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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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risikoloser. Bruder Paul legte seine Kutte ab, band sie fest zusammen und hielt sie zusammen mit der Lampe in der Rechten hoch. Dann trat er vorsichtig in den Teich hinein.
    Unter sich spürte er einen glitschigen, stark abfallenden Grund, der ihn zwang, schneller hineinzugehen, als er dies beabsichtigt gehabt hatte. Jeder Schritt brachte ihn tiefer hinein. Knie, Schenkel, Hüfte – das Wasser war kalt, was ihn ermutigte, denn es bedeutete, daß es wahrscheinlich keine Reptilien barg. Brust, Schultern, Kinn – nun hielt er die Lampe über den Kopf. Wenn es tiefer würde, müßte er schwimmen und riskieren, daß die Lampe erlosch, denn er konnte sie kaum gerade und hoch genug halten, wenn er richtig schwamm.
    Er merkte, daß er schon die Mitte des Teiches erreicht hatte. Mit ein wenig Glück – oder der Voraussicht jener, die diese Prüfung für ihn erdacht hatten – war dies die tiefste Stelle. Hatte ihn jemand gemessen, weil das Wasser gerade seiner Größe entsprach? Nun müßte es schon wieder flacher werden …
    Das war auch der Fall. Erleichtert schritt er das Ufer hinauf. Dies war grundsätzlich eine Prüfung seines Mutes und seiner Glückhaftigkeit gewesen, und zwar keine sehr komplexe. Eine Wahl zwischen Feuer und Wasser. Eigentlich waren alle diese Prüfungen sehr einfach und körperlich gewesen – heutige Examina dieser Art wären weitaus komplexer und ausgeklügelter. Er hatte die Feinsinnigkeit der …
    Sein Fuß verfing sich in einem Spalt des Bodens unter ihm. Er fiel zu Boden, schlug mit der linken Hand auf das Wasser auf und wedelte mit der Rechten, um seine Balance zurückzugewinnen. Er schaffte es. Sein suchender Fuß fand den Rand des Spaltes. Reines Glück! Aber die Lampe fiel von dem zusammengebundenen Gewand herab ins Wasser. Verzweifelt griff er mit der Linken danach, verfehlte sie aber – sie wäre auch in jedem Fall erloschen. Er könnte sie wieder entzünden, indem er sie zurück zu dem Flammenvorhang trug, wenn sich das Öl nicht mittlerweile hoffnungslos mit Wasser vermischt hatte und er dicht genug herankam, ohne sich zu verbrennen, und wenn …
    Er blickte sich um. Der Feuervorhang war erloschen. Nur die Lampen waren geblieben. Selbst wenn er die Lampe noch hätte und sie noch funktionierte, würde er sie nicht anzünden können.
    Er blieb stehen. Idiot! Er brauchte nur eine der anderen Lampen mitzunehmen. Aber sie gaben nur wenig Licht, und vielleicht lauerten auf denjenigen, der zurückging, neue Fallen. Das beste war wohl, die Konsequenzen seines Irrtums zu akzeptieren und ohne Licht weiterzugehen. Für diesen Fehler war sein zu großes Selbstvertrauen verantwortlich – auch eine Lektion. Er hatte nur sich selbst zu fürchten!
    Bruder Paul stieg aus dem Wasser. Ein Stück weiter führte eine Treppe auf eine Plattform, die von drei Seiten durch einen weiten Bogengang umgeben war. Am anderen Ende befand sich eine Messingtür, eingelassen hinter einer kleinen, gedrehten Säule in Form eines Löwenmauls. Die Zähne hielten einen Metallring. Das war alles, was er in dem Dämmerlicht ausmachen konnte.
    Vor der Tür blieb er stehen. Es war kalt, und er zitterte. Wenn er erst wieder trocken war, konnte er die Kutte wieder anlegen, und es würde ihm besser gehen. Aber nun gingen eine nach der anderen die fernen Lampen aus. Der Widerschein der letzten fiel über das Wasser und verlöschte dann ebenfalls. Wieder stand er vollkommen im Dunkeln.
    Wenn er versucht hätte zurückzugehen, um eine jener Lampen mitzunehmen – hätte er es rechtzeitig geschafft? Wenn sie alle nur wenig Brennstoff hatten, hätte ihm keine lange genützt, und die Dunkelheit hätte ihn im Wasser erwischt. Leicht hätte er sich verirren und in tieferes Wasser gelangen können, wo vielleicht etwas lauerte …
    Hinter ihm in der Düsternis erklang eine Stimme. „Sohn der Erde, Stehenbleiben heißt Vergehen. Hinter dir liegt der Tod, vor dir die Errettung.“
    Bruder Paul war noch nicht wieder trocken, beschloß aber, die Stimme beim Wort zu nehmen und ohne Kleider weiterzugehen. Er streckte die Hand aus und fand die Tür. Dieser Ring in dem Löwenmaul – war das ein Griff? Oder eine Falle? Wenn er daran zog, würde sich die Tür öffnen, oder würden die Zähne seine Hand umfangen?
    Nun, das konnte er ausprobieren. Er schüttelte seine Robe auseinander, band sie zu einer länglichen Schnur und zog sie vorsichtig durch das Loch. Dann hielt er beide Enden fest und zerrte einmal kräftig daran.
    Unter ihm öffnete sich

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