Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande
auf die Jagd zu gehen, und ich glaube nicht, dass der viel für verschneite Pfade übrig hat!«
Entreri war zu abgelenkt, um sich an dieser letzten Bemerkung zu stören, denn Calihyes Schmerz, als Athrogate Parissus erwähnt hatte, war zu offensichtlich gewesen. Die Wunde war immer noch offen, das wusste er. Calihye und Parissus hatten jahrelang Seite an Seite gekämpft, und nun war Parissus tot, umgekommen auf der Straße nach Palishchuk, nachdem sie von dem Wagen gefallen war, den Entreri auf ihrer wilden Flucht vor einer Horde geflügelter Schlangenungeheuer gefahren hatte.
»Ich habe wenig Interesse daran, nach draußen zu gehen und Goblins zu jagen, guter Zwerg«, sagte Calihye mit fester Stimme – was sie allerdings, wie Entreri bemerkte, eine gewisse Willensanstrengung kostete.
Der Zwerg schnaubte. »Mach, was du willst oder nicht willst«, erwiderte er. »Mir ist das egal, denn ich werde meinen Titel im Frühjahr zurückerobern, von dir oder allen anderen, die glauben, mich schlagen zu können. Daran solltest du nicht zweifeln!«
»Ich zweifle nicht daran, und es kümmert mich nicht«, sagte Calihye, was ihm ein wenig den Wind aus den Segeln nahm.
Tatsächlich schien ihm danach nichts mehr einzufallen. Er nickte nur, gab ein unartikuliertes Geräusch von sich und hob noch einmal den Sack mit den Ohren vor Calihyes Nase. Dann nickte er erneut, drehte sich um und ging zur Tür hinaus.
Entreri bemerkte das nicht einmal, denn er konzentrierte sich vollkommen auf Calihye, die äußerlich gelassen blieb, obwohl das Gewicht ihrer Trauer um Parissus zweifellos schwer auf ihren zarten Schultern lastete.
2
Der Weg nach Blutstein
Die Gefährten hätten nicht unterschiedlicher aussehen können. Jarlaxle ritt eine hochgewachsene, schlanke Stute, mindestens siebzehn Handbreit hoch. Er war aufwendig angezogen – seidene Kleidung, ein langer, weiter Umhang und ein ausladender, breitkrempiger lila Hut, geschmückt mit der riesigen Feder eines Diatryma-Vogels. Der Staub der Straße schien ihm nichts auszumachen, und nichts davon blieb an seiner Kleidung hängen. Er war schlank und anmutig, saß vollkommen aufrecht und wirkte wie ein Adliger von großer Bedeutung und Herkunft. Man hätte ihn leicht für einen Fürsten der Drow halten können, einen dunklen Botschafter, geübt in den Künsten der Diplomatie.
Der Zwerg neben ihm saß auf einem Esel, und niemand wäre je auf die Idee gekommen, ihn für einen Mann aus hohem Hause zu halten. Er war untersetzt und grobschlächtig, und man hätte sich ernsthaft fragen können, ob Athrogate vielleicht der Grund für den Schmutz auf der Straße war, nicht umgekehrt. Zum offensichtlichen Verdruss des armen Esels trug er eine Rüstung, teils aus Leder, teils aus Metall, und mit einer Unzahl von Riemen und Schnallen bestückt. Auf den Sattel hatte er verzichtet und klemmte seine Beine einfach fest um das unglückliche Tier, das steifbeinig einherstakste und den Zwerg wild durchschüttelte. Seine Waffen, zwei graue Morgensterne aus Glasstahl, ragten als Ausläufer eines X von seinem Rücken auf, und ihre Stachelköpfe hüpften bei jedem ruckartigen Schritt des Esels.
Und Athrogates beträchtliche Haarmasse bildete selbstverständlich einen scharfen Kontrast zu dem ordentlich rasierten Drow, dessen Kopf unter dem Rand seines großen Hutes schwarz und glatt glänzte – tatsächlich zeigte sich bei den Gelegenheiten, wenn Jarlaxle den Hut zog, dass sein Kopf vollkommen haarlos war, wenn man von zwei schmalen, schrägen Brauen einmal absah. Athrogate trug seine Mähne so stolz wie ein Löwe. Schwarzes Haar, eine Unmenge davon, stand wild in alle Richtungen von seinem Kopf ab und mischte sich mit den Strähnen, die aus seinen Ohren wuchsen. Den dichten Bart trug er erneut geflochten, nachdem er ihn in der Mitte geteilt hatte, und diese Zöpfe waren mit Bändern mit blauen Edelsteinen versehen.
»Wir sind wirklich große Helden«, sagte er nun zu seinem Reisegefährten.
Vor ihnen auf dem Weg ritten Artemis Entreri und Calihye, und vor diesen beiden waren ein paar Soldaten zu sehen. Hinter dem Drow und dem Zwerg folgten weitere Soldaten, die vor dem schweren Wagen mit der Leiche von Kommandantin Ellery ritten, der jungen und einstmals vielversprechenden Ritterin, Nichte von König Gareth Drachenbann und Offizier in der Armee von Blutstein. Das Volk des Blutsteinlandes trauerte um Ellery. Die Heldin war in der seltsamen Burg getötet worden, die aus dem Sumpfland von Vaasa
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