Die Verschwörung des Bösen
bereits bekannt und hatten keine Lust, wieder ins Gefängnis zu kommen. Und der Wesir verstand keinen Spaß, wenn es um die Sicherheit von Menschen oder Gütern ging. Schwerste Verbrechen und Vergewaltigung wurden mit dem Tod bestraft, Diebstahl galt als schweres Vergehen. Ein Dieb war jemand, der Gier bewies, das Hauptmerkmal von isefet, der zerstörerischen Gegenmacht von Maat.
Um diesen seltenen Vogel zu finden, musste Gergu die Zeit nutzen, in der Chnum-Hotep die Ordnungskräfte umbildete und neue Offiziere ernannte. Aber Medes’ willenloses Werkzeug war alles andere als zuversichtlich.
In den Gaststuben wurde viel geredet, viel zu viel. Dort konnte man zwar Handlanger finden, wie er sie auch sonst verdingte, und später zum Schweigen bringen, das schon; sie wurden schnell vergessen, und keiner trauerte ihnen lange nach. Aber den Mörder eines Pharaos… Der müsste wohl doch etwas zu bieten haben! Und auch in den Bierhäusern hatte Gergu keinen möglicherweise geeigneten Mörder entdecken können.
Stück für Stück durchkämmte er daraufhin die einfachen Viertel von Memphis, in denen echte Lebensfreude herrschte. Keine Familie musste in Armut leben, und Sesostris wurde dort immer beliebter. Ihm war es zu verdanken, dass niemand Hunger leiden musste, man war froh über seine Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit, lebte in Frieden und hatte keine Angst mehr vor dem nächsten Tag.
Wenn der Pharao ein guter Pharao war, war alles in Ordnung. Solange er in diesen Stadtvierteln den Gesprächen der Leute zuhörte, vernahm Gergu nur Lobreden auf den König. Verärgert gab er hier seine Suche auf.
Jetzt blieben nur noch die Hafenanlagen.
Hier gab es zwei Vorteile: einmal die körperliche Stärke der Hafenarbeiter, ohne die man den Pharao nicht töten konnte; und dann die Weltgewandtheit dieser Männer. War es nicht überhaupt besser, wenn der Mörder ein Ausländer wäre?
Also sah sich Gergu unter der Hafenbelegschaft um, besonders bei den Verwaltern der Getreideverladung. Als oberster Aufseher der Getreidespeicher hatte er natürlich Zugang zu sämtlichen Unterlagen.
Nachdem er einige Tage gesucht hatte, stieß er auf etwas Merkwürdiges. Eine Mannschaft bestand laut Unterlagen aus zehn Hafenarbeitern, dazu gehörten ein Syrer und ein Libyer. Tatsächlich waren es aber elf Männer. Der elfte von ihnen musste also ohne Genehmigung im Hafen arbeiten. Gut versteckt, beobachtete Gergu das Kommen und Gehen der Hafenarbeiter und fand heraus, dass ein großer Kerl mit einem von Narben übersäten Körper immer wieder einen
Getreidesack abzweigte und im Lagerhaus nebenan versteckte. Dabei wechselte er jedes Mal ein paar Worte mit dem Libyer. In der Nacht tauchte der dann mit zwei Eseln auf, bepackte sie mit den Säcken und verließ den Hafen. Gergu folgte ihm. Der Libyer brachte die Beute in die Nähe seiner Bleibe in einem ruhigen Vorort und versteckte sie in einer Hütte. Als er wieder herauswollte, stellte sich Gergu ihm in den Weg.
»Ganz ruhig, mein Freund, das Haus ist umstellt. Wenn du zu fliehen versuchst, wirst du von den Bogenschützen erschossen.«
»Seid Ihr ein Wachmann?«
»Schlimmer noch, ich gehöre zur Abteilung für den Kampf gegen Schmuggel. Bei uns gibt es weder Gericht noch Urteil, wir bestrafen auf der Stelle. Ich weiß alles über deine Betrügereien. Getreidediebstahl – das bedeutet lebenslänglich Zwangsarbeit. Wir könnten uns aber vielleicht verständigen.«
»Verständigen… Wie meint Ihr das?«, stammelte der Libyer verängstigt.
»Gehen wir hinein.«
Seine Wohnung war überraschend ansehnlich.
»Dein kleines Unternehmen scheint sich ja zu lohnen!«
»Bitte versteht mich doch, ich wollte nur meinen Lohn ein wenig aufbessern. Ich mache es nicht wieder, das schwöre ich Euch!«
»Wer ist dein Gehilfe?«
»Niemand… Ich habe keinen Gehilfen.«
»Noch eine einzige Lüge, und es ist aus mit der Freiheit!«
»Also gut, da ist schon jemand, der mir etwas hilft. Es ist…
es ist mein Bruder.«
»Er arbeitet hier ohne Erlaubnis?«
»Gewissermaßen.«
»Warum ist er nicht auf gesetzlichem Weg nach Ägypten gekommen?«
»Das ist ihm irgendwie nicht gelungen.«
»Die Wahrheit, aber schnell!«
Der Libyer senkte den Kopf. »Er hat einen Wachmann getötet, der ihn beleidigt hatte. Es war meine Pflicht, ihn zu retten. Nachdem er nicht auf der Lohnliste der Hafenarbeiter steht, müssen wir eben so zurechtkommen. Die anderen haben versprochen, nichts zu sagen.«
»Wo wohnt dein
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