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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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war, als fegte diese engelsgleiche Stimme die böse Stimmung hinweg. Sie schlang sich wie eine Girlande um das Haus, flog zum reich verzierten Flachdach empor, webte einen Sommerhauch um die Arkaden im Erdgeschoss, verband sich mit den Blumen auf dem Balkon. Und gleichzeitig wies ein Hidalgo auf Henri. Und der Adelantado kam auf ihn zu und öffnete den Mund, um Henri anzurufen. Diesem kam es so vor, als käme aus seinen Lippen jene engelsgleiche Stimme, und das gab der Situation etwas Heiteres.
    Aber als die Stimme der Sängerin schlagartig abbrach, da hörte Henri den königlichen Beamten mit harter Stimme rufen: »Henri de Roslin? Ihr kommt mit mir!«
    Alle Geräusche auf der Straße verstummten. Ganz Toledo schien den Atem anzuhalten.
    »Ihr meint mich, Señor?«
    »Si, si! Zur Wache!«
    »In wessen Auftrag?«
    »Das braucht Ihr nicht zu wissen.«
    »Was wirft man mir vor?«
    »Das erfahrt Ihr schon noch!«, erwiderte der Beamte im dunklen Rock. Er hatte, aus der Nähe besehen, ein bleiches Gesicht und rot geränderte Augen hinter einer Magisterbrille, eine Folge von zu langem Studieren von Akten bei Kerzenschein. Seine fleischigen Lippen waren vorgewölbt und entblößten eine Reihe tadelloser Zähne. Sein Blick war kalt, das machte Henri noch klarer, wie gefährlich die Situation war.
    Er handelte schnell. Leise flüsterte er Azaria zu: »Lauft in die Juderia. Versteckt Euch, tut nichts, und lasst Euch möglichst lange nicht blicken. Ich nehme wieder Kontakt zu Euch auf, wenn die Gefahr vorbei ist. Jetzt lauft!«
    Gleichzeitig rief Henri dem Adelantado und seinen Leuten zu: »Ihr seid nicht vertrauenswürdig. Ich ziehe es vor, meinen eigenen Weg zu gehen!« Dann rannte er zur anderen Seite davon.
    Henri war sich im Klaren darüber, dass seine Möglichkeiten gering waren. Sie kannten sich in Toledo besser aus als er. Sie konnten es abriegeln. Er wusste zwar nicht, in wessen Auftrag sie ihn verhaften wollten – konnte Ferrand de Tours dahinter stecken? –, aber er musste auf jeden Fall Joshua und Theophil warnen.
    Und er musste Zeit gewinnen. Während er selbst untertauchte, musste Joshua einen Boten nach Cordoba schicken, um Uthman ibn Umar zu alarmieren. Wieder einmal war es notwendig, dass der beherzte sarazenische Kämpfer an ihre Seite trat. Nur so, in ihrem unbezwingbaren Triumvirat, würde es ihnen möglich sein, sich zu behaupten.
    Oder soll ich mich ihnen stellen?, dachte er. Kämpfen und kämpfend untergehen?
    Nein, es ist sinnlos. Es wäre einfach nur ein ehrenloser, sinnloser Tod. Ich werde dann gegen sie kämpfen, wenn ich eine gute Chance besitze. Dann würde ich auch den Tod akzeptieren.
    Henri sprang über Mauern, rannte durch Hinterhöfe, überquerte Gartenstücke. Hinter sich hörte er die Meute der Verfolger. Er konnte sie nicht abschütteln. Am Hospital de Santa Cruz hielt er einen Moment inne und orientierte sich. Über die Brücken konnte er nicht, sicher wurden sie bewacht. Er musste nach Norden zur Hauptstraße. Wieder tauchte er im Gewirr der engen, steil auf und ab führenden Straßen und Häuser unter, die so verschachtelt waren, dass manche Zimmerdecke dem Treppenhaus des Nebengebäudes weichen und tiefer liegen musste. Er hatte die Häuser der Armen von innen gesehen.
    Aber jetzt verschwendete er keinen Gedanken daran. Er rannte. Sprang. Duckte sich durch. Und noch während mehrere Hunde wütend oder spielerisch neben ihm herliefen und auch kläffend an ihm hochsprangen, erreichte Henri de Roslin die Ausfallstraße im Norden.
    Er atmete auf.
    Als er sich umwandte, sah er keine Verfolger mehr. Henri wischte sich den Schweiß von der Stirn und mischte sich unter den unabsehbaren Strom von Reitern, Lasttieren und Karren, die in die Mancha fuhren oder aus ihr kamen.
    Am Abend war er in Sicherheit. Jedenfalls glaubte er das.
     
     
    Joshua ben Shimon wartete drei Tage auf seinen Gefährten. Am ersten Tag war er unruhig geworden, am zweiten wusste er, dass etwas passiert sein musste, am dritten Tag geriet er in helle Panik. Er beriet sich mit Theophil. Der schlug vor, noch einen weiteren Tag abzuwarten.
    Und das taten sie, wenn auch mit Bangen.
    Henri de Roslin kam nicht.
    In der Nacht konnte Joshua nicht schlafen. Was war geschehen? Was konnte er tun? Er hatte nicht den leisesten Anhaltspunkt, wo Henri war. Er beschloss, gleich morgen früh die Juderia zu verlassen und sich in der Stadt umzuhören. Vielleicht hatte jemand etwas gesehen oder gehört.
    Auf dem Hauptplatz der Stadt erfuhr

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