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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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diente. Sid deutete auf das Pferd, dessen Rücken der Bootsrumpf war.
    »Nimm den da«, riet er Tobbs. »Da kannst du dich am besten festhalten.«
    Tobbs brach der Angstschweiß aus. »Ich kann nicht«, flüsterte er. »Ich kann Pferde … nicht leiden. Und reiten schon gar nicht.«
    »Oh mein Gott, was ist das?«, flüsterte Jamie. Er lag auf dem Rücken und betrachtete Tobbs. »Blaue Haare! Du bist ein Dämon, nicht wahr?«
    »Nein, die Dämonen sind die da drüben«, erwiderte Anguana freundlich. Jamie wandte den Kopf – gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Jestans Pferd bockte und dabei einige Knochen verlor. Jamies Augenlider flatterten, dann fiel er wieder in Ohnmacht.
    Ein Schuss fiel. Nicht weit von Tobbs entfernt spritzte eine Fontäne aus Grasbüscheln und Erdklumpen in die Luft. Nachtmütze und seine Helfer starrten zu ihnen hinüber. Der Pfarrer ließ vor Schreck die Jacke los und sie entschwand in den Himmel wie ein bizarrer Ballon.
    Anguana nahm Tobbs’ Hand und zog ihn zu dem Pferd. »Komm. Ich reite mit dir.«
    »Du kannst reiten?«
    »Natürlich. Auf Gämsen. Ober hast du gedacht, ich sitze zu Hause nur in den Bergen herum und spinne Garn?« Als wäre es die normalste Sache der Welt, ging sie auf das Pferd zu und ergriff einen Walknochen. Dann schwang sie sich auf das umgedrehte Boot. Unter ihrem Rocksaum blitzte ihr Ziegenfuß hervor, aber im Augenblick schien Anguana nicht daran zu denken, ihn zu verstecken. Eine zweite Gewehrkugel schoss Jestans Pferd einen Vorderfuß weg, der jedoch gleich wieder zusammenfloss.
    »Dieses müde Land hat lange keinen guten Krieg gesehen«, knurrte Jestan und seine Augen funkelten unheilvoll. »Aber die Leute hier haben Talent, wie ich sehe. Viel Talent. Nur der richtige Lehrmeister fehlt, was?« Die beiden anderen Dämonen lachten.
    »Ich steige nicht auf!«, rief Tobbs. »Nicht ohne Jamie! Wir können ihn hier nicht bewusstlos liegen lassen!«
    »Onkel Jestan?«, rief Sid dem Dämon zu und deutete auf den Ohnmächtigen.
    Der Hundedämon rollte genervt mit den Augen, aber er gab seinem Pferd die Sporen und preschte auf Jamie zu. Im Galopp beugte er hinunter und packte Jamie am Kragen. Mit einem routinierten Schwung warf er ihn bäuchlings vor sich auf den glitschigen Pferderücken.
    »Komm endlich, Tobbs!« Anguana streckte ihm die Hand hin. Und als eine weitere Kugel an ihm vorbeipfiff, ergriff er sie und stieg mit schlotternden Knien auf das Pferd. Es fühlte sich ekelhaft glitschig an, aber immerhin fanden seine Füße in den Löchern im Schiffsrumpf Halt.
    Die Dämonen bellten und preschten los – direkt auf die Gruppe der Dorfbewohner zu! Jestan warf den Kopf in den Nacken und stieß wieder sein schauriges Geheul aus. Die Männer, die immer noch die Gewehre in den zitternden Händen hielten, warfen die Waffen weg und begannen zu schreien wie die Kinder. Muschelhufe wühlten den Boden auf, als die wilde Jagdgesellschaft die fliehenden Dorfleute überholte und weit hinter sich ließ.

SPIEGELBILD
    Brieftauben schienen in Gwinnydell die häufigste Vogelart zu sein. Ganze Schwärme von ihnen überflogen die Ebenen und verteilten sich in alle Himmelsrichtungen. Tobbs hatte ein mulmiges Gefühl, wenn er ihnen nachblickte. Vermutlich überbrachte jede von ihnen eine Nachricht wie: »Dämonen-Invasion an der Küste. Kommt alle und bringt Waffen mit.«
    In der Mittagssonne stanken die dämonischen Pferde noch schlimmer, an einigen Stellen warf der Schlick faulige Blasen.
    Jamie saß stöhnend neben einer Weidemauer und hielt sich den Kopf. Getrockneter Schlamm klebte an seinem Pyjama und an seinem Kinn, und er wiegte den Oberkörper vor und zurück, als wäre er verrückt geworden. »Ihr seid nicht real«, wiederholte er immer wieder. »Das Ganze hier gibt es gar nicht. Ich bin Wissenschaftler. Ich glaube nicht an so einen Humbug.«
    Jestan lief als Hund herum, die Nase am Boden, und untersuchte jede Hufspur, jedes umgeknickte Blatt und schließlich auch den Schafskadaver, der neben der Mauer lag. Der Mancor hatte auf der Weide ganze Arbeit geleistet, doch darüber, wohin seine Spur danach führte, waren sich die Hunde noch nicht einig.
    Anguana legte Jamie tröstend die Hand auf die Schulter. »Du bist in Sicherheit«, sagte sie leise.
    Jamie warf einen Blick auf Jestan und die toten Schafe und begann hysterisch zu lachen. »Ich hätte die Chronik nicht lesen sollen«, stöhnte er. »Dabei glaube ich nicht an so etwas. Es war Langeweile – ich musste den Kopf

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