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Die Uno

Die Uno

Titel: Die Uno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Dieter Wolf
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Grundsatz zu drastischen Verzerrungen, weil einem Staat mit über einer Milliarde Einwohnern das gleiche formale Gewicht eingeräumt wird wie einem Mitgliedstaat, dessen Bevölkerungszahl gerade mal ein paar Tausend Einwohner beträgt. Zum anderen ist die Vorstellung, die in der Generalversammlung vertretenen Regierungen würden die Interessen der Mehrheit ihrer Bevölkerungen repräsentieren, angesichts der überwiegenden Zahl der Nichtdemokratien als eine Fiktion zu betrachten. Folgt man den Angaben von
Freedom House
, einer Organisation, die seit 1972 Ranglisten überdie Verbreitung von Freiheitsrechten in den Staaten erstellt, so handelte es sich im Jahr 2009 bei weniger als der Hälfte der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (bei freundlicher Auslegung nämlich allenfalls bei 89) um freiheitliche Demokratien im westlich liberalen Verständnis. Ein Demokratiedefizit kann schließlich noch an der Exekutivlastigkeit festgemacht werden – ein Vorwurf, der mit Ausnahme der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die sich zu gleichen Teilen aus Vertretern von Regierungen, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen zusammensetzt, allerdings auf alle Organisationen des UN-Systems zutrifft. In der Tat verfügt die UNO mit der Generalversammlung zwar über eine Art «Länderkammer», in der die Exekutiven der Mitgliedsländer durch weisungsgebundene Regierungsvertreter repräsentiert sind, es fehlt ihr aber an einer dem Bundestag vergleichbaren parlamentarischen Einrichtung, in der die Völker selbst unmittelbar vertreten sind.
    Dem
Sicherheitsrat
gehören fünfzehn Staaten an, von denen fünf ständige Mitglieder sind (China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA) und über ein Vetorecht verfügen. Die übrigen zehn werden für jeweils zwei Jahre von der Generalversammlung nach dem Kriterium der regionalen Ausgewogenheit gewählt. Die für einen Sicherheitsratsbeschluss erforderliche Mehrheit beträgt neun Stimmen «einschließlich sämtlicher ständigen Mitglieder» – so die Formulierung des Vetorechts in Artikel 27 der Charta. Der Sicherheitsrat kann als einziges Organ der Vereinten Nationen für alle Mitgliedstaaten rechtsverbindliche Beschlüsse fassen.
    Das Bild eines Gremiums, in dem Konfrontation und gegenseitige Bloßstellungen vorherrschen, entspricht seit dem Ende des Kalten Kriegs immer weniger der Realität. Aufgrund des stets drohenden Vetos eines der ständigen Mitglieder wandelt der Sicherheitsrat permanent auf dem Grat zwischen einem Abstimmungsgremium und einem Verhandlungsgremium. Auch sein Zuständigkeitsspektrum hat sich erheblich ausgeweitet. Vor allem in Reaktion auf die neuen Herausforderungen wie den Zerfall von Staaten, humanitäre Katastrophen oder den grenzüberschreitenden Terrorismus hat der Sicherheitsrat inzum Teil atemberaubender Weise neue Instrumente geschaffen und Kompetenzen an sich gezogen. So war es der Sicherheitsrat, der 1993 das Haager Jugoslawien-Tribunal zur Ahndung der in Bosnien-Herzegowina verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und 1994 das Ruanda-Tribunal zur Ahndung der Bürgerkriegsverbrechen als Nebenorgane ins Leben rief.
    Ebenfalls per Sicherheitsratsbeschluss wurde die völkerrechtliche Norm einer
internationalen
Verpflichtung zur Strafverfolgung etabliert und damit ein neues Kapitel in der Entwicklung des Völkerrechts aufgeschlagen, das sich gravierend von der gängigen Praxis unterscheidet: Üblicherweise handeln Regierungen internationale Übereinkommen miteinander aus, denen sie dann freiwillig beitreten können und die auch erst nach erfolgter Ratifikation Rechtsverbindlichkeit erlangen. Ein weiteres Beispiel für die sehr offensive Auslegung des geltenden Völkerrechts, wenn nicht gar für die Wahrnehmung einer quasilegislativen Funktion durch den Sicherheitsrat, sind seine Bemühungen um eine provisorische Schließung der Effektivitätslücken bei den bestehenden internationalen Vereinbarungen über die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Diese greifen weder gegenüber Staaten, die kooperationsunwillig sind, noch gegenüber privaten Akteuren, die keine Rechtsfähigkeit besitzen und auf die zwischenstaatliche Übereinkommen deshalb gar nicht gemünzt sein können. Der Sicherheitsrat hat in den neunziger Jahren den Fall des Irak zum Anlass für die grundsätzliche Feststellung genommen, dass Massenvernichtungswaffen in Händen bestimmter Akteure eine Bedrohung der internationalen Sicherheit darstellen. Damit kann ein Staat

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