Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
sie zu und schwang fröhlich seinen Hut über dem Kopf.
8.
A ls Klara das Pferd hinter sich hörte, wäre sie am liebsten losgelaufen und hätte sich versteckt. Das nächste Gebüsch war jedoch mehrere Steinwürfe entfernt und zu klein, um sie und Martha zu verbergen. Bis zum Wald war es fast eine Viertelmeile, und die würde sie nicht rechtzeitig schaffen. Daher straffte sie den Rücken und sagte sich, dass es nicht unbedingt übelwollende Menschen sein mussten, die sie erneut verschleppen würden. Ein rascher Blick über die Schulter zeigte ihr zudem, dass es sich nur um zwei Reiter handelte, und mit denen würden sie und Marthas wohl fertigwerden.
Da weiteten sich ihre Augen. »Herr Tobias, Ihr?«
»In eigener Person!« Tobias hielt sein Pferd an, sprang aus dem Sattel und umarmte sie. »Ich bin froh, dass ich dich gefunden habe!«
Dann küsste er sie und lachte über ihren verdatterten Blick.
»Was fällt Euch ein!«, schimpfte sie, während sie ihn energisch von sich schob.
»Er zeigt doch nur seine Freude, dich zu sehen«, spottete Martha und umarmte ihrerseits Tobias. Zu küssen wagte sie ihn jedoch nicht, um Klaras Eifersucht nicht anzuheizen.
»Auf jeden Fall freuen wir uns über Euer Kommen«, fuhr Martha fort. »Wir haben unterwegs nämlich einiges erlebt. Denkt Euch, französische Soldaten haben uns in ihr Lager verschleppt!«
Sie verstummte einen Augenblick und amüsierte sich über Tobias’ entsetztes Gesicht.
»Was haben sie mit euch gemacht?«, fragte er angespannt.
»Der Colonel der Franzosen war schwer verletzt und ihr Regimentschirurg tot. Da dachten sie, eine Wanderapothekerin könnte dem Verletzten helfen. Klara hat das auch ausgezeichnet gemacht. Sie konnte sogar die Kugel aus der Brust des Franzosen holen! Aus Dankbarkeit hat man uns ein wenig Geld gegeben und uns sonst in Ruhe gelassen.«
»Gott sei Dank!«, rief Tobias aus. »Bei Gott, ich wollte, ich wäre bei euch gewesen, um euch zu beschützen.«
»Ich glaube kaum, dass Ihr mit über hundert Franzosen fertiggeworden wärt«, erklärte Klara. »In der Hinsicht war es ganz gut, dass Ihr nicht bei uns gewesen seid, denn Ihr hättet gewiss etwas Dummes angestellt.«
Tobias zog ein wenig den Kopf ein. Besonders viel schien Klara ja nicht von ihm zu halten, dachte er bedrückt. »Ich freue mich, dass es gut ausgegangen ist. Immerhin habe ich eine gute Nachricht zu vermelden!«
»Eine gute Nachricht?«
»Ja! Ich habe deinen Bruder gefunden.«
»Gerold! Wo?« Klara fasste nach Tobias’ Händen und sah ihn so glückselig an, dass es ihm leidtat, ihr dennoch Kummer bereiten zu müssen.
»Nur wenige Stunden von hier! Allerdings hat er sich bei einem Sturz in eine Schlucht schwer verletzt, und man musste ihm einen Teil des rechten Beines abnehmen.«
»Bei Gott, wie entsetzlich!«, rief Klara aus.
»Es hätte schlimmer kommen können, hätte nicht die Tochter des Apothekers um die Zeit Kräuter und Pilze gesammelt. Sie hat Gerold entdeckt und dafür gesorgt, dass er in das Haus ihres Vaters gebracht wurde. Nur ihrer fürsorglichen Pflege ist es zu verdanken, dass er überlebt hat.«
»Aber warum hat er uns keine Botschaft geschickt?«
»Wie hätte er es tun sollen, da er doch schwer verletzt und zudem ausgeraubt worden war? Er konnte von Glück sagen, dass der Apotheker Pulver sich dem Wunsch seiner Tochter gebeugt und dem armen Gerold Unterkunft und einen Platz an seinem Tisch gegeben hat.«
»Gott segne dieses Mädchen!«, rief Klara aus.
»Das soll er wirklich tun! Es gibt aber noch etwas. Gerold will nicht mehr in die Heimat zurückkehren, in der er höchstens noch Spanschachteln anfertigen könnte. Besäße er ein wenig Geld, könnte er das Bürgerrecht jener Stadt erwerben. Dann würde der Apotheker ihn als Lehrling annehmen, und seine Tochter – nun, die hätte nichts gegen die Heirat mit einem Einbeinigen. Sie hat Gerold gefunden, ihn am Leben erhalten und sich in ihn verliebt.«
»Wie viel Geld braucht er? Die Franzosen haben mir eine kleine Belohnung gegeben. Außerdem habe ich noch das Geld, das Graf Benno von Güssberg mir zahlen musste. Ich könnte ihm auch noch etwas von meinem Gewinn aus dem Arzneihandel zukommen lassen. Ich brauche nicht mehr als die Summe, um im nächsten Jahr von Eurem Vater neue Arzneien kaufen und die gewöhnlichen Steuern zahlen zu können. Meine Mutter, meine Geschwister und ich kommen schon irgendwie über den Winter. Das haben wir die letzten beiden Jahre auch geschafft, als Vater
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