Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
lassen, eilte er hinter Tobias her, ohne diesen zu Fuß ein- oder gar überholen zu können. In Gedanken verfluchte er den Sohn des Laboranten, aber auch Rumold Just, weil dieser Tobias mitgeschickt hatte. Nun musste er den jungen Mann ebenfalls beseitigen. Offen ging da nichts, denn der Bursche war flink und kräftig, während er die Jahre spürte, die er auf dem Buckel hatte.
Als er Klara und Tobias endlich entdeckte, fluchte er noch mehr. Tobias saß auf einem Pferd und hatte zudem einen Reitknecht bei sich. Alois Schneidt überlegte, ob er sich zeigen und versuchen sollte, heimlich einen nach dem anderen umzubringen. Doch wenn er das tat, würden die beiden Hinterbliebenen nach dem ersten Toten misstrauisch werden.
Daher versteckte er sich in einem Gebüsch, bevor die Gruppe auf ihn aufmerksam werden konnte, und beobachtete kurz darauf erleichtert, wie Tobias dem Reitknecht sein Pferd übergab und dieser davonritt. Nun hatte er es noch mit dreien zu tun. Wenn es ihm gelang, Tobias frühzeitig zu erledigen, musste er nur noch die beiden Mädchen aus der Welt schaffen.
Die drei gingen direkt an dem Gebüsch vorbei, in dem er steckte, und er konnte für einige Augenblicke ihr Gespräch belauschen. Wie es aussah, stach Tobias wirklich der Hafer, mit seiner Nichte ins Bett zu steigen. Reglind hätte ihn für sich gewinnen müssen, dachte er und vergaß dabei ganz, dass seine Tochter dies auch schon versucht hatte. Statt die notwendige Geduld aufzubringen, ihn einzuwickeln, war sie auf die Versprechungen eines anderen Laborantensohns hereingefallen und hatte diesem ihre Jungfernschaft geopfert. Dennoch hatte sie ihn nicht zu einer Heirat bewegen können.
»Reglind wird einen Bräutigam bekommen, bei dem allen die Augen ausfallen werden«, knurrte Alois Schneidt.
Um nicht vorzeitig entdeckt zu werden, wartete er noch eine Weile, bevor er den dreien folgte. Da Klara ihr Reff trug und er nicht, konnte er schneller gehen als sie und die Gruppe auf einem anderen Pfad überholen. Außerdem würde er weitere Zeit gewinnen, weil Klara an diesem Tag noch mindestens zwei Dörfer aufsuchen und dort ihre Arzneien verkaufen würde.
Alois Schneidt umging diese Dörfer im weiten Bogen. Schließlich erreichte er eine Stelle, die ihm geeignet erschien. Dichtes Gebüsch erlaubte einen Angriff aus dem Hinterhalt auf Tobias, und ein steil aufsteigender Hang zur Rechten würde die Mädchen auf der Flucht behindern. Zudem bildete links ein kleiner Fluss erst ein paar kleine Teiche, sprang dann wild schäumend über Felsblöcke hinab und eilte dem Rhein entgegen.
Da Schneidt neben dem Reff auch seinen Wanderstab zurückgelassen hatte, brach er einen dicken Ast ab und schnitt ihn zurecht. Für einen Augenblick dachte er an den Knüppelpeter, dessen bevorzugte Waffe so ein Prügel gewesen war. Nun war der Räuber zum Fraß für die Raben geworden. Bei dem Gedanken schauderte es ihn. Dann aber sagte er sich, dass die Tiere des Waldes bald genug zu fressen bekommen würden. Ein junger Mann und zwei Mädchen von etwa siebzehn, achtzehn Jahren würden den Bären und Wölfen gewiss gut schmecken.
Schneidt kicherte bei dieser Vorstellung. Dabei erinnerte er sich daran, dass Klaras Begleiterin ein ausnehmend hübsches Ding war. Was hinderte ihn daran, sich ein wenig Spaß mit ihr zu gönnen, bevor er sie umbrachte? Für die ganze Aufregung hatte er eine Belohnung verdient, dachte er und freute sich auch darauf, sowohl Klaras wie auch Tobias’ Geld in den eigenen Beutel wandern zu lassen.
10.
A ls die Dämmerung aufzog, begriff Alois Schneidt, dass seine Nichte an diesem Tag nicht mehr vorbeikommen würde. Die Nacht im Wald schreckte ihn nicht, aber er hatte Hunger und nichts Essbares bei sich. Als Trunk musste ihm das Wasser eines Baches reichen, der ein Stück weiter oben in den Fluss mündete. Verdrossen suchte er sich eine Stelle, von der aus er den Weg im Auge behalten konnte, zog seinen Rock wie eine Decke über sich und schlief nach kurzer Zeit ein.
In der Nacht träumte er vom Gold seines Bruders, welches sich als so gewaltiger Schatz entpuppte, dass er ihn kaum zu tragen vermochte. Er überschüttete sein Weib und seine Tochter mit den kleinen, schüsselförmigen Münzen, bis sie nahezu darunter verschwanden. Während er noch mit beiden Armen im Gold zu wühlen glaubte, erwachte er und begriff zuerst nicht, was er hier im Wald zu suchen hatte. Erst nach einigen Augenblicken kehrte die Erinnerung zurück. Bevor er seine Hand auf
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