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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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nur unvollständig ausgebildeten Hoden. Er war kein Kastrat, aber es war höchst wahrscheinlich, daß er unfruchtbar war, und mit noch größerer Wahrscheinlichkeit war er impotent.
    „Das ist aber schrecklich“, meinte Bruder Paul mitfühlend. „In meinem Land gibt es Operationen …“ Aber das war offensichtlich schon dreißig Jahre zu spät. Jesus war mit diesem Mangel zum Mann geworden, Opfer unglücklicher Umstände.
    „Ich habe mich schon lange daran gewöhnt“, meinte Jesus. „Immerhin bin ich so niemals in Versuchung geraten, zu sündigen.“ Er runzelte die Stirn. „Aber wenn ich die Freude sehe, die andere bei solchen Versuchungen haben, dann wünsche ich es mir zuweilen auch.“
    So waren also auf einen Streich (von einem unsauberen Messer) alle Schlußfolgerungen von Therion nichtig geworden. Jesus hatte das Bedürfnis nach sexueller Betätigung niemals verspürt und war mit Sicherheit keusch. Aber warum, Gott, mußte es auf diese Weise geschehen?
    Jesus ging zum Wasser und trat hinein. Seine Füße berührten den Boden: immerhin keine Dummheiten mit Gehen auf dem Wasser.
    Nun, also zur Sache. „Schwimmen ist eigentlich eine Angelegenheit des Selbstvertrauens“, sagte Bruder Paul. Er kauerte sich nieder und tauchte unter. Das Wasser war kalt. „Der menschliche Körper ist in den meisten Fällen leichter als Wasser, daher schwebt er. Wenn man darauf vertraut, geht alles andere wie von selber.“
    „Man muß glauben“, sagte Jesus.
    „Genau das ist es! Durch Glauben werden alle Dinge möglich. Nun zeige ich dir, wie man den sogenannten toten Mann macht.“
    Bruder Paul streckte die Hände aus, zog den Kopf ein und stieß sich mit dem Gesicht nach unten ab. Er hielt sich in der Schwebe, indem er heftig mit den Füßen paddelte. Nach einem Augenblick hob er den Kopf und machte heftige Schwimmbewegungen mit den Beinen. „Siehst du, wie leicht es ist? Wenn das ein Toter kann, um wie vieles besser kann es dann ein Lebender?“
    Aber Jesus war von der Vorsicht der Menschen, die sich noch niemals zuvor dem Wasser anvertraut hatten. „Ich fürchte, wenn ich das tue, werde ich bald tot sein! Wie atmest du?“
    „Nun, das ist der nächste Schritt. Jetzt zeige ich dir das Hundeschwimmen.“
    Jesus lächelte und blickte verständnisvoll zu. „Ja, ich habe schon einmal einen Hund dabei beobachtet. Aber ich bin kein Hund.“
    „Vielleicht fangen wir besser mit einer für Menschen typischen Technik an“, schlug Bruder Paul vor. „Damit kann man einfach nicht untergehen, wie lange man auch im Wasser bleibt. Hole einfach tief Luft, halte den Atem an und schwebe direkt unter der Wasseroberfläche, wobei du dich völlig entspannen mußt. Deine Füße werden herabsinken, aber dein Kopf bleibt fast oben. Und wenn du Luft brauchst, dann schlage mit den Armen nach unten. Dann kommt dein Kopf hoch … mach deinen Körper gerade, hole Luft … und laß dich wieder sinken. Du wirst vielleicht kalt dabei, aber niemals erschöpft.“
    Bald unternahm Jesus mit der ermutigenden Hilfe von Bruder Paul die ersten Züge. Es gefiel ihm außerordentlich gut. „Gott hat mich erhöht! Ich habe etwas gelernt, wozu ich mich nie für fähig gehalten habe!“
    „Ja“, stimmte Bruder Paul ihm zu. „Aber sorge dafür, daß immer jemand in der Nähe ist, wenn du übst. Wasser ist gefährlich, wenn man nicht richtig damit vertraut ist. Und nun gehen wir besser hinaus, ehe wir zu frieren beginnen.“
    Jesus blickte ihn sonderbar an. „Mir ist nicht kalt.“
    „Wahrscheinlich hast du viele kühle Nächte im Freien bei deiner Herde verbracht.“ Wo waren diese Schafe eigentlich? Wahrscheinlich in der Obhut eines jüngeren Bruders, da Jesus bald das Bürgeralter erreicht hatte. „Ich bin nicht so abgehärtet wie du.“ Dieses Mal ein echtes Kompliment.
    „Du siehst stark aus“, meinte Jesus. „Aber es stimmt. Jeder Hirte muß sich an die Hitze des Tages und die Kälte der Nacht gewöhnen.“ Ungleichmäßig machte er ein paar Züge auf das Ufer zu, und Bruder Paul, der weiter hineingeschwommen war, stieß zu ihm.
    Dabei bemerkte Bruder Paul etwas, das auf dem Grunde des Sees lag. Es war eine runde blanke Metallscheibe. Das war sonderbar. Warum war sie nicht durch Ablagerungen bedeckt?
    Jesus bemerkte seine Reaktion darauf. „Der Boden ist wie Kupfer und immer sauber. Ich weiß nicht, warum. Das ist die Stelle von dem heidnischen Tempel. Alles außer dem Altar ist verschwunden.“
    Ein Kupferboden? Hier, im ersten

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