Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Der Patrizier müsste völlig übergeschnappt sein, so etwas zu sagen.«
    »Herr de Worde, nicht wahr?«, ertönte eine Stimme.
»Meine Güte, wer ist es denn diesmal ?«
William drehte sich um. Die Trolle sah er zuerst, denn selbst wenn
    vier Trolle hinter einer Gruppe stehen, bilden sie immer den Vordergrund eines Bilds. Die beiden Menschen vor ihnen stellten nur ein Detail dar, und außerdem war einer der beiden nur in traditioneller Hinsicht ein Mensch. Er hatte die graue Blässe eines Zombies, und seinem Gesichtsausdruck war dies zu entnehmen: Zwar wollte er nicht direkt unerfreulich sein, trotzdem bescherte er anderen Leuten viele unerfreuliche Dinge.
    »Herr de Worde? Ich glaube, du kennst mich. Ich bin Herr Schräg von der Anwaltsgilde«, sagte Herr Schräg und verbeugte sich steif. »Dies hier…« Er deutete auf den hageren jungen Mann an seiner Seite. »… ist Herr Ronald Schmeichler, neues Oberhaupt der Gilde der Graveure und Drucker. Die vier Herren hinter mir gehören zu keiner Gilde, soweit ich weiß…«
    »Graveure und Drucker?«, wiederholte Gutenhügel.
    »Ja«, bestätigte Schmeichler. »Wir haben unsere Satzung erweitert. Die Mitgliedschaft in der Gilde kostet zweihundert Dollar pro Jahr…« »Ich habe nicht die Ab…«, begann William, aber Gutenhügel legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Es ist eine Gaunerei, aber sie könnte viel schlimmer sein«, flüsterte er. »Wir haben nicht genug Zeit, um zu protestieren, und wenn wir weiterhin so gut verdienen, haben wir die Kosten in ein paar Tagen heraus. Und die Mitgliedschaft in der Gilde löst viele Probleme.«
    »Allerdings«, sagte Herr Schräg mit seiner speziellen Anwaltsstimme, die mit jeder Pore Geld saugte, »gibt es in diesem Fall angesichts der besonderen Umstände eine einmalige Aufnahmegebühr von, sagen wir, zweitausend Dollar.«
    Die Zwerge erstarrten für einige Sekunden. Dann ertönte ein kurzes metallenes Konzert, als jeder Zwerg Drucktypen beiseite legte, unter den Stein griff und eine Streitaxt hervorholte.
    »Ihr seid sicher einverstanden«, sagte Herr Schräg und trat zur Seite. Die Trolle richteten sich auf. Trolle und Zwerge brauchten keinen großen Vorwand, um gegeneinander zu kämpfen. Manchmal genügte es ihnen, auf der gleichen Welt zu leben.
    Diesmal hielt William Gutenhügel zurück. »Immer mit der Ruhe«, sagte er leise. »Bestimmt ist es gesetzlich verboten, Rechtsanwälte umzubringen.«
    »Bist du sicher ?«
    »Es gibt noch immer einige. Außerdem ist er ein Zombie. Wenn du ihn in der Mitte durchschneidest, verklagen dich beide Hälften.« William hob die Stimme. »So viel können wir nicht bezahlen, Herr Schräg.«
    »In dem Fall bin ich auf der Grundlage des anerkannten Rechts befugt…«
    »Ich möchte die Satzung sehen!«, sagte Sacharissa scharf. »Ich kenne dich, seit wir Kinder waren, Ronald Schmeichler, und du warst immer auf irgendetwas aus.«
    »Guten Tag, Fräulein Kratzgut«, sagte Herr Schräg. »Wir haben die Satzung mitgebracht, für den Fall, dass jemand danach fragt. Ich hoffe, wir sind alle gesetzestreue Bürger.«
    Sacharissa griff nach der beeindruckend aussehenden Schriftrolle mit dem großen, baumelnden Siegel. Sie starrte darauf hinab, als versuchte sie, die Worte allein mit der Reibungshitze ihres Blickes vom Pergament zu brennen.
    »Oh«, sagte sie. »Es… scheint alles in Ordnung zu sein.«
»In der Tat.«
    »Abgesehen davon, dass die Unterschrift des Patriziers fehlt«, fügte
    Sacharissa hinzu und gab die Schriftrolle zurück.
»Das ist nur eine Formalität, meine Liebe.«
»Ich bin nicht deine Liebe, und die Unterschrift fehlt, ob sie nun eine
    Formalität ist oder nicht. Die Satzung kann also kaum rechtskräftig sein.«
    Herr Schräg zögerte. »Es ist doch völlig klar, dass wir keine Unterschrift von einem Mann bekommen können, der im Gefängnis sitzt, weil man ihm ein sehr schweres Verbrechen zur Last legt.«
    Er versucht, uns etwas vorzumachen, fuhr es William durch den Sinn. Wenn jemand »völlig klar« sagte, so gab es einen breiten Riss in seinen Argumenten, und der Betreffende wusste ganz genau, dass keineswegs alles völlig klar war.
    »Wer regiert dann die Stadt?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Herr Schräg. »Es geht mich auch nichts an. Ich…«
    »Herr Gutenhügel«, sagte William. »Bitte in großer Schrift.« »Ich bin soweit«, sagte der Zwerg. Seine Hand schwebte über einem weiteren Kasten mit Typen.
    »In Großbuchstaben, ganze Breite, ›WER REGIERT

Weitere Kostenlose Bücher