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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ebenso sichtbar wieder zusammen. Jungen wachsen mit einem permanenten Bewusstsein davon auf; Männerhirne sind es gewohnt, Informationen ihrer Genitalien zu verarbeiten. So entwickelt sich eine Art sexuelle Schleife zwischen Körper und Wahrnehmung, die sich gegenseitig beeinflussen. Das Ganze funktioniert schnell und unkompliziert. Die eher verdeckten weiblichen Geschlechtsorgane übermitteln ihre Botschaften weniger klar und sind daher leichter falsch zu verstehen.
    Aber haben die Frauen eher bewusst geleugnet oder sich eher unbewusst gegen die Tatsache gesperrt, dass eine solche Vielzahl von Dingen ihnen – und zwar unmittelbar – Lust bereitet?
    Die Divergenz in den Ergebnissen von Chivers passt zu einer Studie von Terri Fisher. Die Psychologin an der Ohio State University legte 200 weiblichen und männlichen Studenten im Grundstudium einen Fragebogen zum Thema Masturbation und Pornokonsum vor. Die Teilnehmer wurden in Gruppen eingeteilt und beantworteten die Fragen unter verschiedenen Bedingungen: Gruppe 1 sollte den aus gefüllten Bogen einem Kommilitonen aushändigen, der ihnen beim Ausfüllen zusah. Gruppe 2 bekam die explizite Zusicherung, dass alle Angaben anonym behandelt würden. Gruppe 3 wurde an eine Lügendetektor-Attrappe angeschlossen.
    Die Antworten der männlichen Probanden waren unter allen drei Bedingungen ungefähr gleich, während sich bei den Probandinnen die Umstände massiv auswirkten. Viele der Frauen der ersten Gruppe – die sich Sorgen machen mussten, dass der andere Student die Antworten sehen würde – gaben an, niemals zu masturbieren und sich nie nicht-jugendfreie Sachen anzusehen. Die Frauen, denen man absolute Anonymität garantiert hatte, gaben schon deutlich mehr zu, und diejenigen, die an den vermeintli chen Lügendetektor angeschlossen wurden, antworteten fast exakt so wie die Männer.
    Terri Fisher erzählte mir, die Fragen seien eher vage formuliert gewesen und hatten keine konkreten Zahlenangaben verlangt. Grund dafür war die konservative Grundhaltung gewesen, die die Wissenschaftlerin auf dem Campus wahrgenommen hatte. So erbrachte die Umfrage zwar keine genauen Angaben zu Masturbation und Pornokonsum, aber sie zeigte deutlich, dass die meisten Frauen sich unbehaglich fühlen, wenn es darum geht, das Ausmaß ihres sexuellen Verlangens zu bekennen. Als Terri Fisher Frauen unter den gleichen drei Bedingungen fragte, wie viele Sexualpartner sie schon hatten, lagen die Ergebnisse in der ersten Gruppe um 70 Prozent niedriger als bei den Frauen mit dem falschen Lügendetektor. Daraufhin wiederholte die Wissenschaftlerin diesen Teil des Experiments mit 300 neuen Probanden. Dabei räumten die Frauen, die sich an den Lügendetektor angeschlossen glaubten, nicht nur mehr Partner ein als ihre Geschlechtsgenossinnen, sondern ihre Zahlen waren sogar noch beträchtlich höher als die der teilnehmenden Männer.
    Diese Form von bewusster Leugnung könnte sehr gut die Selbsteinschätzungen der heterosexuellen Frauen in Meredith Chivers’ Experiment verzerrt haben, aber hatte sie auch die Lesben beeinflusst? Viele von ihnen könnten eine gewisse Trotzhaltung in Bezug auf ihre Sexualität eingenommen haben, doch hätte diese dann den Impuls zu lügen nicht dämpfen müssen? Vielleicht, aber es könnte auch eine andere Art von Selbstzensur stattgefunden haben: etwa den eigenen sexuellen Neigungen entsprechen zu wollen, um ihrer Identität als Angehörige einer Minderheit treu zu bleiben.
    Terri Fishers Studie deutete auf bewusstes Leugnen hin. Chivers vermutete dagegen subtilere Gründe. In Tagebüchern hatte sie Spuren von Beweisen gefunden – unbestätigt, dürftig, wie so vieles, auf das sie sich gern verlassen hätte, um zu belegen, dass Frauen mit den Empfindungen ihres Körpers weniger verbunden, sich ihrer weniger bewusst sind als Männer, und das nicht nur in erotischer Hinsicht. Gab es etwa eine Art neuralen Filter zwischen dem Körper der Frau und den Regionen ihres Gehirns, die für das Bewusstsein zuständig sind? Irgendetwas in den Nervenbahnen? Und zwar vor allem, wenn es um sexuelle Signale ging? Und handelte es sich dabei um ein Ergebnis genetischer oder sozialer Codes? Lernten Mädchen und Frauen irgendwie, zu ihrem physischen Selbst psychisch auf Distanz zu gehen? Irgendwann im Verlauf unserer über sieben Jahre hinweg geführten Gespräche

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