Die vergessene Generation: Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen
und friert. Wie mag es sich auf seine Seele ausgewirkt haben, dass nach dem Krieg seine Erfahrungen nicht zählten, weil es nach Meinung der Erwachsenen Wichtigeres und Schlimmeres gab?
Was geschieht, wenn dieses Kind erkennt, dass sein Vater ein »Täter« war, dass sein Volk entsetzliche Dinge getan hat – dieses Kind, das kein Mitgefühl mit sich selbst kennt?
Eine Möglichkeit wäre, alles zu leugnen; die andere, den Vater, die Eltern, zu verurteilen und zu attackieren, aber das Eigene weiter auszublenden. Zum umfassenden Mitgefühl für sich und andere wird dieser Mensch nur unter Mühen gelangen können.
Nach meinem Verständnis haben wir Deutschen sehr viel Zeit gebraucht, um dem Grauen begegnen zu können, dem Grauen in all seinen Facetten, nicht zuletzt wegen Mangels an heilsamer Resilienz.
Eine Facette ist das Schicksal der Kriegskinder, also der Generation der heute 58- bis 73-Jährigen. Man mag es beklagen, doch es hatte wohl seinen Sinn, dass das genaue Wahrnehmen und Hinschauen Zeit brauchte. Jetzt scheint die Zeit reif zu sein. Dieses Buch ist dazu ein wichtiger Beitrag. Ich wünsche mir, dass es die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte bei den Betroffenen anregt und Mut macht, doch noch einmal genauer hinzuschauen.
Tiefes Mitgefühl mit anderen setzt Mitgefühl mit sich selbst voraus, doch daran haben wir lange nicht gedacht. Sabine Bodes Buch wird helfen, diesen Prozess anzustoßen.
Informationen zur Autorin
Sabine Bode, geboren 1947, war Redakteurin beim Kölner Stadt-Anzeiger. Seit 1977 lebt sie als freie Journalistin und Autorin in Köln und arbeitet überwiegend für die Kulturredaktion des Hörfunks von WDR und NDR. Weitere Bücher: »Die deutsche Krankheit - German Angst«, »Nachkriegskinder. Die 1950er Jahrgänge und ihre Soldatenväter« und »Kriegsenkel. Die Erben der vergessenen Generation«.
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