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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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    Ä rger trägt ein rotes Kleid, so lautete mein erster Gedanke, als das Mädchen den Greifenkopf betrat. Der zweite besagte, dass das Kleid ihr nicht so gut passte, wie es sich für das Mädchen einer Dame geziemte. Es war für jemanden geschneidert worden, der größere Brüste und breitere Hüften hatte als seine derzeitige Trägerin. Nicht dass sie schlecht darin ausgesehen hätte. Die Verpackung passte nur nicht so ganz, aber der Inhalt des Pakets machte die Präsentation mehr als wett.
    Das schlecht sitzende Kleid stellte jedenfalls ein Rätsel dar. Rot war die neueste Mode der Bediensteten der großen Häuser von Tien, und wenn eine durchschnittliche Herzogin auch keine gesprungene Tasse darum geben würde, ob die Kleidung ihrer Bediensteten passte oder nicht, kümmerte es sie doch ganz enorm, wenn deren Aussehen ein schlechtes Licht auf sie selbst werfen würde. Diese Mode war noch zu jung für die Weitergabe gebrauchter Kleider, was bedeutete, dass dieses Kleid nicht dem Mädchen gehören konnte, das es derzeit trug.
    Das schöne Kind drehte sich in meine Richtung und marschierte quer durch den Raum, ohne das schmutzige Stroh, das im Greifen den Boden des Gastraums bedeckte, auch nur eines Blickes zu würdigen. Jerik, der Eigentümer der Taverne, wechselte es, ob es nun nötig war oder nicht, einmal pro Jahr, sehr zum Ärger der Ratten und ihrer exotischeren magischen Spielgefährten, den Schleichern und Tässchen. Addierte ich die Gleichgültigkeit gegenüber all den scheußlichen Dingen im Stroh zu ihrer Schrittlänge und ihrem Gesichtsausdruck dazu,musste ich meine Meinung revidieren, das war kein »Mädchen«, das war eine Frau, wenn auch eine sehr junge.
    »Bist du der Löhner?«, fragte sie, als sie meinen Tisch erreicht hatte. Dabei beugte sie sich zu mir herab, umrahmt von dem einzigen Licht im ganzen Raum, das einer düsteren und arg verschrammten Magierlampe in Form eines Lüsters entstammte.
    »Ich bin ein Löhner, und ich bin frei, falls Ihr einen braucht.« Ein Schattenlöhner, eine freischaffende Allzweckwaffe der Unterwelt – wie tief war ich doch seit den alten Tagen gefallen.
    »Man sagte mir, ich solle Ausschau halten nach Aral ...«
    Sie zog das Wort in die Länge, bis es beinahe wie eine Frage klang, so als hoffte sie, ich würde ihr ein bisschen mehr liefern als meinen Vornamen, eine Taktik, die ich aus ausuferndem persönlichen Gebrauch kannte, und eine, deren Opfer ich nicht werden wollte. Aber wenn ich auch weiterhin in der Lage sein wollte, meine Zeche zu bezahlen, brauchte ich Arbeit, also nickte ich.
    »Aral ist ein Name, auf den ich reagiere. Unter anderen. Wozu braucht Ihr einen Löhner?«
    »Finden wir doch erst einmal heraus, ob du der Richtige für die Aufgabe bist, die mir vorschwebt.«
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie mein Schatten sich langsam nach links bewegte, als wollte er einen genaueren Blick auf die junge Frau werfen. Ich beugte mich in die gleiche Richtung, um die Bewegungen des Schattens zu tarnen, und stieß dabei unbeabsichtigt mit dem Ellbogen meine Whiskeyflasche vom Tisch. Sie schlug mit leisem Krachen im Stroh auf, brach aber nicht entzwei. Nicht dass das noch etwas ausgemacht hätte. Ich hatte den letzten Rest ihres Inhalts bereits vor zwanzig Minuten getrunken. Was auch der Grund sein könnte, warum ich sie nun umgestoßen hatte.
    »Kleinen Augenblick bitte«, sagte ich und bückte mich, um die Flasche aus dem modernden Stroh zu ziehen.
    Verborgen hinter dem Tisch nahm ich die Gelegenheit wahr,Triss mit der linken Hand ein scharfes »Nein« zu signalisieren. Ich konnte es mir nicht leisten, dass irgendjemand merkte, wie sich mein Schatten aus eigenem Antrieb bewegte, nicht, solange ein Preis auf unsere Köpfe ausgesetzt war – eigentlich waren es sogar mehrere Preise, denn es gab mehr als nur eine Partei, die ein Interesse an uns hatte. Und sogar in der dunkelsten Ecke gab es in dieser schäbigen Taverne immer noch genug Licht, damit ein geschultes Auge einen potentiell verhängnisvollen Zusammenhang herstellen konnte.
    Im Stillen verfluchte ich meinen Schattenvertrauten, als ich die Flasche wieder auf den Tisch stellte. Hör mit dem verdammten Scheiß auf, Triss! Aber das war nur ein Ausdruck meines Missmuts. Solange ich die Worte nicht laut aussprach, konnte Triss mich nicht hören, und täte ich es, könnte ich mir genauso gut gleich selbst die Kehle durchschneiden und der Sache ein Ende machen. Der Finsterling hörte auf, sich zu rühren, aber

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