Die Wanderapothekerin 1: Ein beherztes Mädchen (German Edition)
Felldecke, die einen so strengen Geruch verströmte, dass sie den Kopf abwenden musste.
»Mit der Laterne können wir jetzt die Höhle suchen, in der die junge Frau sich befindet«, sagte sie zu Görch, obwohl sie am liebsten davongelaufen wäre.
Da lachte der Köhler hämisch auf. »Da musst du nicht lange suchen!« Mit den Worten stieß er das Mädchen tiefer in die Höhle.
Diese zog sich viel weiter in den Berg hinein, als Klara erwartet hatte, und es wurde ihr immer unheimlicher. Auch Görchs Worte und sein Benehmen stießen sie ab. Daher blieb sie stehen und drehte sich um.
»Weshalb müssen wir nicht lange suchen?«
»Weil wir fast dort sind!«
»Du wusstest, dass das Mädchen sich hierher verirrt hat, und hast ihm nicht geholfen?«, rief Klara empört.
Das Lachen des Köhlers wurde so laut, dass es misstönend von den Höhlenwänden widerhallte.
»Was heißt hier geholfen?«, rief er, als er sich wieder etwas beruhigt hatte. »Ich habe sie hier selbst eingesperrt, und dasselbe tue ich jetzt auch mit dir!«
Klara erstarrte vor Schreck. »Aber wieso? Oh nein! Du bist der Unhold!«
»… und du ein kluges Mädchen!«, verspottete Görch sie. »Nur hast du das zu spät begriffen. Jetzt bist du in meiner Hand!«
Mit einem Aufschrei stieß Klara ihn zurück und wollte an ihm vorbei zum Ausgang der Höhle rennen. Doch der Köhler fing sie wieder ein und versetzte ihr ein paar kräftige Ohrfeigen.
»Damit du weißt, wer dein Herr ist!«, sagte er grinsend und schob sie weiter in die Höhle hinein.
Halb benommen durch die Schläge, gelang es Klara nicht, sich dem Griff des Mannes zu entziehen. Kurz darauf fiel der Fels steil in die Tiefe. Das Licht von Görchs Laterne reichte nicht weit genug, um den Grund erkennen zu können.
Der Köhler stieß Klara zu Boden, stellte die Laterne außerhalb ihrer Reichweite auf einen Sims und zog eine Strickleiter aus einem Loch in der Wand. Diese befestigte er an zwei in den Stein geschlagene Haken und ließ sie in die Tiefe.
»Steig hinab! Schnell, sonst werfe ich dich hinunter! Aber dann brichst du dir sämtliche Knochen.«
Verzweifelt suchte Klara nach einem Ausweg. Da sie nicht an Görch vorbeikam, beschloss sie, vorerst zu gehorchen, und kletterte mit zitternden Knien die Strickleiter hinab. Schon bald befand sie sich außerhalb des Scheins der Laterne und hielt an.
Görch schien es zu merken, denn er schrie von oben herab: »Mach, dass du nach unten kommst, du Metze, oder …« Er sprach die Drohung nicht aus, sondern zerrte mehrmals kräftig an der Strickleiter, so dass Klara beinahe den Halt verloren hätte und abgestürzt wäre. Voller Angst stieg sie weiter nach unten und traf schließlich auf felsigen Boden.
Rasch ließ sie die Strickleiter los und drehte sich um. Es war stockdunkel um sie herum, dafür aber hörte sie unterdrücktes Schluchzen und begriff nun, dass die Höhle, in der sie sich befand, nicht gerade klein sein konnte.
»Hallo, ist da jemand?«, fragte sie.
Das Schluchzen wurde stärker, dann klang die bange Frage auf. »Hat dich dieser Dreckskerl auch gefangen?«
»Ich habe im Wald deine Rufe gehört und wollte Hilfe holen. Leider bin ich dabei an den Schurken geraten. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Görch der gesuchte Unhold ist«, antwortete Klara.
Mit einem Mal wurde es heller, und Klara fürchtete schon, der Köhler würde herabklettern, doch der ließ nur die Laterne an einer Schnur hinab. Als diese am Boden stand und Klara anleuchtete, lachte Görch höhnisch auf.
»Du hast mir schon früher ins Auge gestochen, Mädchen. Jetzt habe ich dich! Sobald mein Meiler fertig ist, komme ich, und dann gehörst du ebenso mir wie die andere Metze. Damit du siehst, wo du bist, lasse ich dir die Laterne. Binde die Schnur los, an der sie hängt!«
»Darauf kannst du lange warten!«, rief Klara wuterfüllt.
»Auch gut!«, antwortete er mit einem Lachen, das seine Vorfreude auf tausend Gemeinheiten verriet. Einen Augenblick später fiel die Schnur herab, und der Köhler zog die Strickleiter nach oben.
»Bis bald, ihr zwei Hübschen!«, rief er noch. Dann vernahm Klara sich entfernende Schritte.
Zuerst bedachte sie Görch mit allen Schimpfworten, die ihr einfielen. Aber nach einer Weile überwog ihre Besorgnis die Wut. Ihre anfängliche Hoffnung, man würde sie suchen und ihre Stimme im Wald ebenso hören, wie sie die Hilferufe ihrer Leidensgefährtin vernommen hatte, schwand jedoch rasch. Den Geschwistern hatte sie erzählt, sie wolle nach
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