Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
Tribut, und so wachte er nicht auf, als früh am Morgen ganz in seiner Nähe leichte Schritte aufklangen. Klara und Martha hatten wenig mehr als fünfhundert Schritte von ihm entfernt im Wald übernachtet und sich zeitig wieder auf den Weg gemacht.
Mit einem Mal hörten die beiden Mädchen ein Pferd wiehern und blieben stehen. »Das war ganz nahe!«, fand Martha. »Wer kann das sein?«
»Ich glaube nicht, dass wir das erkunden sollten«, antwortete Klara und ging weiter.
»Hat er denselben Weg wie wir, wird er uns bald einholen, und wenn nicht, ist es auch gut«, meinte Martha. Es klang bedauernd, denn ihre Neugier war stärker ausgeprägt als die von Klara, aber auch sie wollte weder einem Räuber noch einem entlaufenen Soldaten begegnen.
Ohne zu ahnen, wie knapp er Klara verpasst hatte, wachte Tobias eine halbe Stunde später auf. Sein Begleiter wusch sich bereits am Bach. Als er Tobias sah, sagte er: »Wollen wir hoffen, dass wir heute die Frauenzimmer finden oder zumindest eine brauchbare Schenke. Wir haben nämlich nur Wasser zu trinken, und zum Frühstück gibt es einen Rest Brot.«
Tobias nickte entsagungsvoll und machte morgendliche Katzenwäsche. Als sie nach einer Weile losritten, wünschte er sich, rasch auf Klara zu treffen und ihr wirklich den Hintern zu versohlen.
Mit jeder Viertelmeile, die sie zurücklegten, wurde seine Laune schlechter. Gegen Mittag erreichten sie ein Dorf weit abseits jeder Handelsstraße, das höchstens zwei-, dreimal im Jahr von einem Kiepenhändler und noch seltener von einem Wanderapotheker aufgesucht wurde. Die Bewohner musterten ihn und seinen Begleiter verwundert, denn wer hierherkam, konnte nur zu ihnen wollen. Der Weg, der weiter über die Höhen führte, war für Pferde zu beschwerlich und der Wald um sie herum zu dicht.
»Gottes Gruß!«, begann Tobias und hob die Hand zum Zeichen, dass er in friedlicher Absicht kam.
»Gott zum Gruß!«, antwortete ein vierschrötig aussehender Mann.
»Ich bin auf der Suche nach einer jungen Frau, die als Wanderapothekerin durch die Lande zieht«, erklärte Tobias.
»Was willst du von ihr?«, fragte der andere misstrauisch.
Tobias atmete tief durch und lächelte. »Ich mache mir Sorgen um sie, denn sie ist über die Zeit ausgeblieben.«
»Die musst du dir nicht machen. Sie war gestern mit ihrer Begleiterin hier. Eigentlich müsstest du unterwegs auf sie getroffen sein!«
Die Auskunft erleichterte Tobias, gleichzeitig aber fragte er sich, wie er Klara verfehlt haben konnte. Schließlich musste sie auf dem Weg zurückgegangen sein, den er gekommen war. Doch als er nachfragte, blieb der Dörfler bei seiner Auskunft.
»Wir hatten ihr angeboten, hier zu übernachten, aber sie sagte, sie wäre in Eile und könne nicht bleiben«, fuhr er fort. »Ihrer Helferin war dies nicht recht, aber sie hat sich durchgesetzt.«
»Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als ihnen nachzureiten. Hab Dank für deine Auskunft! Ich würde mich allerdings freuen, wenn ihr uns ein wenig Brot geben könntet. Auf eine Herberge werden wir so schnell wohl nicht treffen«, sagte Tobias mit einem missratenen Grinsen.
»Das werdet ihr nicht!«, meinte der Bauer. »Aber wir haben nur schwarzes Brot, und das mag nicht jeder.«
»Wer richtig Hunger hat, dem schmeckt alles!« Tobias’ Laune stieg, als eine Frau ihm und dem Reitknecht je ein gut faustgroßes Stück Brot und etwas Ziegenkäse reichte.
Der Käse verströmte zwar einen strengen Geruch, doch sein Hunger war mittlerweile groß genug, um selbst gebratene Frösche für eine Delikatesse zu halten. Er bedankte sich und wollte der Frau ein paar Groschen geben. Sie nahm das Geld allerdings erst an, als er sie dazu drängte. Herzlich verabschiedete er sich und setzte sich mit seinem Begleiter auf Klaras und Marthas Spuren. Das Brot und den Käse aßen die beiden Männer während des Ritts.
Nach einer Weile seufzte der Reitknecht. »Findet Ihr den Käse nicht auch recht scharf? Da bekommt man direkt Durst! Doch gibt es hier weit und breit keine Schenke, in der wir einen Krug frischen Bieres bekommen könnten.«
»Wir können dort, wo wir übernachtet haben, Wasser trinken«, antwortete Tobias und dachte sich, dass Klara und Martha seiner Schätzung nach einen Vorsprung von etwa sieben bis acht Stunden hatten. Die, so hoffte er, würde er bis zum Abend des nächsten Tages aufholen.
Fünfter Teil
Gefährliche Wege
1.
K lara atmete auf, als sie die Mauern von Michelstadt vor sich sah. Endlich hatten sie
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