Die Unschuld der Rose
nun an um deine Finanzen kümmert.“
„Das ist sehr großzügig von dir.“
Endlich bewegte er sich auf bekanntem Terrain. Rafael lächelte zuversichtlich. „Das ist das Mindeste, was ich tun kann.“
„Aber ich will dein Geld nicht.“
Sein Lächeln erstarrte.
„Nun, es wäre dumm, die Unterstützung deines Finanzexperten abzulehnen. Zumindest ihm werde ich in Zukunft vertrauen können. Also, dafür vielen Dank. Darüber hinaus kann ich jedoch nichts von dir annehmen. Und ich bin sicher, du weißt deine Zeit besser zu verwenden als damit, mir Zahlen beizubringen.“
Er war noch nie einer Frau begegnet, die tatsächlich kein Geld wollte. Grace’ Weigerung verwirrte ihn zutiefst. „Ich möchte dir gerne helfen“, sagte er schnell und war überrascht, dass es der Wahrheit entsprach. „Um deinen Vater zu einem Geständnis zu bewegen, musst du alle Zahlen und Fakten kennen.“
„Ja.“ Sie biss sich auf die Lippe und sah ihn an. „Du würdest mir wirklich helfen? Aber du hast doch garantiert mit deiner eigenen Firma genug zu tun.“
„Meine Arbeit erfordert im Moment nicht so viel Zeit“, log er, ohne mit der Wimper zu zucken. „Ich würde mich freuen, mit dir die Konten durchzugehen.“
Sie zögerte. „Mein Flug ab Rio startet in drei Stunden.“
„Du wirst ihn nicht nehmen. Ich will aber nicht, dass du gehst.“
Ein zaghaftes Lächeln umspielte ihren Mund. „Weil der Sex mit mir großartig ist?“
Ihre Direktheit überraschte ihn. „Das ist ein Grund, ja“, erwiderte er ehrlich. „Aber ich will auch nicht, dass dein Vater mit seinem Betrug straflos davonkommt.“
„Nein.“ Ein warmer und bewundernder Schimmer trat in ihre Augen. „Natürlich nicht. Du sorgst dich um Carlos und Filomena.“
Weil Rafael gefesselt war von ihrem anerkennenden Blick, antwortete er nicht sofort. „Ja“, sagte er schließlich. „Carlos und Filomena.“
„Du liebst sie wirklich, und sie lieben dich. Das habe ich sofort gesehen. Es tut mir so leid, dass ich für ihre Not verantwortlich bin“, erwiderte sie mit erstickter Stimme.
„Ich mag die beiden sehr, das stimmt. Und du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen. Es wird alles gut“, entgegnete er hastig. „Und für den Heimflug kannst du einen meiner Privatjets benutzen.“ Während er das kleine Grübchen neben ihrem Mund betrachtete, versprach Rafael sich, dass es bis dahin noch lange dauern würde.
„Es ist unglaublich freundlich, dass du mir hilfst.“
„Nicht freundlich“, berichtigte er automatisch ihre Annahme. „Ich habe allerlei egoistische Gründe, um dich hierzubehalten. Kümmern wir uns um die Zahlen, solange ich noch in der Lage bin, mich darauf zu konzentrieren.“
Drei Stunden später lehnte Grace sich auf ihrem Stuhl zurück und atmete tief aus. Sie lächelte. „Du bist ein brillanter Lehrer.“
Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie nach einer Finanzsitzung nicht das Gefühl, ihr Kopf müsse explodieren oder dass sich ihr Gehirn verknotete.
Rafael legte den roten Stift weg, den er benutzt hatte, um einen bestimmten Sachverhalt zu verdeutlichen. „Ich verstehe, wie schwer es für dich sein muss. Das macht die ganze Sache umso erstaunlicher.“
„Was ist erstaunlich?“
Er schüttelte den Kopf. Im Schein der untergehenden Sonne schimmerte sein Haar blauschwarz. Der sonst so kühle Glanz seiner Augen wirkte jetzt warm. „Die Tatsache, dass du trotz deiner Zahlenschwäche ein erfolgreiches Unternehmen führst. Ich bin wirklich beeindruckt. Wenn dein Vater die Gelder nicht gestohlen hätte, würdest du eine extrem profitable Firma leiten.“
Sie konnte nicht widerstehen, ihn ein wenig zu necken. „Hätte ich dich reich gemacht?“
Nachdenklich blickte er von den Kontobüchern auf; ein seltsamer Ausdruck lag auf seinem Gesicht. „Wenn mehr Menschen wie du für mich arbeiten würden, wäre mein Leben um einiges einfacher, meu amorzinho . Wie gelingt es dir, so viele Gäste in deine Cafés zu locken?“
„Ich habe viele Ideen. In Finanzfragen war und werde ich immer ein hoffnungsloser Fall bleiben, aber ich sehe das große Ganze. Ich weiß, was Menschen wollen und welche Strategien funktionieren.“
„Was hältst du von einer Expansion von Café Brazil?“
Überrascht sah sie ihn an. „Du meinst, in ganz England?“
„Eigentlich meinte ich die ganze Welt“, entgegnete er trocken. Das leise Lächeln um seine Mundwinkel zeigte ihr, wie sehr ihn ihre vergleichsweise provinziellen Vorstellungen amüsierten.
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