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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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eine Falltür. Er fiel herab – und blieb an dem Kleidungsstück hängen! Wieder einmal hatte er die Situation unterschätzt. Solche Fehler konnte er sich nicht mehr oft leisten.
    Nun, weiter. Er zog sich an seinem Kleiderseil hinauf. „Es ist leichter für einen Strick, durch ein Nadelöhr zu gelangen als …“ murmelte er und dachte an die jahrhundertealte Verwirrung, die durch eine simple Fehlübersetzung in der Bibel entstanden war, indem man den Begriff Kamelhaarseil schlichtweg mit Kamel übersetzt hatte. Dann schwang er die Füße an den Rand und ging zurück auf die Plattform. Wäre sein Körper nicht in so guter Kondition gewesen, wäre dies ein schwieriges oder sogar unmögliches Manöver geworden. Er gewann auf dem festen Boden seine Balance wieder und zog die Kutte aus dem Ring. Gut, daß dieser wenigstens fest verankert gewesen war.
    Dann hörte er, wie sich die Falltür wieder schloß. Nun öffnete sich die Messingtür und warf einen Lichtstrahl in die Halle. Dort stand nun Therion, der Thesmothet, mit einer hellen Fackel. „Komm, Postulant.“
    Bruder Paul folgte ihm durch eine Reihe von Gängen, die durch verschlossene Türen voneinander getrennt waren. Bei jeder Tür murmelte Therion ein bestimmtes Passierwort und gab ein heimliches Zeichen, und die Tür öffnete sich.
    Während einer dieser Pausen glitt Bruder Paul wieder in seine Kutte. Nun fühlte er sich sicherer. Endlich waren die Prüfungen vorbei!
    Schließlich gelangten sie in ein Gewölbe. Bruder Pauls Orientierungssinn verriet ihm, daß es direkt unterhalb der Großen Pyramide in den Felsen gehauen sein mußte. Dies war die Kammer, die auch die Archäologen niemals entdeckt hatten. Die Wände bestanden aus poliertem Stein und waren mit symbolischen Bildern bedeckt. In jeder Ecke stand eine bronzene Statue: ein Mensch, ein Bulle, ein Löwe und ein Adler. Von der hohen Decke herab hing ein kostbarer Leuchter. Bruder Paul bemerkte, daß die Lichtstrahlen zwischen den Statuen und von der Deckenlampe zusammen den Umriß einer Pyramide bildeten: fünf Ecken, wenn man die Spitze mitzählte.
    In der Mitte befand sich ein riesiger silbernen Tisch, und auf diesem Tisch standen zwei Kelche, zwei Schwerter, zwei Münzen, Zepter und Lampen. Die vier Symbole des Tarot mit den notwendigen Lampen, um in diesem sonnenlosen Raum alles zu beleuchten.
    Therion wandte sich ihm zu. „Sohn der Erde, ich brauche nur das Zeichen zu geben, und du wirst lebendig in die unterirdischen Tiefen stürzen, um bis zum Ende deiner Tage das Brot der Reue zu essen und das Wasser des Zorns zu trinken. Aber wir sind nicht hartherzig – alles, was wir von dir verlangen, ist dein feierlicher Eid, daß du niemals irgend jemandem auch nur das geringste Detail dessen enthüllen wirst, was du in dieser Nacht gesehen und gehört hast, und dann sollst du frei sein. Willst du diesen Eid schwören?“
    Das war wohl vernünftig. Eine Geheimgesellschaft würde nicht lange geheim bleiben, wenn sie keine derartigen Vorsichtsmaßnahmen traf. Aber Bruder Pauls Mission verlangte von ihm, sein Wissen auch draußen kundzutun. „Ich werde es nicht tun“, sagte er.
    Ungläubig starrte ihn Therion an. „Das war eigentlich als rhetorische Frage gedacht, Postulant. Es gibt nur eine Antwort.“
    „Nicht für mich.“ Hätte er das alles auf sich genommen – für nichts?
    „Vorsicht, Postulant! Trotz wird mit dem Tode bestraft!“ Und es ertönte ein bedrohliches Grollen, als die Deckenlampe verlöschte. Der Raum wurde nun lediglich durch die zitternden Kerzen hinter den Statuen beleuchtet.
    „Meine Information kann niemandem nützen, wenn sie geheim bleiben muß“, sagte Bruder Paul ungerührt.
    Therion deutete auf die Kelche auf dem silbernen Tisch. „Dann mußt du dich noch dieser Prüfung unterziehen“, rief er. „Ein Kelch enthält ein todbringendes Gift, der andere ist harmlos. Wähle einen aus ohne nachzudenken und trink ihn aus.“
    Bruder Paul trat auf den Tisch zu, nahm den rechten Kelch und trank ihn in einem Zug leer.
    Therion lächelte. „Ich habe dich versuchen wollen“, sagte er. „Beide Getränke waren harmlos.“
    Was sich auch Bruder Paul gedacht hatte. Ein reiner Glückstest wäre sinnlos gewesen – um Mut, nicht um Leben oder Glück ging es hier.
    „Edler Suchender“, sagte Therion nun. „Du hast alle Prüfungen bestanden. Nun bist du geweiht, die Weisheit der Alten zu teilen. Die Magie besteht aus zwei Elementen – dem Wissen und der Kraft. Ohne Wissen kann

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