der Freiheit und der Familie, des Wohlstands, des Geachtetseins kam nun auch noch der Verlust eines Auges. Ich fühlte mich elend, und wäre nicht mein Apollonius gewesen, ich hätte nicht eingesehen, warum ich noch weiterleben sollte.
    Der Kräuterumschlag hat jedenfalls sehr gut gewirkt, ich bekam nur wenig Fieber für ein, zwei Tage, und als der Verband abgenommen wurde, war die Augenhöhle nicht entzündet.
    Ich betrachtete die Wüste, die sich in sanften Wellen weit erstreckte.
    »Was machst du da?« fragte ich Apollonius, der hinter mir saß und mit seinem Messer an einem Stück Holz herumschnitzte.
    »Ich schnitze eine Klappe für dein Auge, Vater«, sagte er und glättete das Holz mit größter Sorgfalt.

    Wir gaben es auf, die Tage zu berechnen, da wir annahmen, nun bis an unser Lebensende bei Ashots Stamm zu bleiben. Ich fürchtete mich schon vor dem Tag, an dem er genügend ausgebildete Krieger und dank meiner Tätigkeit auch Verwalter hätte, um die benachbarten Stämme zu unterwerfen. Ich bin nie ein Kämpfer gewesen, mit nur einem Auge noch weniger, und der Gedanke an fremde Stämme, die im
Gegenschlag unser Lager angreifen würden, machte mir große Angst. Aber dazu sollte es zum Glück nicht kommen. Ehe der langfristig planende Ashot die Zeit für reif befand, sich zum Herrn über seine Nachbarstämme aufzuschwingen, kam ein Bote von Sultan Kilidsch Arslan und befahl, alle christlichen Gefangenen unverzüglich zu ihm zu senden. Der Sultan gewähre seinen treuen Stammesführern die Gnade, sie als demütiges Geschenk von ihnen anzunehmen.
    Ashot nahm den Verlust seiner Sklaven gelassen hin. Inschallah. Er rief uns sogar zu sich, bedankte sich für unsere langjährigen Dienste, und schenkte uns zwei Maultiere im Austausch für Apollonius’ Kamelstute. Das war sehr großzügig von ihm, denn der Besitz seiner Sklaven war selbstverständlich auch sein Eigentum, und er hätte es durchaus nicht nötig gehabt, uns dafür zu entschädigen.
    Seine beiden ältesten Söhne brachten uns also zu Kilidsch Arslan, wo sich eine Schar von Christen sammeln sollte, die alle als Sklaven der Muslime gedient hatten. Ich erfuhr, daß wir ein Abschiedsgeschenk des Sultans für Herzog Heinrich von Sachsen waren - und als ich später von den gutgemeinten, aber erfolglosen Bekehrungsversuchen des Herzogs vernahm, wußte ich, daß Kilidsch Arslan froh war, den Herzog mitsamt allen seinen Glaubensgenossen wieder loszuwerden.

    Als wir uns dem Lager des Sultans näherten, sahen wir von allen Himmelrichtungen kleine Gruppen von Menschen heranziehen. Ich muß sagen,

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