Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verborgene Grotte

Die verborgene Grotte

Titel: Die verborgene Grotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
davon hatte Karl keine Ahnung. Und er hatte auch nicht danach gefragt. Er konntemit seiner Mutter über fast alles reden, aber nicht über seinen Vater.
    Sara schielte zu ihm und wartete ab, ob Karl noch mehr erzählen wollte. Auch das war so schön an Sara. Sie verstand ihn. Und sie nahm Anteil, ohne zu bohren.
    Nach einer Weile richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Motor. Sie knipste ein Stück neues Kabel von einer Rolle ab, befestigte es in der Lüsterklemme, die sie eben abmontiert hatte, und schraubte das Ganze wieder an seinen ursprünglichen Platz.
    »Warum machst du das?«, fragte Karl verwundert.
    Er hatte bisher immer nur zugesehen, wenn sie etwas auseinandernahm, aber noch nie hatte er erlebt, dass sie etwas zusammensetzte.
    »Weil das hier mein eigener Motor ist. Zusammengebaut aus vier alten. Bald ist er fertig, dann kannst du mit auf Probefahrt kommen   … nach meinem Wochenende in der Hölle.«
    Karl war oft beeindruckt von Saras Können, aber jetzt war er sprachlos.
    »Ich hätte dir hundertmal lieber in der Fabrikantenvilla geholfen, als zu meinen langweiligen Cousinen zu fahren«, sagte Sara düster. »Angeblich gibt es da drinnen eine Menge gruseligerSachen. Weißt du, wir beide haben ja schon einiges in Krabbsjögrund erlebt, aber was man sich über die Fabrikantenvilla erzählt, schlägt alles.«
    Karl wurde neugierig. Wer war dieser Pilkins eigentlich gewesen? Und wie kam es, dass Madame Tod ein Spukhaus kaufen wollte, das seit über fünfzig Jahren leer stand?
    »Was Madame Tod hier will, weiß ich auch nicht«, sagte Sara. »Aber ich weiß einiges über die Fabrikantenvilla und Pilkins. Willst du es hören?«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, begann sie zu erzählen.

D as Museum des Todes
    »Eines Abends, es war schon spät, stand ein Junge im Schein des Vollmonds vor der Fabrikantenvilla. Er zögerte.
    ›Das traust du dich nie‹, hatten die anderen gesagt.
    ›Natürlich traue ich mich‹, hatte er erwidert.
    Und nun stand er da. Mit zitternden Knien.
    Aber wie gefährlich konnte das schon sein? Er wollte ja nur kurz reingehen, sich ein wenig umsehen und irgendetwas mitnehmen, das bewies, dass er wirklich im Haus gewesen war. Damit die anderen endlich begriffen, dass er kein Feigling war.
    Nun stand er also hier. Aber seine Beine schienen den letzten Schritt zur Tür nicht machen zu wollen.
     
    Vor gut einem Jahr war der Fabrikant Bertram Pilkins in sein neugebautes Haus gezogen. Die Neugier der Bewohner von Krabbsjögrund wargroß, denn viele Gerüchte waren seiner Ankunft vorausgeeilt.
    Man munkelte, er wäre ein vermögender Sonderling, der viele Jahre im Ausland gelebt hätte. Warum er als Fabrikant bezeichnet wurde, wusste niemand, denn den Gerüchten zufolge war er Schriftsteller. Oder ein verrückter Wissenschaftler. Möglicherweise auch beides.
    Was die Fantasie der Leute aber wirklich beflügelte, war die Tatsache, dass es einen
B.   Pilkins
gab, der ein Buch über Schwarze Magie und Zauberei geschrieben hatte. War das am Ende tatsächlich derselbe Pilkins?
    Viele sahen zu, als er einzog, es wurde getuschelt und gegafft. Als alle Kisten und Möbel im Haus waren, stieg schließlich Pilkins selbst aus einem der Autos.
    Er war fast zwei Meter groß und ging auf einen Stock gestützt. Aber das war nicht der Grund, warum die Leute starrten. Es lag an seinen schlohweißen Haaren, die ihm lang und strähnig über die Schultern fielen, und an seinen beinahe schwarzen Augen, die alle durchbohrten, die seinem Blick begegneten.
    Wortlos schritt er die Treppe hoch, verschwand in seinem Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
     
    Jetzt, ein Jahr später, nahm der Junge denselben Weg, die Treppe hoch bis vor die Tür. Noch immer zögerte er. Gleichzeitig wollte er unbedingt all die seltsamen Dinge sehen, von denen er gehört hatte, die Waffen, den elektrischen Stuhl   … Allerdings hielt er die Idee, sich ins Haus zu schleichen, für längst nicht mehr so genial wie damals auf dem Badesteg in der Sonne.
    Pilkins war nicht da. Der Junge hatte beobachtet, wie er vor einer Stunde das Haus verlassen hatte, und noch war er nicht zurückgekehrt.
    Vorsichtig streckte der Junge seine Hand nach der Klinke aus, aber als hätte das Haus auf ihn gewartet, glitt die Tür schon von alleine auf.
    Er holte tief Luft, dann trat er ein. Mit lautem Krachen schlug die Tür hinter seinem Rücken zu.
     
    Dass Pilkins so geheimnisvoll wirkte und zurückgezogen lebte, schürte die Gerüchteküche in

Weitere Kostenlose Bücher