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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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waren.
    „Es ist bitter, Sanza.“
    „Ja, aber nur eine Zeitlang …“
    „… Bitter, einander zu haben und unsere eigene Welt und doch immer noch wie Taucher auf dem Meeresgrunde einherzugehen. Kriechen zu müssen, wenn man springen möchte …“
    „Nur für kurze Zeit, Jarry, eine kurze Zeit wie unsere Sinne es wahrnehmen werden.“
    „Aber in Wirklichkeit sind es dreitausend Jahre! Während wir schlafen, wird eine Eiszeit verstreichen. Unsere früheren Welten werden sich verändern, daß wir sie nicht mehr erkennen würden, sollten wir sie besuchen – und niemand wird sich an uns erinnern.“
    „Was besuchen? Unsere ehemaligen Zellen? Sollen die restlichen Welten doch vergehen! Möge das Land unserer Geburt uns vergessen! Wir sind ein Volk für sich und haben unsere Heimat gefunden. Was ist sonst schon wichtig?“
    „Das ist wahr … Es wird nur ein paar Jahre dauern, und wir werden gemeinsam unsere Wachperioden ableisten.“
    „Wann ist die erste?“
    „In zweieinhalb Jahrhunderten … drei Monate wach sein …“
    „Wie wird es dann sein?“
    „Ich weiß nicht. Nicht so warm …“
    „Dann laß uns zurückkehren und schlafen. Morgen ist ein besserer Tag.“
    „Ja.“
    „Oh! Sieh doch den grünen Vogel! Er schwebt wie ein Traum …“
    Als sie jenes erste Mal erwachten, blieben sie bei der Weltumformungs-Anlage, an ihrem Ort, der Totenland genannt wurde. Die Welt war bereits kälter geworden, und die Ränder des Himmels trugen rosa Säume. Die Metallwände der großen Anlage waren schwarz und von Rauhreif überzogen. Die Atmosphäre war immer noch tödlich, und die Temperatur war viel zu hoch. Sie blieben die meiste Zeit in ihren Spezialkammern und gingen nur hinaus, um die notwendigsten Tests durchzuführen und die Struktur ihrer neuen Heimat zu inspizieren.
    Totenland … Felsen und Sand. Keine Bäume, keinerlei Spuren des Lebens. Die Zeit der schrecklichen Winde lag immer noch über dem Land, und die Welt kämpfte gegen die Kraftfelder der Maschinen an. Nachts glätteten und schliffen riesige Wolken die festen Türme, und wenn dann die Winde wichen, schimmerte die Wüste, als hätte man sie frisch gestrichen, und die Felsen ragten wie Flammen gen Morgen. Nachdem die Sonne in den Himmel gestiegen und eine Weile dort gestanden hatte, begannen die Winde wieder, und dann öffnete sich ein sandfarbener Vorhang dem Tage. Wenn dann die Morgenwinde wichen, starrten Jarry und Sanza durch die Ostfenster der Anlage über Totenland hinaus. Eines der Fenster liebten sie am meisten – jenes im dritten Stockwerk, wo das Felsgebilde, das wie ein knorriger Normform aussah, ihnen zuwinkte. Und dann lagen sie auf der grünen Couch, die sie aus dem Erdgeschoß nach oben geschleppt hatten, und manchmal liebten sie sich, während sie dem Lied der Winde lauschten, oder Sanza sang und Jarry schrieb ins Logbuch oder las die früheren Eintragungen, die Kritzeleien von Freunden und Unbekannten in all den Jahrhunderten, und sie schnurrten oft, lachten aber nie, weil sie nicht wußten, wie man lachte.
    Eines Morgens sahen sie, wie eines der zweibeinigen Geschöpfe aus den Jodwäldern über das Land ging. Es stürzte mehrmals, richtete sich immer wieder auf, ging weiter, stürzte erneut und blieb liegen.
    „Was tut es so weit von seinem Zuhause?“ fragte Sanza.
    „Es stirbt“, sagte Jarry. „Gehen wir hinaus.“
    Sie gingen über den Laufsteg, stiegen hinunter ins Erdgeschoß, legten ihre Schutzanzüge an und verließen den Bau.
    Das Geschöpf hatte sich wieder aufgerappelt und taumelte erneut. Es war mit einem rötlichen Flaum bedeckt, hatte dunkle Augen und eine lange, breite Nase, aber keine echte Stirn. Es hatte vier kurze Finger an jeder Hand und jedem Fuß; Finger mit Klauen.
    Als es sie aus der Weltumformungs-Einheit treten sah, blieb es stehen und starrte sie an. Dann stürzte es.
    Sie traten an seine Seite und studierten es.
    Es starrte sie immer noch an, die dunklen Augen geweitet, und lag da und zitterte.
    „Wenn wir es hierlassen, stirbt es“, sagte Sanza.
    „… Und wenn wir es hineintragen, stirbt es auch“, sagte Jarry.
    Es hob eines seiner Vorderglieder, ließ es aber wieder fallen. Seine Augen verengten sich und schlossen sich dann.
    Jarry schob vorsichtig den Fuß vor und berührte es mit der Stiefelspitze. Es reagierte nicht.
    „Es ist tot“, sagte er.
    „Was tun wir jetzt?“
    „Wir lassen es hier. Der Sand wird es zudecken.“
    Sie kehrten ins Innere der Anlage zurück, und Jarry trug das

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