Die Wälder von Albion
dieses dumme Mädchen so verrückt ist. Aber von dir hätte ich etwas anderes erwartet… «, sagte er, als sie ihn schließlich zu Wort kommen ließ. »Hör auf zu übertreiben. Eine Frau stirbt nicht so einfach… «
»Ach, meinst du? Eilan blutete wieder, als ich sie in der Hütte fand. Du hättest sie beinahe verloren, alter Mann. Und was wäre dann aus deinen Plänen geworden? Glaubst du wirklich, Dieda würde sich so ohne weiteres deinem Willen beugen? Da irrst du dich! Eilan wird sterben, wenn man ihr nicht verspricht, daß ihr Sohn bald zu ihr zurückkehrt!«
Ardanos seufzte. »Sag ihr, dem Kind geht es gut, und wenn sie sich an ihr Versprechen hält, dann wird er auch weiterhin in Sicherheit sein.«
»Das ist nicht genug!«, erklärte Caillean entschlossen.
»Im Namen der Göttin, was willst du von mir, Frau?«
»Wage nicht, von der Göttin zu sprechen. Du hast mir lange genug bewiesen, daß du so gut wie nichts von IHR weißt!« rief Caillean wütend. »Um Lhiannons willen, die dich geliebt hat - und nur die Götter wissen warum - und an deine Pläne glaubte, habe ich dir bis jetzt geholfen.«
Sie trat noch näher und sah ihn durchdringend an. Er konnte ihrem Blick nicht ausweichen, aber ihm war nicht sehr wohl in seiner Haut, als Caillean ruhig und bestimmt sagte: »Du kannst mich nicht einschüchtern, so wie du es mit Lhiannon getan hast. Du kannst mir auch keine Angst machen. Ich habe nur wenig zu verlieren. Du aber alles! Ich bin bereit, zu deinen Druiden zu gehen und sie ein Urteil fällen zu lassen. Dein Doppelspiel mit den Römern und die Einmischung bei den Orakelsprüchen ist eine unverzeihliche Sache. Das würden alle so sehen, auch deine Freunde bei den Römern, und niemand hätte Verständnis«, sie hielt inne und verzog spöttisch den Mund, »für deine hehren Absichten.«
Im Gesicht des höchsten Druiden regte sich nichts, als er fragte: »Warum tust du das? Eilan ist nicht deine Tochter… « Er sah sie an, als verstehe er sie wirklich nicht.
Caillean seufzte. Sie hatte Lhiannon geliebt wie eine Tochter die Mutter, aber Eilan war für sie wie eine Schwester oder die Tochter, die sie nie hatte und nie haben würde. Aber auch wenn sie selbst keine Kinder hatte, verstand sie Eilans leidenschaftlichen Wunsch, ihren Sohn bei sich haben zu wollen.
»Es sollte dir genügen zu wissen, daß du mich nicht aufhalten kannst. Du hast mehr zu verlieren als ich. Glaubst du, die Priesterinnen und die Druiden werden sich ohne weiteres zufriedengeben, wenn Eilan plötzlich tot ist und ein Kind zurückläßt? Vergiß nicht, du hast Eilan nur so lange in der Hand, wie sie weiß, daß du ihr das Kind wegnehmen kannst. Den Göttern sei Dank, ich bin dir zu nichts verpflichtet, verstehst du? Zu nichts!«
Der höchste Druide sah sie nachdenklich an. Caillean hoffte bereits, ihn überzeugt zu haben, doch sie mußte sich eingestehen, daß ihre Worte nicht ganz der Wahrheit entsprachen. Ardanos drohte ihr, indem er Eilan bedrohte.
»Gib nach, Ardanos.«
Caillean hatte in all den vielen Jahren bei Lhiannon gelernt zu verhandeln. Sie wechselte jetzt den Ton und fuhr freundlicher fort: »Selbst wenn Eilan das Kind bei sich hat, befindet sie sich in deiner Macht. Glaubst du, es sei kein Zugeständnis von dir notwendig, um dir die Hohepriesterin des Orakels geneigt zu machen?«
»Vielleicht habe ich etwas voreilig gehandelt… «, sagte er einlenkend, »aber ich stehe zu meinem Wort. Wenn sie sich in Vernemeton zu ihrem Sohn bekennt, dann können wir ihre Schande gleich vor aller Welt verkünden. Was schlägst du vor? Wie sollen wir die Täuschung aufrechterhalten, wenn sie ihren Sohn im Heiligtum um sich haben will?«
Er bot ihr an, sich zu setzen, und Caillean wußte, daß sie gewonnen hatte. »Ich habe mir eine Möglichkeit ausgedacht… «
Der Tag der Hochzeit brach mit einem klaren und hellen Himmel an. Gaius erwachte von den Strahlen der Frühlingssonne, die durch das Fenster fielen. Er blinzelte, als er die blendendweiße Toga sah, die über seinem Stuhl hing. Im vergangenen Jahr hatte er diese Art Kleidung bei gesellschaftlichen und diplomatischen Anlässen tragen müssen, wenn er seinen künftigen Schwiegervater begleitete. Er wußte inzwischen, wie man die Falten ordnete, aber er fand eine Toga noch immer ein schwieriges und unangenehmes Kleidungsstück.
Agricola rühmte sich, daß er den Söhnen der Anführer der Stämme beigebracht habe, die Toga zu tragen. Gaius war in diesem Punkt nicht ganz
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