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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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und es klang fast ungeduldig:
    »Uyulála ist Antwort. Du mußt sie befragen!
Wenn du nicht fragst, so kann sie nichts sagen!«
    Atréju rief ihr entgegen:
    »Uyulála, hilf mir, ich möchte verstehen :
Warum mußt du bald verwehn und vergehen?«
    Und die Stimme sang:
    »Die Kindliche Kaiserin siecht dahin
und mit ihr das phantåsische Reich.
Das Nichts wird verschlingen den Ort, wo ich bin,
und bald schon ergeht es mir gleich.
Wir werden verschwinden ins Nirgends und Nie,
als wären wir niemals gewesen.
Es bedarf eines neuen Namens für sie,
nur durch ihn kann sie wieder genesen.«
    Atréju antwortete:
    »Sag, Uyulála, wer rettet ihr Leben?
Wer kann einen neuen Namen ihr geben?«
    Die Stimme fuhr fort:
    »Höre, höre die Worte mein,
auch wenn du sie jetzt nicht verstehst,
präge sie tief ins Gedächtnis dir ein,
eh du von dannen gehst,
damit du später, zur besseren Stunde,
von der Erinnerung Meeresgrunde
sie wieder emporhebst ans Tageslicht,
unversehrt, so wie es nun klingt.
Alles hängt ab davon, ob dir’s gelingt
oder nicht.«
    Eine Weile war nur ein klagender Laut ohne Worte zu hören, dann plötzlich klang es ganz nahe bei Atréju, so als spräche jemand ihm ins Ohr:
    »Wer kann der Kindlichen Kaiserin
einen neuen Namen geben?
Nicht du, noch ich, nicht Elfe, noch Dschinn,
von uns rettet keiner ihr Leben,
und keiner erlöst uns alle vom Fluch,
durch keinen wird sie gesunden.
Wir sind nur Figuren in einem Buch,
und vollziehen, wozu wir erfunden.
Nur Träume und Bilder in einer Geschieht’,
so müssen wir sein, wie wir sind,
und Neues erschaffen - wir können es nicht,
kein Weiser, kein König, kein Kind.
Doch jenseits Phantásiens gibt es ein Reich,
das heißt die Äußere Welt,
und die dort wohnen - ja, sie sind reich,
um sie ist es anders bestellt!
Die Adamssöhne, so nennt man mit Recht
die Bewohner des irdischen Ortes,
die Evastöchter, das Menschengeschlecht,
Blutsbrüder des Wirklichen Wortes.
Sie alle haben seit Anbeginn
die Gabe, Namen zu geben.
Sie brachten der Kindlichen Kaiserin
zu allen Zeiten das Leben.
Sie schenkten ihr neue und herrliche Namen,
doch ist es schon lange her,
daß Menschen zu uns nach Phantasien kamen.
Sie wissen den Weg nicht mehr.
Sie haben vergessen, wie wirklich wir sind,
und sie glauben nicht mehr daran.
Ach, käme ein einziges Menschenkind,
dann wäre schon alles getan!
Ach, wäre nur eines zu glauben bereit
und hätte den Ruf nur vernommen!
Für sie ist es nah, doch für uns ist es weit,
zu weit, um zu ihnen zu kommen.
Denn jenseits Phantásiens ist ihre Welt,
und dorthin können wir nicht -doch wirst du behalten, mein junger Held, was Uyulála da spricht?«
    »Ja, ja«, sagte Atréju verwirrt. Er gab sich alle Mühe, seinem Gedächtnis einzuprägen, was er hörte, aber er wußte ja nicht wozu, und deshalb begriff er nicht, wovon die Stimme redete. Er fühlte nur, daß es sehr, sehr wichtig war, doch der Singsang und die Anstrengung, alles in Reimen zu hören und zu sagen, machte ihn schläfrig. Er murmelte:
    »Ich will es! Ich will mich erinnern daran,
aber sag mir, was fange ich dann damit an?«
    Und die Stimme antwortete:
    »Das mußt du selbst entscheiden.
Du hast nun Kunde.
Und darum schlägt uns beiden
die Abschiedsstunde.«
    Halb schon schlafend fragte Atréju:
    »Gehst du fort?
An welchen Ort?«
    Jetzt war wieder dieses Schluchzen in der Stimme, die sich immer weiter entfernte, während sie sang:
    »Das Nichts ist nah gekommen,
und das Orakel schweigt.
Nun wird kein Klang mehr vernommen,
der auf-und niedersteigt.
Von allen, die zu mir kamen
in den Säulenwald aus Stein
und meine Stimme vernahmen,
wirst du der Letzte sein.
Vielleicht wird es dir gelingen,
was keinem noch je gelang,
doch um es nun zu vollbringen,
bewahre, was ich dir sang!«
    Und dann, aus immer weiterer Ferne, hörte Atréju noch die Worte:
    »Über Berg und Tal, über Feld und Flur
werd’ ich vergehen, verwehen -.
Ach, alles ereignet sich einmal nur,
aber einmal muß alles geschehen…«
    Das war das letzte, was Atréju vernahm.
    Er setzte sich an einer Säule nieder, lehnte den Rücken dagegen, blickte zum Nachthimmel empor und versuchte zu verstehen, was er gehört hatte. Die Stille legte sich um ihn wie ein weicher, schwerer Mantel, und er schlief ein.
    Als er erwachte, umgab ihn kalte Morgendämmerung. Er lag auf dem Rücken und blickte in den Himmel. Die letzten Sterne verblaßten. Die Stimme der Uyulála klang noch in seiner Erinnerung nach. Und zugleich erinnerte er sich wieder an alles, was

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