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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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heißt tatsächlich Iwan?«
    Sie nickte.
    »Aber warum …«
    »Weil meine Eltern einen Sohn wollten. Ich bin die älteste von fünf Töchtern. Mein Vater war Schmied und hatte vier Brüder, verstehst du?«
    »Nein.«
    »Na, ein Mädchen kann keine Schmiede erben, jedenfalls nicht da, wo ich herkomme. Die Schmiede wäre nach dem Tod meines Vaters an einen meiner Onkel oder deren Söhne gefallen. Und niemand wusste, ob meine Mutter noch einen Sohn bekommen würde. Also haben sie mich kurzerhand Iwan genannt. Meine Freunde nennen mich Wanja – hier in Rusanien ist das ein Jungenname. Das ist alles.«
    »Du bist als Junge aufgewachsen? Aber du bist doch eine Frau!«
    »Für meine Familie ja, für die Dorfbewohner aber war ich immer der Sohn des Schmieds. Als ich jünger war, sah ich eben eher aus wie ein Junge.« Sie seufzte. »Na ja, ich habe tatsächlich nur jüngere Schwestern und mein Vater … Ich glaube, er wünschte sich so sehr einen Sohn, dass er am liebsten vergessen hätte, dass ich keiner bin.« Bei diesen Worten klang ihre Stimme ein wenig traurig und Tobbs wurde bewusst, dass er Wanja in all den Jahren in der Taverne nie richtig gekannt hatte. Er brauchte eine Weile, um diese Neuigkeit zu verdauen. Welche Geheimnisse mochte erst Dopoulos haben?
    »Deshalb hast du also dein Haar abgeschnitten«, meinte er schließlich. Wanja schüttelte den Kopf.
    »Ach was. Das war bloß, damit der Totenkopf mich wiedererkennt und ins Haus lässt. Er kennt mich nur als Iwan. Und das Gedächtnis der Knochenmänner ist nicht mehr wert als eine verwitterte Grabinschrift. Ich trage sogar den Mantel, in dem er mich zuletzt gesehen hat. Sicher ist sicher.«
    Wanja hatte an alles gedacht. Und sie wusste ihre Geheimnisse gut zu verbergen. Viel zu gut. Tobbs nahm seinen Mut zusammen und stellte die Frage, die ihm schon seit der Begrüßung im Wirtshaus so schwer im Magen lag.
    »Die Frau vorhin … hat gesagt, ich hätte dieselben Augen wie deine Schwester. Komme ich … aus Rusanien?«
    Wanja wandte sich im Sattel zu ihm um. Lachfältchen ließen sie wieder wie seine Wanja aussehen.
    »Nein Tobbs. Das war nur eine Täuschung. Die Leute im Dorf wissen nicht, dass Baba Jaga zu meiner Familie gehört. Und sie wissen auch nicht, dass ich von ihr ein paar Tricks gelernt habe, die das Leben einfacher machen. Ich habe mit einer Prise Magie dafür gesorgt, dass du in ihren Augen meiner Schwester ähnlich siehst.«
    Tobbs atmete erleichtert auf. Die Vorstellung, aus Rusanien zu stammen, hätte ihm gar nicht gefallen. Seine Stimme zitterte, als er sich noch weiter vorwagte.
    »Dann beantworte mir bitte nur noch eine Frage. Ich will wissen, wer …«
    »Nein«, unterbrach ihn Wanja grob. »Du denkst an nichts anderes als daran, wer deine Eltern sein könnten. Ich werde dir nichts weiter sagen. Glaub mir, ich weiß, was ich tue.«
    Nun, immerhin war das eine klare Antwort. Und im Grunde hatte er von Wanja auch keine andere erwartet.
    »Und wozu brauchst du die Katze?«, fügte er noch leiser hinzu.
    »Nun, die Totenköpfe an der Pforte sind nicht die einzigen Bediensteten meiner Tante, die nicht mit Veränderungen umgehen können«, sagte Wanja geheimnisvoll und gab Rubin die Sporen.
    Das Häuschen hatte es sich inzwischen bequem gemacht und stand auf den Befehl des Totenkopfs, der Prinz Fjodor hieß, nur widerwillig auf. Etwas schief blieb es stehen, das Dach nachdenklich nach links geneigt. »Iwan! Iwan! Iwan!«, kreischte die knöcherne Türglocke. Doch Baba Jaga war immer noch nicht im Haus.
    »Also gut«, murmelte Wanja. »Dann gehen wir jetzt einfach ohne Erlaubnis und Einladung rein. Halte dich dicht hinter mir!«
    Tobbs gehorchte. Seine Knie waren weich vom langen Ritt und der verkrustete Schnee an seiner Hose knirschte bei jedem Schritt. Wanja näherte sich der Tür und stieß sie vorsichtig mit einem Finger auf. Sie war offen!
    »Stopp!«, befahl Wanja. »Nicht über die Türschwelle treten.«
    Sie beugte sich nach vorne und spähte in den finsteren Raum. Ein Griff unter ihre Jacke und schon kegelte die völlig überraschte Wirtshauskatze fauchend in die Dunkelheit. Es blitzte und funkte, ein trockenes »Fump« erklang und in der Hütte ging ein Feuerwerk los. Tobbs hörte einen empörten Katzenschrei, dann schoss ein stinkendes angesengtes Fellbündel an ihnen vorbei in den Schnee und verschwand blitzschnell zwischen den Bäumen. Wanja machte einen großen Schritt und zog Tobbs mit sich in das Innere der Hütte.
    Das Licht

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