Die verschollene Flotte: Ein halber Sieg: Roman (German Edition)
rammen.«
Siebzehn
»Was?« Desjani starrte ihn ungläubig an.
»Sie werden uns rammen«, wiederholte Geary, der von dieser Einschätzung völlig überzeugt war. »Wenn sie vierzehn von ihren Kriegsschiffen den Befehl geben, je einen unserer Schlachtkreuzer zu rammen, dann schalten sie den Kern unserer Flotte aus und nehmen uns gleich beim ersten Aufeinandertreffen einen Großteil unserer Feuerkraft. Die restlichen Enigma-Schiffe hätten dann nicht mehr viel Arbeit mit unseren überlebenden Leichten Kreuzern und Zerstörern, und gleich danach erledigen sie die Syndiks, ehe sie auf dem Weg aus dem System auch noch das Hypernet-Portal zusammenbrechen lassen. Ich gehe jede Wette ein, dass sie genau das beabsichtigen.«
Sie ließ ihren Blick hastig über das Display wandern, dann knurrte sie förmlich: »Ja, Sie haben recht. Aus deren Sicht wäre das tatsächlich denkbar. Wir haben gesehen, wie sie diesen Asteroid gerammt haben. Und wir wissen, sie sind bereit, aus allen möglichen Gründen die eigenen Leute zu opfern. Wenn wir schnurstracks auf sie zufliegen, stehen die Chancen für sie gut, unsere Schiffe zu streifen, und bei diesen Geschwindigkeiten genügt das ja bereits. Aber woher wissen wir, dass sie das wirklich vorhaben? Wenn wir einfach ausweichen, versäumen wir jede Gelegenheit, auf sie zu feuern.«
»Wir warten ab, ob sie langsamer werden«, erklärte Geary. »Wenn sie nicht abbremsen, was sie genau wie wir machen müssen, wenn sie im Vorbeiflug irgendetwas treffen wollen, dann wissen wir, dass sie es auf eine andere Art von Treffer abgesehen haben.«
»Bei diesen Geschwindigkeiten ist es selbst mit einer Waffe von der Größe eines Raumschiffs schwierig, ins Schwarze zu treffen«, murmelte Desjani, die ein paar Simulationen durchspielte. »Hmm, wenn sie zwei Schiffe auf jeden von unseren Schlachtkreuzern ansetzen, stehen ihre Chancen gleich viel besser. Oh, verdammt. Deshalb hatten sie auch diese Position eingenommen, damit wir geradewegs auf sie zufliegen. Das erhöht ihre Chancen, mit einer Kollisionstaktik unsere Schiffe auszuschalten.«
Eine Stunde konnte eine lange Zeit sein. Wenn eine massive feindliche Streitmacht geradewegs auf einen zuhielt und möglicherweise die Absicht hegte, die größten Schiffe in der eigenen Formation auf die zuverlässigste und zugleich abscheulichste Weise außer Gefecht zu setzen, dann kam einem eine Stunde verdammt kurz vor, da einem kaum Zeit blieb, sich eine wirkungsvolle Gegenmaßnahme zu überlegen. Nachdem Geary einige frustrierend lange Minuten damit zugebracht hatte, über eine Lösung nachzudenken, und noch immer keinen Ton gesagt hatte, wandte sich Desjani zu ihm um.
»Und? Werden Sie mir Ihren genialen Plan zur Lösung unseres Problems verraten?«
»Ja, sobald mir einer eingefallen ist«, grummelte Geary.
Was sie dann sagte, verblüffte ihn.
»Wissen Sie, Admiral, wir müssen sie bei diesem Vorbeiflug nicht so hart treffen. Wir müssen sie sogar überhaupt nicht treffen.«
Geary drehte den Kopf zu ihr um. »Fühlen Sie sich nicht wohl, Tanya?«
»Mir geht’s gut. Vielleicht bin ich zu lange irgendwelchen taktischen Überlegungen ausgesetzt gewesen, aber ansonsten ist alles bestens.« Sie zeigte auf ihr Display. »Als wir in dieses System kamen, da nahmen wir an, wir müssten die Enigmas so heftig und so schnell wie möglich treffen, weil wir dachten, sie sind hier, um das ganze System zu verwüsten. Aber das machen die Enigmas nicht, weil alles intakt bleiben soll. Damit zwingen sie uns, hierzubleiben und gegen sie zu kämpfen. Mir ist klar geworden, dass wir noch immer annehmen, wir müssten sie so heftig und so schnell wie möglich treffen, obwohl wir eine ganz andere Situation als die erwartete angetroffen haben. Sie kommen zu uns, und wir sind weit von allem entfernt, was die Enigmas unter Beschuss nehmen könnten. Bei der Geschwindigkeit, mit der wir jetzt unterwegs sind, wird der große Rest unserer Flotte eintreffen, kurz bevor die Enigmas unsere Formation durchflogen haben. Die Ankunft werden sie aber erst anschließend sehen können, sodass sie sich auf einmal zwischen zwei Formationen wiederfinden. Dann können wir uns richtig auf sie stürzen.«
Geary hätte sich ohrfeigen können. »Das stimmt. Ich hatte immer noch im Hinterkopf, dass wir uns beeilen müssen, aber jetzt sind wir im Vorteil. Wir müssen diesmal keinen hochriskanten Vorbeiflug und Beschuss riskieren. Captain Desjani, habe ich Ihnen schon mal gesagt, wie wertvoll Sie
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