Die Wanderapothekerin 1-6
zu ängstigen.
»Das Leben der Gräfin hängt an einem dünnen Faden«, sagte er leise. »Der geringste Schrecken kann ihr den Tod bringen!«
»Das fürchte ich auch! Doch wollt Ihr in Zukunft in der Angst leben, Thomas’ Auftraggeber könnte einen neuen Mörder schicken?«, fragte Klara.
»Ich werde anhand des Stammbaums meiner Familie herausfinden, wer nach mir der nächste Erbe ist, diesen aufsuchen und ihn zur Rechenschaft ziehen!« Die Stimme des Barons klang hart.
Dennoch wagte Klara einen Einwand. »Und wenn dieser Mann unschuldig ist und der wahre Mörder plant, auch ihn umzubringen? Ihr würdet diesem damit in die Hände spielen und wärt im Grunde nicht besser als Euer Feind.«
»Das werde ich hoffentlich früh genug herausfinden«, erklärte der Baron. »Jetzt werde ich mich erst einmal im Schloss einquartieren, um die Gräfin zu beschützen. Das heißt, wenn die Mamsell mich hier duldet.«
Er lachte verlegen, denn ganz wohl war ihm nicht bei diesem Vorhaben. Zu lange hatte man ihn hier im Schloss als Todfeind angesehen.
Als er jedoch wenig später die Mamsell fragte, lächelte diese erleichtert. »Es wäre mir eine große Beruhigung, mein Herr. Schließlich hat der elende Vorkoster Eure Unschuld bewiesen. Seinen Worten zufolge wärt Ihr sein nächstes Opfer geworden.«
»Gott sei gedankt, dass es nicht dazu gekommen ist! Doch nun sollten wir den Herrn im Himmel im Gebet anflehen, auch Gräfin Griselda zu verschonen. Ich wünsche mit jeder Faser meines Herzens, dass sie überlebt und ein gesundes Kind gebiert. Für sie und auch für mich. Nur dann ist mein Ansehen vor der Welt wiederhergestellt.«
Klara spürte seine Wut auf den Mann, der seine Ehre in Misskredit gebracht hatte, und wünschte ihm Erfolg dabei, diesen auszumachen. Dann aber sagte sie sich, dass das nicht ihre Sache war, und wandte sich an die Mamsell.
»Wenn du nichts dagegen hast, werden Martha und ich morgen früh weiterziehen!«
»Das geht nicht!«, rief die Frau aus. »Emma sagte, du hättest ganz sanfte Hände und könntest Ihre Erlaucht besser pflegen als sie selbst. Du musst bleiben, bis es Gräfin Griselda bessergeht.«
»Der Meinung bin ich auch«, stimmte Baron Ludwig ihr zu.
»Aber Herr Tobias erwartet mich in wenigen Tagen in Michelstadt«, rief Klara verzweifelt.
»Wir werden einen Boten schicken, der ihm mitteilt, dass du später kommst!« Baron Ludwig ließ keinen Zweifel daran, dass es so zu geschehen hatte, und so zog Klara sich missmutig in die Kammer zurück, die sie nun wieder mit Martha teilte.
Wenig später öffnete Emma die Tür. »Ihre Erlaucht wünscht, dass du sie wäschst!«
Da dies sonst ihre Aufgabe gewesen war, klang ihre Stimme ein wenig eifersüchtig.
Klara atmete einmal tief durch, stand auf und trat zur Tür. »Gehen wir! Übrigens habe ich heute noch kein Abendessen erhalten. Ihr habt die vergiftete Suppe doch hoffentlich weggeschüttet?«
»Natürlich!«, erklärte die Zofe. »Ich danke dir so sehr, dass du diesen elenden Schurken entlarvt hast. Was hat Thomas sich überhaupt eingebildet? Fragt den alten Grafen, ob er mich bekommen kann, ohne auch nur im Geringsten zu fragen, ob ich ihn will.«
»Er war kein guter Mensch«, erwiderte Klara und ging in die Gemächer der Gräfin hinüber.
Dort stand warmes Wasser bereit, und im Ankleideraum lagen ein frisches Nachthemd und gestrickte Bettsocken, die verhindern sollten, dass es die junge Gräfin an den Füßen fror.
»Da bist du ja!«, sagte Griselda von Waldstein erstaunlich munter. »Ich möchte, dass du mich wäschst. Wenn Graf Ludwig mich aufsucht, kann ich unmöglich so aussehen wie jetzt.«
»Graf Ludwig?«, fragte Klara verwirrt.
»Da er an dem, was ihm vorgeworfen wurde, unschuldig ist, hat er das Recht, seinen Grafentitel zu tragen. Und nun mach rasch! Ich will meinen Retter nicht warten lassen.«
Klara senkte den Kopf, damit die Dame ihr Gesicht nicht sehen konnte, denn sie ärgerte sich so, dass sie am liebsten wieder gegangen wäre. Immerhin hatte sie verhindert, dass der Vorkoster Thomas der Gräfin die Kehle hatte durchschneiden können. Doch das galt bei der Dame anscheinend nichts. Sie fragte sich, ob sie Griselda von Waldstein vielleicht ein wenig rauher anfassen sollte, damit diese sie rasch weiterziehen ließ. Es war jedoch nicht ihre Art, anderen absichtlich Schmerzen zuzufügen, und so machte sie sich mit aller Sorgfalt ans Werk.
Dabei musterte sie den mageren Körper der Gräfin und deren vorgewölbten Leib und
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