Die wahre Lehre - nach Mickymaus
und starken Hunde beseitigte, nahm ihm die letzte Hoffnung. An rückwärtige Flucht war nicht mehr zu denken – der Drache würde ihn mit einigen Sätzen erreichen; und an den Seiten ging es bergauf. Es blieb die Ehre, der Kampf auf den Tod.
Er ließ das Visier fallen, hob die Lanze ohne das aufgespießte Beutestück vom Boden und stürzte sich brüllend dem Drachen entgegen. Erstaunlich leicht bohrte sich die Speerspitze in den schluckenden Drachenhals, das lebende Schuppentier war so weich wie die toten. Nichts deutete aber darauf hin, daß die Bestie es spürte. Sie drehte den Hals samt der Lanze zur Seite und musterte aus der Entfernung den Ritter mit ihrem Rubinauge. Kein Schmerz, nur Gier zeichnete den Blick, das lüsterne Verlangen nach der nächsten Beute.
Das ist ein gutes Land, sprach das Auge, ein labsames Land, und ein leichtes Fressen.
Mit einem neuerlichen Schwung des angebohrten Halses, raste der Drachenkopf auf den Ritter zu. Der hatte sein hinterrücks hängendes Schwert ergriffen. Zum letzten Schlag seines Lebens schwang er es empor. Er wußte, er war verloren. Er blickte in den mit Reihen von Zähnen gespickten Schlund, worin noch ein Batzen des Hundefleisches stak – und schlug mit seiner äußersten Kraft, denn es war sein letzter Hieb; alles legte er in ihn, was er vermochte … und fiel vornüber auf den Steinboden mitsamt der Waffe, die krachend zerbrach.
Wo soeben noch die Urbestie tobte, war nichts als Luft. Der Drache war verschwunden. Hätte Deodatus de Gozon seine halbwahnsinnigen Augen jetzt nicht auf die sterbend am Boden sich windende Dogge geheftet und auf die abgequetschten Reste der ersten, die der Saurier aus dem Maul verloren hatte, er würde meinen, er habe alles geträumt. Ihr Anblick verhinderte, daß der junge Recke das letzte Ereignis noch wahrnahm: den vibrierenden Ton beim Verschwinden des Drachen, mit dem dieser auch erschienen war.
Die blutige Sonne durchbohrte mühselig den Dunst. Steil stieg sie aus dem Meer auf, wo über der Weite sich Nebel türmte, unten weiß und oben fast rot. Der Schleier zerriß allmählich, die Schwaden krümmten sich und flochten wundersame Bilder, bevor sie sich zu einer grau gewordenen, undurchdringlichen Masse verwoben, hinter der die für kurze Zeit unverhüllt stechende Sonne wieder verschwand. Es war früher Morgen, bis sich die Nebel endgültig auflösen würden. Die Zeit vor der Jagd.
»Wenn die Dünste weichen, dann kommen sie«, meinte der größere Beobachter.
»Bis sie vergehen, werden wir längst krepiert sein. Und zwar von der Hitze, die wir jetzt schon haben«, keuchte sein dicker Begleiter, »in den dreizehn Tagen, die wir schon hier sind, haben wir doch genug von dem Viehzeug gefangen.«
Der Lange widersprach: »Neun Wasserviecher und keine einzige Flugechse. Zwei Geflügelte sind uns spurlos abhanden gekommen. Sie sind einfach fort … und wir fangen mit der Sorte von vorn an. Ich hab’s auch satt, mir reicht’s bis zum Hals. Am einfachsten wäre es mit Netzen. Aber unsere dünnen Fäden dringen ihnen in die Körper, das weißt du doch!«
Er begegnete einem verdrossenen Blick aus dreieckigen Augen. »Und da wollen sie durchaus die Fliegenden haben. Wenn es hauptsächlich um schwimmende Exemplare ginge oder um die … äh … ganz großen, die Pflanzenvertilger, doch gerade die Fliegenden! Die blödesten Tiere auf diesem blöden Planeten!« Der Dicke drehte sich sehnsüchtig nach der Expeditionsbasis um.
Die Basis war in die Böschung eines wuchtigen Kalkmassivs eingehauen, hoch über der Bucht. Von ihrem Standort blickten die Männer auf rostig-grüne Wälder von Bärlapp und Schachtelhalmen hinab, welche die Uferhänge überzogen und sich in dem stehenden Wasser der Randmoore und Sümpfe verloren.
Die beiden intelligenten Wesen mit dem menschenähnlichen Slang standen auf einer kahlen Anhöhe, jedoch dreißig Meter tiefer als die sogenannte Basis, am Ende eines engen, in den Kalk geschlagenen Stufengangs. Unter ihnen setzte sich das Wasser eine dünne, weißliche Mähne auf, und stieß sich träge am Hang. Die dichte Atmosphäre vermittelte nach dem Maßstab menschlicher Ohren alle Laute nur als schwer hörbares Gemurmel.
Der Fettwanst schwitzte, als stäke er in einer Gummihaut. Daß ihm der Schweiß frei ablaufen konnte, nützte auf diesem Treibhausplaneten nichts. Auf seinem grau-grünen Gesicht rannen Tropfen wie übergroße Perlen. Aber das brachte keine Kühlung. Der Lange atmete nicht weniger
Weitere Kostenlose Bücher