Die Steinernen Drachen (German Edition)
18. März 2002 – Mittelschweres Erdbeben erschüttert Südostasien
Peking/Vientiane (dpa) – Eine Serie mittelschwerer Erdbeben erschütterte am Wochenende Teile Chinas und den Nordwesten Laos’. Laut Angaben der örtlichen Behörden gab es in dem dünn besiedelten Grenzgebiet keine Verletzten. Die Erschütterungen, die sich auf die Gebirgsregion Shi Lin zwischen China und Laos beschränkten, erreichten eine Stärke von 4,8 auf der Richterskala. Auf chinesischer Seite gab es keine Schäden zu vermelden, lediglich eine Bahnstrecke musste zeitweise gesperrt werden. Die laotischen Behörden erteilten für die angrenzende Provinz Phong Saly diesbezüglich keine Auskünfte.
Laut Bericht eines Seismologen vom Geologischen Institut der Universität Köln, handelte es sich um ein «sehr ungewöhnliches Beben.» Aus Sicht der Erdbebenforscher lag das Epizentrum in einer bislang nicht anfälligen Region. Die nächstgelegene geologische Trennfläche der tektonisch aktiven Erdkruste liegt im Indischen Ozean – beinahe 2.000 km vom Epizentrum des Bebens entfernt. Weder China noch Laos reagierten bisher auf Anfragen von Mitarbeitern des Internationalen Instituts für Geophysik und Erdbebenforschung, die starkes Interesse bekunden, das Phänomen näher zu untersuchen.
Teil 1: Deutschland
Ein seltsamer Gast
26. Juni 2003
Frank sah den Mann nicht kommen, bemerkte nicht, wie er hereinkam und an den Tresen ging.
Die Bar war schwach besucht, lediglich fünf Leute – sechs, wenn man den späten Gast dazu zählte. Die Uhr über der Tür zu den Toiletten stand auf halb zwölf. In einer Stunde würde er die Bar schließen. Sylvia, die Bedienung, hatte er schon nach Hause geschickt. Die Hand voll Gäste schaffte er auch alleine. Aus den Lautsprechern sang Shakira leise und gefühlvoll Underneath your clothes . Das Licht war gedämpft, die Luft rauchig und schwer. Die Nacht brachte keine Abkühlung und die Hitze drückte sich durch die offenen Türflügel. An einem der Tische, an der Fensterfront zur Straße, saß ein Pärchen, das verliebt die Köpfe zusammensteckte. Draußen fuhr ein Auto mit hoher Drehzahl die Bahnhofstraße hinauf. Am kürzeren Schenkel der L-förmigen Bar standen drei Halbwüchsige – Stammgäste, die schweigend ihr Bier tranken und gegen die Decke starrten.
Er mixte gerade zwei Mojitos für die Verliebten am Fenster und war im Begriff, nach den Limettenscheiben zu greifen, um die Gläser zu dekorieren, als er kurz aufblickte. Der Mann stand vor ihm und starrte ihn an. Er war aus dem Nichts gekommen und sein Anblick brachte Frank für einen kurzen Moment aus der Fassung. Er hoffte, dass die überspannte Reaktion seinem Gegenüber verborgen blieb und versuchte eine teilnahmslose Miene an den Tag zu legen.
Der neue Gast war Asiat, aber groß und breit wie ein Schrank. Sein voluminöser Körper war in einen schwarzen Anzug gezwängt. Darunter trug er ein weißes Hemd mit schwarzer Krawatte. Sein Kopf ging konturlos in den Hals über und der Stiernacken drohte den Hemdkragen zu sprengen.
»Men in Black – Sumoausführung«, dachte er. Das volle Gesicht war ohne Ausdruck, wie in Eis gemeißelt und die dunklen, emotionslosen Augen starr auf ihn gerichtet. Der schmale Mund war
lediglich ein Strich unter der breiten Nase, das schwarze Haar militärisch kurz geschnitten.
„Einen Moment“, bat er, stellte die beiden Shortdrinks auf ein Tablett und brachte sie dem Pärchen. Der Mann verharrte regungslos an der Bar. Auf dem Weg zurück grübelte Frank, warum er den Riesen beim Hereinkommen nicht registriert hatte. Wie konnte sich eine wuchtige Masse Mensch so unauffällig bewegen?
„Was darf ’s sein?“, fragte er, nachdem er wieder hinter
dem Tresen stand. Statt zu antworten, legte der Asiat ein Schwarzweißfoto auf das polierte Holz der Bar. Er griff nach dem Bild und betrachtete die grobkörnige Aufnahme, die aus weiter Entfernung gemacht worden war: Es zeigte das Bild einer Frau, die in ein Auto steigt. Hohe Wangenknochen, Mandelaugen, volle Lippen, die ein zartes Lächeln andeuteten. Schwarzes, halblanges
Haar umrahmte das schöne Gesicht. Obwohl er sie nie zuvor auf einem Foto gesehen hatte, wusste er sofort, wer sie war. Er kannte viele Frauen, doch kaum eine, die sich mit dieser Schönheit messen konnte. Für ihn war sie perfekt, sowohl auf dem Foto, als auch in natura.
„Und?“, fragte er den Schrank auf der anderen Seite des Tresens und
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