Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)
heißt. Das klingt beruhigend – ich hätte die Mail also erleichtert in die Ablage befördern und mich wieder anderen Dingen zuwenden können. Stattdessen kam ich aber ins Grübeln: Die Einlagen
eines jeden Kunden
bei der Deutschen Bank sollen bis 7.500.000.000 Euro „voll geschützt“ sein? Bei 8,5 Millionen Kunden, die die Deutsche Bank hat, macht das – überschlägig gerechnet – 63.750.000.000.000.000 Euro. Eine Zahl, die man „63 Billiarden und 750 Billionen“ nennt. So viel Geld gibt es vermutlich auf der ganzen Welt nicht! Mich beschlich also der Verdacht, einer Spammail aufgesessen zu sein. Aber ein Blick auf den Absender überzeugte mich davon, dass es wohl tatsächlich ernst gemeint war. Ernst
nehmen
kann man es allerdings nicht.
Warum also versuchen die Banken, die sich doch gerne seriös geben, ihre Kundschaft mit solch aberwitzigen Hausnummern einzulullen? Schließlich verfügt der gesamte Einlagensicherungsfonds momentan nur über etwa 4,5 Milliarden Euro – und zwar für alle Mitgliedsbanken und alle deren Kunden gemeinsam! Und schon eine Pleite der weniger bedeutenden IKB-Bank hätte diesen Fonds vermutlich überfordert, weshalb der Staat bei der IKB einspringen musste, um sie vor dem Absaufen zu bewahren.
Fragwürdig mutet außerdem an, dass der Einlagensicherungsfonds ein großes Geheimnis daraus macht, über wie viel Geld er tatsächlich verfügt. Die Zahl von rund 4,5 Milliarden, die ich gerade nannte, stammt lediglich von Ex-Finanzminister Steinbrück, der sie einmal in einer nicht-öffentlichen Sitzung unter Bundestagsabgeordneten fallen gelassen haben soll. Danach muss sie von Volksvertretern ausgeplaudert worden sein; jedenfalls zirkuliert sie seitdem in der Presse. Offiziell erfährt man dazu aber nichts. Und genau das ist ein fragwürdiges Gebaren: Auf der einen Seite verlangen Banken nämlich von ihren Kunden, sich teilweise bis aufs Hemd zu offenbaren, wenn sie einen Kredit haben wollen. Auf der anderen Seite verweigern sie aber gerade jenen Einblick bei sich selbst, obwohl ihre Kunden ein ebenso berechtigtes Sicherheitsinteresse daran haben.
Außerdem bedienen sich seit Ausbruch der Finanzkrise immer mehr Banker des Modebegriffs der „größeren Transparenz“, die herrschen solle. Denn sie selbst leiden darunter, dass sie im Geschäft mit anderen Banken oft nicht einmal erahnen können, welche Risiken beim Geschäftspartner im Verborgenen liegen. Um ihren eigenen Einlagensicherungsfonds aber veranstalten sie eine solche Geheimniskrämerei. Das macht sie unglaubwürdig. Wer Transparenz fordert, muss auch selbst Transparenz liefern!
Zur Rechtfertigung führen die Banker gerne folgendes Argument ins Feld: Für die Kunden sei es doch völlig unerheblich, wie hoch die aktuellen Reserven des Fonds ausfallen. Sollte nämlich der Vorrat nicht reichen, würden die Mitgliedsbanken einfach so lange zur Kasse gebeten, bis genügend Geld beisammen sei. Das klingt zuerst einmal ganz plausibel. Leider wird dabei aber ein Umstand außer Acht gelassen, den wir alle kennen. Und zwar der Unterschied zwischen „etwas schon haben“ und „sich etwas erst noch beschaffen müssen“. Letzteres ist mit einer größeren Unsicherheit behaftet – selbst für Banken!
Und damit bin ich bei einem weiteren wichtigen Punkt: Die oben erwähnten Mondbeträge haben natürlich nur einen theoretischen Wert (wenn man von „Wert“ in diesem Zusammenhang überhaupt sprechen kann). Sie basieren auf der Annahme, dass sie niemals in Anspruch genommen werden. Schon bei der Pleite eines großen Instituts (vielleicht sogar schon einer mittelgroßen Bank vom Schlage der IKB) müsste sich die Einlagensicherung Abermilliarden bei ihren Mitgliedsbanken besorgen – was wiederum viele von ihnen in den Abgrund reißen und den Fonds damit sprengen würde. Das darf schlichtweg nicht passieren! Niemand kann Ihnen aber garantieren, dass es nicht passiert.
ANHANG 7
SCHAMPUS AUS ABWASSER
VON RAIMUND BRICHTA
Die folgende Kolumne erklärt, wie Finanz-Alchemisten Anfang dieses Jahrtausends gearbeitet haben. Der Text erschien im September 2007 bei telebörse.de und wurde mit dem State-Street-Preis für Finanzjournalisten 2008 ausgezeichnet
.
Was Jesus konnte, können unsere modernen Investmentbanker auch: Gemeinsam mit den Analysten von Ratingagenturen verwandeln sie Wasser in Wein. Das Prinzip funktioniert so: Zuerst suchen die Banker nach Krediten von weniger zahlungskräftigen Schuldnern, kaufen sie zu Tausenden auf und
Weitere Kostenlose Bücher