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Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Titel: Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Àngels Anglada
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Häftlinge zu erhöhen.
     
    Gesamtbezahlung für die Häftlinge in 2½ Jahren, die an die SS geleistet wurde, betrug über 20 Millionen Mark.
    F ür einige Augenblicke verschlug es Daniel die Sprache, er war wie gelähmt, versuchte den Sinn der Worte zu begreifen, die der Musiker stockend und widerwillig hervorgebracht hatte. Er schluckte Speichel wie jemand, der eine bittere Medizin einnehmen muss, und stieß schließlich hervor: »Lebend werden die mich nicht dorthin bringen!«
    Ihm entfuhr ein Schrei, und einige Mithäftlinge drehten sich um, doch bevor er zu einem weiteren ansetzen konnte, der sogleich die Aufmerksamkeit des Kapos auf sich gezogen hätte, hielt ihm der Geiger den Mund zu, schloss ihn in die Arme und ließ ihn den Kopf im Stoff seiner zerschlissenen Häftlingskleidung vergraben. Der junge Mann hat in den letzten Monaten Unbegreifliches ertragen müssen, dachte Bronislaw, und nur ein viel heftigerer Aufschrei, ein hemmungsloses Brüllen hätte ihm wohl Erleichterung verschafft. Doch die verzweifelte Klage durfte nicht nach draußen dringen. Deshalb war es gut, dass die Beklemmung in den Armen des Freundes allmählich verebbte, abgeschirmt von verächtlichen Blicken oder solchen, die nur wieder neue Beklommenheit hervorgerufen hätten.
    Nach einer Weile, die ihnen beiden lang vorgekommen war, löste sich Daniel mit Mühe aus der festen Umarmung; seine Tränen waren getrocknet, und der Freund redete sanft auf ihn ein, während sie auf und ab gingen, damit ihm die Bewegung half, sich zu beruhigen.
    »Glaub mir, sie werden dich bestimmt nicht in das andere Lager abtransportieren, momentan können sie hier in den Fabriken einfach auf niemanden verzichten. Die Dinge stehen langsam schlecht für die elenden Mörder. Du wirst es schaffen, das weißt du. Der Solobratschist meines früheren Orchesters, der mal ein Kunde von dir gewesen war, hat mir von deiner außergewöhnlichen Handwerkskunst erzählt.«
    Bronislaw sprach aus Überzeugung, und allmählich wich die Furcht von Daniel. Er klammerte sich an diese Worte, wollte ihnen Glauben schenken, sie waren das Einzige, woran er sich noch festhalten konnte.
    »Deine Geige wird den schönsten Klang haben, den man sich nur vorstellen kann, und ich werde mein Bestes geben, wenn ich sie spiele! Es muss und es wird uns gelingen.«
    Die Stimme des Freundes verscheuchte sein Entsetzen, sie war Balsam für die Seele. Nun konnten sie einigermaßen ruhig und sachlich miteinander reden. Daniel betonte, dass er keinerlei Bedenken hätte, was die Qualität seiner Arbeit betraf. Das Problem, darüber waren sie sich einig, war die ungewisse Frist.
    Doch daran würde niemand etwas ändern können oder wollen; der Musiker durfte keine Fragen stellen und unter gar keinen Umständen den Verdacht erwecken, dass er über die demütigende Wette Bescheid wusste. Die Folgen würden sonst verheerend sein, und dafür war er – das musste er sich eingestehen – nicht mutig genug.
    Soweit es im Reich des Schreckens möglich war, stand jedoch eine Sache für ihn so gut wie fest: Bis die Violine fertiggestellt war, würden sie den Geigenbauer im Dreiflüsselager am Leben lassen, ihn weder nach Auschwitz noch nach Plaszow deportieren, ihn jeden Vormittag an die Arbeit schicken. Vielen war nicht einmal dieses bisschen vergönnt. Sie vereinbarten, mit niemandem darüber zu sprechen; nicht mit dem Mechaniker, der zwar ein guter Bekannter war, aber sehr geschwätzig, und auch nicht mit den anderen beiden Musikern. Bronislaw riet Daniel, sich nicht zu beeilen, selbst wenn ihm das schwerfallen sollte; denn es wäre ungleich schlimmer, wenn er sich an den Händen verletzte oder das Instrument verdarb: Sollte nämlich die Geige irgendeinen Mangel aufweisen und nicht den erwünschten Klang haben, würden sie beide verloren sein. Bronislaw war überzeugt davon, dass der Kommandant – sollte alles gut ausgehen, so wie sie es hofften – Daniel keinesfalls dem Arzt ausliefern würde, schließlich gab es viele andere Lager, unzählige andere mögliche Opfer; und letztendlich war er es, der in seinem Lager das Sagen hatte.
    »Er bekleidet einen höheren Dienstgrad als Rascher«, fuhr der Musiker fort, »das ist mir aufgefallen, als sie voreinander salutierten, und der Kommandant verabscheut jegliche Einmischung in seinen Autoritätsbereich.« Es gab aber auch noch einen weiteren Faktor, der Daniel zu überzeugen vermochte: Der Arzt verstand nicht das Geringste von Geigen, Sauckel hingegen schon.

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