Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Voegel

Die Voegel

Titel: Die Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
Vom Netzwerk:
zwischen Häuschen und Gehöft. Erst dann war er sicher, dass sie alles Notwendige beisammen hatten. Es war unfasslich, wie viele Dinge man brauchte, wenn man erst einmal anfing, darüber nachzudenken. Das Wichtigste von allem waren Planken für die Fenster.
    Er kletterte überall umher und suchte nach Brettern. Die Verschalungen zu Hause an den Fenstern mussten erneuert werden. Kerzen, Petroleum, Nägel, Konserven; die Liste nahm kein Ende. Außerdem melkte er drei Kühe. Die übrigen mussten weiterbrüllen, die armen Tiere.

    Beim letzten Mal fuhr er bis zur Bushaltestelle, stieg aus und ging in die Telefonzelle. Er nahm den Hörer ab und wartete. Nichts. Läutete immer wieder. Es hatte keinen Zweck. Die Leitung war tot. Draußen kletterte er auf einen Abhang und blickte über das Land. Nirgends ein Lebenszeichen, überall nur die hockenden, lauernden Vögel. Einige schliefen, die Schnäbel im Gefieder.

    »Man sollte meinen, dass sie jetzt auf Futtersuche gingen, anstatt so dazusitzen«, murmelte er vor sich hin.
    Aber da fiel es ihm ein. Sie waren ja gemästet, hatten sich voll gefressen, die ganze Nacht hindurch.
    Auch aus den Gemeindehäusern stieg kein Rauch. Er musste an die Kinder denken, die tags zuvor über die Felder gelaufen waren.
    Ich hätte es wissen müssen, dachte er, ich hätte sie mit zu uns nehmen sollen.

    Er blickte zum Himmel empor. Farblos, grau. Die kahlen Bäume standen schwarz und gekrümmt im Ostwind. Die Kälte schien den Vögeln, die überall auf den Feldern hockten, nichts anzuhaben.
    Jetzt wäre der richtige Augenblick, sie zu erledigen, dachte Nat. Jetzt gäben sie eine gute Zielscheibe ab. Im ganzen Land müsste man die Gelegenheit nützen.
    Warum schicken sie jetzt keine Flugzeuge aus und vernichten die Biester mit Senfgas? Was tun denn all die hohen Herren? Sie müssen doch selber sehen, was los ist.
    Er kehrte zum Auto zurück und setzte sich ans Steuer.
    »Fahr schnell am zweiten Tor vorbei«, flüsterte seine Frau, »dort liegt der Briefträger. Ich will nicht, dass Jill ihn sieht.«
    Er gab Gas. Das kleine Auto rumpelte und ratterte den Pfad entlang. Die Kinder quietschten vor Freude.

    »Hoppe, hoppe Reiter«, krähte der kleine Johnny.
    Als sie das Häuschen erreicht hatten, war es mittlerweile dreiviertel eins geworden. Nur noch eine Stunde Frist. »Mach mir ein Brot«, sagte Nat, »und wärme du dir und den Kindern irgendetwas auf, eine von den Konservendosen. Ich hab' jetzt keine Zeit zum Essen. Muss erst all die Sachen hereinschaffen.«
    Er schleppte alles ins Häuschen. Man konnte es später ordnen. Es würde ihnen helfen, die langen Stunden zu vertreiben. Zuerst musste er Fenster und Türen abdichten.
    Er ging durch das Haus und prüfte jedes Fenster und jede Tür sorgfältig. Er kletterte sogar auf das Dach und befestigte über jedem Schornstein, mit Ausnahme von dem über der Küche, Planken. Die Kälte war so beißend, dass er sie kaum ertragen konnte, aber die Arbeit musste getan werden. Immer wieder suchte er den Himmel nach Flugzeugen ab. Nicht eines war zu sehen. Er verfluchte die Untüchtigkeit der Behörden.
    »Immer wieder dasselbe«, brummte er, »sie lassen uns immer sitzen. Ein ewiges Durcheinander! Keine Planung, keine wirkliche Organisation. Und wir hier unten zählen schon gar nicht! So ist es. Die Leute im Inland kommen immer zuerst dran. Da setzen sie bestimmt Flugzeuge und Giftgas ein. Wir hier können warten und müssen nehmen, was kommt.«
    Nachdem er die Arbeit am Schlafzimmerschornstein beendet hatte, machte er eine Pause und sah über das Meer. Da draußen bewegte sich etwas. Zwischen den Brechern tauchte etwas Grauweißes auf.
    Ja, unsere Flotte, dachte er, die lässt uns nicht im Stich. Da kommen sie, in der Bucht werden sie beidrehen.
    Er wartete. Die Augen tränten ihm in dem scharfen Wind, angestrengt blickte er über die See. Aber er hatte sich geirrt. Es waren keine Schiffe. Es war nicht die Flotte. Es waren die Möwen. Sie erhoben sich jetzt vom Wasser. Auch die Scharen auf den Feldern flogen in riesigen Schwärmen mit gesträubten Federn vom Boden auf und schraubten sich, Schwinge an Schwinge, zum Himmel empor. Die Flut war wiedergekehrt.
    Nat kletterte die Leiter hinunter und ging in die Küche. Die Familie saß beim Mittagessen. Es war kurz nach zwei. Er verriegelte die Tür, stapelte die Möbel davor auf und zündete die Lampe an.
    »Jetzt ist es Abend«, sagte der kleine Johnny.
    Seine Frau drehte noch einmal das Radio an. Wieder

Weitere Kostenlose Bücher