Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)
liegen lassen. Diese Annahme ist zwar unrealistisch, aber für das Prinzip, das wir hier zeigen wollen, spielt es keine Rolle.
Am Ende des Jahres werden also fünf Prozent Zinsen fällig, das sind 500 Euro, und die Bank zieht diesen Betrag einfach von Ihrer Kontoeinlage ab. In der Bankbilanz wirkt sich das so aus:
Aktiva
Passiva
Forderungen an Sie
10.000
Ihr Girokonto
9.500
Links bleibt es bei der Kreditforderung von 10.000 Euro, rechts ist Ihr Giroguthaben um 500 Euro geschrumpft. Die Bank hat dadurch 500 Euro weniger Schulden als vorher, denn eine Kontoeinlage ist für eine Bank ja immer eine Schuld. Da der Wert des Bankvermögens aber bei unverändert 10.000 Euro liegt, wäre die Bilanz so, wie sie ist, im Ungleichgewicht. Die 500 Euro müssen also auf der rechten Seite bleiben und lediglich woanders verbucht werden – nur wo?
Hier kommt nun das Eigenkapital ins Spiel, das wir bei der Bilanz-Einführung schon angesprochen haben, als wir sinngemäß schrieben: Rechts in der Bilanz sieht man, wer die Ansprüche auf das Vermögen links hat, nämlich die Geber von Eigenkapital und Fremdkapital. In unserem Beispiel oben haben Sie als Fremdkapitalgeber mit Ihrem Kontoguthaben noch Anspruch auf 9.500 Euro. Da aber insgesamt 10.000 Euro Vermögen zur Verfügung stehen, bleiben 500 Euro übrig, die weder Sie noch andere Fremdkapitalgeber beanspruchen. Damit ist die Rechnung einfach: Ansprüche, die keinem Fremdkapitalgeber zustehen, gehören den Eigentümern. Sie werden also dem Eigenkapital zugeschlagen, das ebenfalls auf der rechten Bilanzseite steht.
Rechnerisch lässt sich das Eigenkapital ganz leicht ermitteln, indem man vom Vermögen links die Schulden rechts abzieht. Was dann übrig bleibt, ist Eigenkapital. In unserem Beispiel kommen wir auf 500 Euro, die die Bilanz wieder zum Ausgleich bringen:
Aktiva
Passiva
Forderung an Sie
10.000
Ihr Girokonto (= Fremdkapital)
9.500
Eigenkapital der Bank
500
Bisher hatten wir in unseren Bilanzbeispielen das Eigenkapital stets vernachlässigt, weil es für unsere Fragestellungen nicht relevant war. Jetzt führen wir es ein, um Ihnen zu zeigen, dass eine Zinszahlung an eine Bank im Prinzip immer das Eigenkapital dieses Instituts erhöht. Insofern ist der Gedanke „das Geld ist jetzt bei der Bank“ also richtig.
Eine Konsequenz daraus ist allerdings, dass der gezahlte Zinsbetrag kein Geld im engeren Sinne mehr darstellt. Wenn man nämlich unter Geld nur die Guthaben auf Bankkonten versteht (neben Banknoten und Münzen), fallen die 500 Euro nun nicht mehr darunter. Dass daraus später aber wieder Geld werden kann, werden wir noch zeigen.
Außerdem landet in der Regel der größte Teil des Zinsbetrags gar nicht im Eigenkapital und damit nicht bei der Bank. Warum das so ist, klären wir jetzt.
2. Der Guthabenzins: Das Geld ist doch nicht bei der Bank
Eine Bank hat nämlich auch Kosten, die gedeckt werden müssen. Daher werden in der Praxis von den Zinseinnahmen zuerst die Ausgaben abgezogen und nur der verbleibende Rest steht der Bank und ihren Eigentümern zu. Der wichtigste Kosten-Posten sind dabei die Zinsen, die die Bank ihrerseits zahlen muss. Die Deutsche Bank zum Beispiel hat in den letzten Jahren fast die Hälfte der Zinsen, die sie selbst eingenommen hat, wieder für Zinszahlungen an andere ausgegeben. Aus ihrer Sicht waren dies Zinsaufwendungen, aus Sicht der Empfänger dagegen Guthabenzinsen.
Wir wollen uns jetzt anschauen, wie das Prinzip funktioniert. Ausgangspunkt ist wieder unsere Bankbilanz zum Zeitpunkt, kurz nachdem Sie Ihren 10.000-Euro-Kredit erhalten haben:
Aktiva
Passiva
Forderungen an Sie
10.000
Ihr Girokonto
10.000
Nehmen wir nun an, dass noch am selben Tag ein Anleger namens Axel 10.000 Euro Bargeld auf ein Tagesgeldkonto bei dieser Bank einzahlt. Danach sieht die Bankbilanz so aus:
Aktiva
Passiva
Forderungen an Sie
10.000
Ihr Girokonto
10.000
Bargeldbestand
10.000
Tagesgeldkonto Axel
10.000
Die Bankbilanz ist auf beiden Seiten auf 20.000 Euro angewachsen. Nehmen wir weiter an, dass Axel für sein Tagesgeld 2,5 Prozent Habenzins bekommt, während Sie fünf Prozent Kreditzins zu zahlen haben. Nach einem Jahr werden beide Zinszahlungen fällig. Von Ihrem Konto werden also 500 Euro abgebucht, davon werden 250 Euro sofort bei Axel gutgeschrieben und die restlichen 250 Euro – wie im vorangegangenen Beispiel – ins Eigenkapital gebucht. Die Bankbilanz sieht danach so aus:
Aktiva
Passiva
Forderungen an Sie
10.000
Ihr
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