Die Wanderapothekerin 5: Gefährliche Wege (German Edition)
spotten, wenn man euch zum Richtplatz führt.«
»Ich mache euch keine Schwierigkeiten«, versprach der Räuber traurig, »und Peter ist dazu nicht mehr in der Lage. Bei Gott, mir wird übel, wenn ich daran denke, wie uns die beiden Weiber an der Nase herumgeführt haben. Wir hätten sie gleich auf den Rücken legen und ihnen danach all ihr Geld wegnehmen sollen. Sollen ja auch genug dabeigehabt haben.«
»Woher weißt du das?«, fragte Tobias verwundert.
»Der andere Buckelapotheker hat es erzählt«, sagte der Räuber. »Meinte, die Mädchen hätten gute Einnahmen gehabt. Wie giftig die Hexen werden können, hat er uns jedoch verschwiegen.«
»Der andere Buckelapotheker? Meinst du etwa Alois Schneidt?«
Der Galljockel nickte. »Ja, der war’s! Der Teufel soll ihn holen.«
Das soll er wirklich, dachte Tobias und überlegte, was Klaras Onkel geritten haben mochte, diese beiden Schufte auf seine Nichte zu hetzen.
13.
K lara und Martha atmeten erleichtert auf, als der Wald endlich hinter ihnen zurückblieb und sie hinter einigen Feldern das nächste Dorf erspähten.
»Geschafft!«, rief Martha und zwinkerte Klara zu. »Wir sollten als Erstes unsere Vorräte ergänzen, denn wir haben kaum mehr was zum Beißen.«
»Die Bewohner haben gewiss etwas übrig«, meinte Klara und schritt mit dem Reff auf dem Rücken weiter. Bereits beim ersten Hof sah sie eine Frau im Garten arbeiten.
Sie blieb stehen. »Gott zum Gruß, gute Frau. Ich bin die Tochter des Wanderapothekers Martin Schneidt, den du gewiss gekannt hast, und die Schwester von Gerold Schneidt, der im letzten Jahr die Arzneien ausgetragen hat.«
»Den Schneidt-Martin, den kenne ich. Ist der andere der junge Bursche, der letztes Jahr gekommen ist?«, fragte die Bäuerin.
Klara nickte. »Das war er! Er ist ebenso wenig von seiner Wanderung zurückgekehrt wie unser Vater. Darum trage ich heuer die Elixiere und Essenzen für Herrn Just aus. Hier, das ist mein Pass. Fürst Ludwig Friedrich hat mir höchstselbst erlaubt, die Arzneien auszutragen. Sag mir, was du brauchst, und ich kann es dir geben.«
»Ein paar Sachen brauche ich schon. Nur wundert’s mich, dass heuer ein Mädchen geschickt wird.«
»Mein jüngerer Bruder ist noch zu klein dazu, und so musste ich einspringen, um das Privileg der Familie zu erhalten«, erklärte Klara.
»Mir soll’s recht sein. Kommt herein!« Die Bäuerin stellte ihre Hacke beiseite, ging zu dem Brunnentrog neben dem Haus und wusch sich dort die Hände.
Klara tat es ihr nach. Da das Wasser, welches aus dem hölzernen Rohr trat, kühl und klar war, stillte sie auch ihren Durst.
Nachdem Martha sich ebenfalls die Hände gewaschen und etwas Wasser getrunken hatte, folgten die beiden der Bäuerin ins Haus. In der Küche entdeckte Martha Brotlaibe, die sicher vor Mäusen und Ratten auf einem unter der Decke hängenden Gestell lagen.
»Das Brot riecht aber gut«, meinte sie und schnüffelte betont.
»Mein Brot ist auch gut! Willst du probieren?« Die Bäuerin schnitt ein Stückchen ab und reichte es Martha. Danach sah sie Klara an und gab auch ihr ein Stück.
»Seid wohl durch den verwunschenen Wald gelaufen. Dein Vater hat es auch immer getan und gemeint, ihm täten die Geister der Toten nichts. Ist auch bis jetzt immer durchgekommen.« Die Bäuerin schwieg kurz und fuhr nachdenklich fort: »Es heißt, in dem Wald sollen sich zwei üble Räuber verbergen. Man nennt sie den Galljockel und den Knüppelpeter. Ihr könnt euch glücklich schätzen, denen nicht begegnet zu sein.«
»Aber wir …«, setzte Martha an und spürte dann Klaras Fingernägel an ihrem Unterarm. Der Blick ihrer Freundin warnte sie davor, von ihrem Abenteuer mit den Räubern zu erzählen.
»Was ist denn los?«, fragte Martha leise, während die Bäuerin in den Nebenraum trat, in dem sie ihre Kräuter und Hausmittel verwahrte.
»Wir sollten darüber schweigen«, raunte Klara ihr zu. »Die Leute würden nicht verstehen, dass wir beide mit den Schurken fertigwerden konnten, und wer weiß was vermuten!«
»Du meinst Hexerei?« Martha schluckte, daran hatte sie nicht gedacht. Mit einem Mal war es ihr, als würde sie Graf Bennos Finger auf ihrem Leib zu spüren – und den zähen, klebrigen Honig, mit dem er sie eingeschmiert hatte. Auch hier würde es Probleme mit sich bringen, wenn man sie für Hexen hielt. Zwar wurden die Scheiterhaufen heutzutage nicht mehr so oft entzündet wie noch vor vierzig oder fünfzig Jahren, aber sicher war man als Frau
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