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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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schluckte – »… wer weiß, ob du wiederkommst.«
    »Natürlich komme ich wieder. Ich habe bereits Kämpfe in zwei Ländern überlebt, schon vergessen? Warte hier, ich bin gleich wieder da!«
    Entschlossen griff er nach den Sprossen der Leiter und kletterte in die Kammer unter dem Dach.
    Auf Wanjas schmalem Holzbett unter der Dachschräge lag ein Pelzmantel aus Zobelfell. Neki hatte es sich darauf bequem gemacht und schnurrte. Neben einem Koffer aus Echsenleder türmten sich Decken, ein Proviantpaket, Ersatzhufeisen mit Spikes und ein Haufen Holzleisten. Und Wanja stand vor ihrem Bett und schnitt sich mit einer Schere Locke um Locke ihres langen braunen Haars auf Schulterhöhe ab.
    »Komm ruhig rein, Tobbi«, sagte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. Tobbs schnaubte. Es war einfach unmöglich, sich unbemerkt an Wanja heranzuschleichen.
    »Warum … schneidest du deine schönen Haare ab?«
    »Wächst wieder nach«, meinte Wanja trocken. »Ich reite zu meiner Tante.«
    »Ich weiß.«
    Die Schere erstarrte in der Luft, dann wandte sich Wanja zu Tobbs um. »Aha. Ich hatte mich schon gefragt, wann du zu mir kommen würdest. Die Antwort ist Nein. Ich nehme dich nicht mit.«
    Tobbs ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er Wanja angeschrien, aber er kannte die Schmiedin viel zu gut. Bei ihr kam man nur weiter, wenn man noch ruhiger und vernünftiger war als sie. »Ihr verheimlicht mir etwas, ihr wisst viel mehr über mich, als ihr zugeben wollt. Ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren: Was hat der Verfolger mit dem roten Pfeil mit mir zu tun?«
    Wanja ließ die Schere sinken und warf sie aufs Bett. Mit den halb abgeschnittenen Haaren sah sie wild und fremd aus wie eine Amazone. Lange betrachtete sie Tobbs, dann kam sie auf einmal auf ihn zu – und umarmte ihn. Tobbs war viel zu verblüfft, um zu reagieren. Einige Sekunden lang bekam er keine Luft, dann spürte er Wanjas Hand, die ihm über den Kopf strich, und sah in ihre warmen braunen Augen. Das war wieder seine Wanja – die einzige Familie, die er hatte.
    »Ach, Tobbi!«, sagte sie sanft. »Ich würde dich so gerne mitnehmen. Ich kann mir keinen mutigeren Begleiter vorstellen, aber glaube mir, es geht wirklich nicht! Morgen bin ich wieder da und dann erzähle ich dir alles, was ich herausgefunden habe, haarklein in allen Einzelheiten. Versprochen.« Sie hob bedauernd die Schultern. »Versteh mich doch, Tobbs, ich kann auf keinen Fall auf noch jemanden aufpassen. Nein, die Gefahr, dass dich jemand in aller Ruhe vom Pferd schießt, während ich dich nicht schützen kann, ist einfach zu groß.« Nun erschien doch ein Grinsen auf ihrem Gesicht. »Außerdem kannst du mein Pferd doch ohnehin nicht leiden, stimmt’s?«
    Tobbs antwortete nicht. Wanja hatte ihren Entschluss gefasst. Gut. Er konnte aufbegehren und zu Dopoulos gehen. Aber das wäre unklug. Fieberhaft dachte er nach:
    – Er musste mitkommen.
    – Er konnte nicht reiten.
    – Er hatte kein Pferd.
    Kein Pferd?
    Die Idee zündete in seinem Kopf und löste ein Feuerwerk an neuen Überlegungen aus: Anguana konnte sogar auf Gämsen reiten. Und das Pony des Boten stand seit heute Nacht im Stall und schlug sich seinen runden Wanst in aller Ruhe mit Hafer voll!
    »Na, Neki?«, fragte Wanja mit zuckersüßer Stimme. »Dich könnte ich eher brauchen. Kommst du mit?«
    Die Katze legte die Ohren an und fauchte.
    Wanja lachte. »Feigling!«
    Und während Neki beleidigt davonstampfte, gab sie noch alle möglichen anderen Maunzer, Faucher und Knurrgeräusche von sich. Wenn jemals eine Katze geschimpft hatte, dann diese.

STALLGEFLÜSTER
    »Du willst was ?«, rief Anguana. Beim Klang ihrer Stimme hob Wanjas Pferd in der Box den Kopf und schielte in den Gang. Tobbs fand, dass Rubin heute gemeiner denn je aussah. Als hätte es seine Gedanken gelesen, fletschte das blutrote Pferd die Zähne zu einem fiesen Grinsen. Das Pony des Boten war in einer verwaisten Box hinter einem Wall von Strohballen und Geräten untergebracht, aber sein zufriedenes Schnauben und Kauen waren nicht zu überhören.
    »Ich bin ganz und gar nicht verrückt«, antwortete er. »Nur logisch. Überleg doch mal selbst: Heute Mittag kommen die Furien zum Stammtisch. In den ersten zwanzig Minuten herrscht heilloser Begrüßungslärm. Da fällt ein bisschen Hufgeklapper auf den Dielen nicht auf. Und wenn du mir hilfst, wird Dopoulos bis zum Spätnachmittag nicht merken, dass nicht ich es bin, der die Gäste im Nebenraum bedient.«
    Anguana

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