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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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peitschenlange Zunge ringelte sich um einen schiefen Dolchzahn. Kein Wunder, dass die Furien so oft mit Vampiren verwechselt wurden.
    »Willkommen!«, schrie Dopoulos gegen den Lärm an. »Ich hoffe, die Damen hatten einen erfolgreichen Tag.«
    »Darauf kannst du wetten«, grollte eine rothaarige Furie, deren Fingernägel modisch mit kleinen Knochensplittern verziert waren. »Gehetzt haben wir den mörderischen König Kalvas über sieben Hügel, bis er wahnsinnig wurde. Im Augenblick sitzt er am Ufer des endlosen Sees, isst seine Schuhe auf und kichert irr. Hallo, Schankjunge!«
    Tobbs rang sich ein Lächeln ab und nickte der Furie zu. Ihre Augen waren Feuerkreise. Er konnte sich sehr gut vorstellen, dass ein Opfer, dem die Furien hinterherjagten, den Verstand verlor. Vielleicht war das sogar besser, als das ganze restliche Leben Albträume zu haben und bei jedem Geräusch in Panik zu geraten.
    »Soso«, zischelte die schwarz gewandete Furie und hob Tobbs’ Kinn mit einem spitzen Finger. »Wütend ist er, auch wenn er es gut verbirgt. Na, wen sollen wir für dich jagen, damit du bessere Laune bekommst?«
    Die Furien lachten kreischend. Tobbs schielte zur Hintertür und entdeckte zu seiner Erleichterung Anguanas Hand, die ihm das Zeichen gab. Genau im richtigen Augenblick ließ er den Krug mit dem Brennbeerensaft aus den Händen gleiten und schrie erschrocken auf. Der eitergelbe Saft ergoss sich auf den makellos gebohnerten Boden und begann zu dampfen. Dopoulos funkelte seinen Schankjungen ungehalten an. »Tut mir leid!«, schrie Tobbs gegen das Furiengelächter an.
    »Auch das noch«, seufzte der Wirt. »Hol neuen Saft, ich begleite derweil die Damen ausnahmsweise selbst in den Gastraum. Aber ich kann nicht auf dich warten, Kali kann jeden Augenblick klingeln und Wanja bricht in ein paar Minuten auf, also beeil dich bitte, zu lange sollten wir die Geduld der Furien nicht auf die Probe stellen. Die Scherben kannst du später beseitigen.«
    »Mach ich, Dopoulos!«, sagte Tobbs.
    Dopoulos hielt inne und legte ihm die Hand auf den Arm. Eine Geste, die er nur sehr selten machte. »Guter Mann«, sagte er. Um seine traurigen, vom Schlafmangel stets geröteten Augen bildete sich ein Fächer von Lachfältchen. »Auf dich kann ich mich verlassen! Und du weißt ja: Ich würde nicht jeden mit den Furien alleine lassen.« Tobbs nickte verdattert, völlig überrumpelt von dem seltenen Kompliment des Wirts. Dopoulos winkte den Furien zu und führte sie durch den großen Schankraum und einen schmalen Gang in das separate Zimmer, das für ihren Stammtisch reserviert war und mit Stahlstreben verstärkte Wände hatte.
    Kaum hatte sich die wirbelnde Prozession aus seinem Blickfeld entfernt, sprintete Tobbs zur Hintertür und sprang auf den Hof.
    Anguana wartete bereits, das Pony am Zügel.
    »Endlich!«, zischte sie und sah sich nervös um. »Wanja ist gerade in den Stall gegangen und sattelt Rubin. Ich hoffe nur, sie kommt nicht auf die Idee, um die Ecke in die Ponybox zu schauen.«
    Sie schnalzte auffordernd mit der Zunge und führte das Pony durch die schmale Tür. Mit seinem runden Bauch streifte es an den Zargen entlang und schnaubte unwillig, aber dann stand es im Flur und spitzte die Ohren. Einige Räume weiter tobten sich die Furien bei ihrem Begrüßungsritual aus.
    Tobbs stürzte zur Treppennische und zerrte seinen Wintermantel und eine Pelzkappe hervor, die sein blaues Haar verbergen würde. Er hechtete in die Wintersachen, packte den bereits vorbereiteten neuen Krug mit Brennbeerensaft und die Zange und schlitterte zurück zu Anguana.
    Wenn man den Trick raushatte, war es nicht besonders schwer, die Nägel, die er zuvor bereits gelockert hatte, aus dem Holz zu ziehen. Anguana blieb an seiner Seite und half ihm mit einer Hand den Riegel aufzustemmen.
    Eine Explosion erschütterte das Wirtshaus; roter Rauch waberte um die Ecken, als die Furien ihren Schlachtgesang anstimmten. Das erschrockene Wiehern und Tänzeln des Ponys ging im Lärm unter. Das Trappeln der Hufe auf dem Dielenboden war nicht zu hören, doch die Erschütterungen konnte Tobbs durch seine Stiefel hindurch spüren.
    »Schnell!«, drängte Anguana. »Wanja wird gleich hier sein! Denk daran, was ich dir gesagt habe: keine Angst zeigen, keine hektischen Bewegungen. Du bist der Boss, das muss das Pony spüren.«
    Tobbs nickte wenig überzeugt. Er stolperte beinahe über seinen langen Mantel, doch er packte den Zügel, den Anguana ihm hinhielt, und zog das Pony

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