Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
sie aus dem Gewächshaus stammten. Neben den Blumen ruhte sanft geschwungen Teresas Arm, und wie sie sich so über die Seiten beugte, fielen ihre dunklen Locken lose vornüber.
»Teresa!«, rief Martha. »Alexander ist gekommen. Schau mal – er kommt uns besuchen.«
Sie wandte sich nicht sofort um, und ihr Lächeln war weit weniger entgegenkommend als Marthas. Es war schalkhaft und spöttisch. Aber wie hübsch sie war!
»Wirklich – schon hier?«, gab Teresa zur Antwort. »Es gehört sich aber nicht, Alexander, eine Dame vor elf Uhr zu besuchen. Wenn du ein Mann von Welt werden willst, musst du solche Dinge wissen.«
Ihr provokanter Ton elektrisierte ihn. »Ich ertrage es eben nicht, nur eine kurze Kutschfahrt von den leuchtendsten Augen Englands entfernt und dennoch von ihnen getrennt zu sein«, sagte er und erwiderte ihren Blick mit einem neckischen Lächeln.
Teresa hob eine Augenbraue. »Alexander ist ja wirklich bezaubernd heute Morgen, Patty«, antwortete sie, von ihm fortblickend und ihre Schwester mit dem vertrauten Kosenamen ansprechend.
»Es ist meine Pflicht, jene zu bezaubern, die die Welt verzaubern«, erwiderte Alexander. Er machte eine Verbeugung, aber kaum hatte er das getan, verfluchte er sich. Er redete wie ein Narr! Die Wahrheit war, dass Teresa ihn einschüchterte.
Martha beobachtete angespannt den Verlauf des Wortwechsels. Sie ahnte, dass es Teresa nervös machte, ihren alten Bewunderer wiederzusehen; und sie überdrehte ja immer bis zur Unkenntlichkeit, wenn sie sich unsicher fühlte. Martha errötete für sie und auch über Alexanders ängstlich beflissenen Gesichtsausdruck. Wie wenig kannte er ihre Schwester!
Aber Teresas und Alexanders Geplänkel ging weiter.
»Um es ebenso galant auszudrücken wie du«, sagte Teresa, »ich nehme an, du versuchst deinen Londoner Freund Charles Jervas zu imitieren, mit dem du dich so gerne brüstest. Du ahmst ja immer das Verhalten der Leute nach, die dich umgeben.«
Alexander war nicht so dumm, sich dadurch aus der Fassung bringen zu lassen.
»Dann hoffe ich nur, nicht zu versäumen, auch deines nachzuahmen«, versetzte er. »Dein Witz ist so funkelnd, dass er mir kostbar ist wie Gold.«
Teresa blickte fort. »Ich fürchte, er wird sich bald ebenso rar machen«, sagte sie. »Meine Schwester und ich fahren morgen nach London.«
Er wusste, sein Gesicht verriet die furchtbare Enttäuschung, die er wie einen Messerstich verspürte. Dies hatte er nicht erwartet!
Eilig mischte sich Martha in die Unterhaltung: »Wir wollten es dir heute Morgen erzählen, Alexander«, sagte sie. »Wir reisen mit unserer Mutter für die Saison in die Stadt und nehmen Quartier in der King Street.«
»Euer Großvater hat keine Angst, dass ihr dort in Gefahr geraten könntet?«, wandte Alexander sich ihr mit einem hilfesuchenden Blick zu.
»Natürlich nicht«, warf Teresa ein. »Was, meinst du denn, sollte passieren? Pest und Feuer! Niemand hat mehr Angst vor London, Alexander.« Obwohl es genau die impulsive Naivität war, die Teresa immer an den Tag legte, lächelte Alexander nicht.
»Alexander redet von dem jüngsten Mord in Shoreditch«, unterbrach Martha ihre Schwester. »Wir haben auch schon daran gedacht, unsere Reise zu verschieben, aber Shoreditch ist weit entfernt von St. James. Obwohl das natürlich schlimm war, so kann es mit unseren Kreisen doch wohl nichts zu tun haben.«
Teresa warf den Kopf zurück, als die Unterhaltung eine so ernste Wendung nahm, begann ihre Briefe zusammenzusammeln und schlug vor, ein wenig nach draußen zu gehen.
Der Tag war kalt, aber sie waren gut verpackt in Pelzkragen und Muff und vor dem Wind geschützt durch die hohen Eibenhecken, die die Ränder der Rasenflächen umsäumten. Alexander und Teresa gingen voraus. Sie waren kaum ein paar Minuten draußen, da lächelte Alexander und sagte: »Wenn ich ein hübscher Bursche wäre, Teresa, ich glaube, dann könnte ich dir mächtig guttun.«
Teresa lachte, und Martha wusste, dass sie wieder guter Laune war.
»Wenn du ein hübscher Bursche wärst«, erwiderte Teresa mit spöttischem Lächeln, »dann würde ich dich verschlingen, wie ich es mit meinen anderen Bewunderern mache. Du verdankst diese Verschonung genau der Absonderlichkeit deiner Person, die du so beklagst. Aber so wie es nun einmal ist, bist du vor mir sicher, und ich muss mich anderswo nach jemandem umsehen, an dem ich mich laben kann.«
Martha fragte sich, ob Alexander wohl seine Antwort so ernst meinte, wie sie sich
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