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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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gleich gedacht«, triumphierte Anguana. »Sie reden über dich.«
    Hatte Tobbs bisher noch Bedenken gehabt, ob er wirklich so hinterhältig sein und lauschen sollte, siegte nun seine Neugier. Vorsichtig kletterte er auf den Brunnenrand und legte ebenfalls ein Ohr an das Rohr. Anguanas warmer Atem streifte seine Wange.
    »Hörst du?«, wisperte sie.
    Erst war da nur Rauschen und Knacken, doch nach einer Weile vernahm er tatsächlich Wanjas Stimme.
    »… wenn meine Tante entdeckt wurde? Dann ist sein Leben in Gefahr.«
    Tobbs hielt die Luft an.
    »Nein, Wanja«, echote Dopoulos’ tiefe Stimme im Rohr. »Selbst wenn sie nun wissen, wo sie den Schatz suchen müssen, heißt es noch lange nicht, dass sie wissen, was wir damit vorhatten. Am besten, wir bringen Tobbs für eine Weile aus der Taverne. Vielleicht nimmt Melpomene ihn mit.«
    »Das wird nicht nötig sein, Dopoulos. Es ist zu früh, um in Panik zu geraten. Ich werde erst zu meiner Tante reiten und dort nach dem Rechten sehen. Wenn alles in Ordnung ist, bin ich bis morgen Nachmittag wieder zurück.«
    »Und wenn die Verfolger dich finden?«
    Wanjas Lachen brachte das Wasser in rauschende Bewegung. »Sie können vielleicht einen einfachen Boten jagen, Dopoulos. Aber mit mir legt sich so schnell keiner an. Außerdem müssten sie dafür erst einmal wissen, wessen Spur sie überhaupt aufnehmen sollen. Und Iwan existiert in der Taverne ja schließlich nicht, schon vergessen?«
    Dopoulos schien zu überlegen. »Aber wenn du weg bist, sind wir hier ohne Schutz, was die Türen betrifft«, meinte er.
    »Wir werden Kali bitten, für die Dauer meiner Reise die Türen zu bewachen.«
    »Also gut«, meinte Dopoulos schließlich. »Bitten wir Kali, bis morgen bei uns Wache zu halten. Aber ich lasse dich trotzdem ungern gehen.«
    »Keine Sorge, Costas. Pass mir nur gut auf Tobbs auf.«
    Dopoulos stöhnte auf. »Leichter gesagt als getan. Er ist schlimmer als ein Knäuel junger Katzen. Nichts ist sicher vor ihm. Ich habe sogar den Verdacht, dass er nachts in den Fluren herumschleicht.«
    Wanja lachte. »Was hast du erwartet, Dopoulos? Tobbi ist ein mutiger Kerl – und er hat einen Kopf zum Denken auf den Schultern. Glaubst du, du kannst ihn ewig mit Schankjungendiensten ablenken? Eines Tages wird er sich nicht mehr mit Ausreden von Ländern, in die keine Türen führen, abspeisen lassen. Du wusstest, dass es nicht ewig so weitergehen kann.«
    Tobbs merkte, dass er den Atem schon viel zu lange anhielt. Ihm war schwindelig und sein Rücken schmerzte vom gekrümmten Stehen. Als er Stühlerücken hörte, nahm er das Ohr vom kalten Metall und sprang auf den Kellerboden.
    »Hast du das gehört?«, zischte er Anguana zu. »Das, was sie mir bisher über meine Eltern erzählt hatten, waren also nur Ausreden! Ich wusste, sie verheimlichen mir immer noch etwas.« Seine Gedanken überschlugen sich – was, wenn dieser seltsame »Schatz« etwas mit ihm und seiner verschollenen Familie zu tun hatte? Jetzt hielt ihn nichts mehr. Er sprang vom Brunnenrand und rannte zur Treppe.
    »Tobbs, warte!« Anguana holte ihn am Ende der Treppe ein. »Wo willst du hin?«
    »Zu Wanja natürlich. Sie muss mich mitnehmen.«
    »Oh, natürlich. Da ist es sicher die beste Idee, mit der Tür ins Zimmer zu poltern.«
    »Das hatte ich nicht vor.«
    »Doch, das hattest du vor. Ich sehe es dir doch an.«
    »Und wenn schon.«
    »Was willst du mit Wanja in Rusanien? Du kannst doch nicht einmal reiten!«
    Tobbs blieb stehen. Daran hatte er noch gar nicht gedacht!
    »Oh, ist der Streit schon zu Ende?«, erklang Melpomenes kehlige Stimme. Lässig lehnte die Muse an der Tür des Wirtsraumes, was den hübschen Schwung ihrer Hüfte gut zur Geltung brachte.
    »Wir streiten nicht!«, zischte Anguana sie an. »Wir haben nur etwas zu besprechen – und zwar ohne Zuhörer.« Melpomene nickte gewichtig. »Wie schicksalhaft!«, spottete sie. »Und ich dachte, ihr sucht die muskelbepackte Holzfällerin, die eben wieder zurück in die Schmiede gestampft ist.« Ihr Lächeln wurde noch breiter. »Wenn mich nicht alles täuscht, sah sie sehr unglücklich aus.«
    Als Tobbs und Anguana wenig später die Schmiede betraten, sahen sie sofort, dass die Hälfte der Hämmer und Zangen fehlte. Im Werkraum roch es nach verloschenem Eisen, kalter Asche und Leder und aus der Schlafkammer unter dem Dach ertönte Geklapper.
    »Bist du sicher, dass du mit nach Rusanien willst?«, flüsterte Anguana. »Es ist gefährlich und …« – sie

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