Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
aber straffte sie die Schultern, hob ihr Reff auf und wollte das Gasthaus verlassen. Da stand auf einmal die Wirtin vor ihr und hielt ihr die offene Hand hin.
»Erst bezahlen, bevor du gehst. Dein Vater ist stets nach dem Ende des Marktes ins nächste Dorf weitergewandert, um dort noch etwas zu verkaufen. Wenn du es genauso hältst, sehe ich dich nie wieder.«
Bei diesen Worten erstarrte Klara. Während der Übernachtungen unterwegs hatte sie nie daran gedacht, dass sie eigentlich für Speis, Trank und Unterkunft hätte bezahlen müssen. Ihr Blick wanderte zu Tobias. Dessen Grinsen zeigte ihr, dass er bisher ihre Zeche beglichen hatte. Damit stand sie in seiner Schuld und würde ihm das Geld so bald wie möglich zurückgeben. Nun aber reichte sie der Wirtin die Münzen, die diese von ihr forderte, und verließ den Gasthof. Es blieb nicht die einzige Ausgabe an diesem Tag. Kaum hatte sie den Marktplatz erreicht, da stach ein Beamter des Magistrats auf sie zu.
»Wer bist du, und was willst du hier?«, fragte er streng.
»Ich bin Klara Schneidt, Wanderapothekerin aus Katzhütte. Ich trage die Arzneien im Auftrag des Laboranten Rumold Just aus Königsee aus.«
»Just? Der schickt doch sonst immer die Schneidt-Brüder!«
»Ich bin Martin Schneidts Tochter und habe von unserem Fürsten die Erlaubnis erhalten, die Strecke meines Vaters zu gehen«, erklärte Klara, der der Mann allzu unfreundlich erschien.
»Seit wann schicken die Königseer ein Weibsstück mit ihren Salben und Tinkturen auf die Reise?«, fragte der Marktaufseher verwundert, sah dann, dass ein Wagengespann herankam, und forderte Klara den Marktzins ab.
Auch das war ihr neu, und sie fragte sich, ob sie nicht zu optimistisch gewesen war, als sie beschlossen hatte, in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Sie bezahlte die Abgabe und erhielt einen Platz am Rande des Marktgeländes zugewiesen.
Direkt neben ihr baute ein junger Mann seinen Stand auf. Er hatte seine Ware nicht mit einem Reff oder einer Kiepe gebracht wie sie und einige andere Händler, sondern in einem kleinen Leiterwagen, den er mit zwei Brettern zu einer Verkaufsfläche umfunktionierte.
Klara fand, dass ein solcher Wagen nicht schlecht wäre, da man darauf etwas mehr – auch für sich selbst – mitnehmen konnte. Da entdeckte sie das Schild, das an seinem Wagen hing.
»Doktor Melampus’ Wundermedizin«, stand drauf.
Nun holte der Mann mehrere Flaschen aus einer Kiste, die auf seinem Wagen lag, und stellte sie auf die Bretter. Dabei warf er immer wieder einen neugierigen Blick zu ihr. Das Reff, die Spanschachteln und der Krug ließen ihn das Richtige vermuten.
»Eine Buckelapothekerin! Ha!«, rief er ungehalten.
Während sie ihr Reff so hinstellte, dass es nicht umkippen konnte, fragte Klara sich, weshalb der Mann sie so feindselig anschaute. Die Antwort darauf konnte ihr niemand geben, auch wenn mittlerweile die ersten Besucher auf den Markt strömten. Noch während Klara überlegte, wie sie sich bemerkbar machen sollte, begann ihr Nachbar mit lauter Stimme zu rufen.
»Kommt, ihr bresthaften und von Übeln geplagten Leute! Hier gibt es Doktor Melampus’ heilkräftigen Theriak, der gegen jede Krankheit hilft. Vertraut nicht den Kurpfuschern aus Königsee, die Kraut und Rüben zusammenmengen und das als Arznei verkaufen. Nur Doktor Melampus’ wundertätiger Theriak kann euch wirklich helfen!«
»Was soll das?«, rief Klara empört, als sie begriff, dass der Kerl sie und ihre Mittel schmähte.
Ohne sich um sie zu kümmern, wandte der Mann sich einer Gruppe zu, die vor seinem Leiterwagen stehen geblieben war. »Hier, ihr guten Leute, probiert meinen Theriak. Die größten Ärzte der Welt haben ihn entwickelt und mir ihr Geheimnis in einer Stunde anvertraut, in der sie vom Wein überwältigt waren. Ich habe schon Kaiser und Könige damit geheilt und auch Bischöfe und Prälaten. Jetzt frage ich euch, ob ihr nicht auch geheilt werden wollt?«
»Das wollen wir!«, rief einer der Männer und fragte, ob er den Theriak probieren dürfe.
»Natürlich dürft Ihr das!«, rief der Verkäufer und goss einen winzigen Becher voll. »Hier, Ihr könnt ihn äußerlich anwenden, aber auch trinken. Er schmeckt, das will ich betonen, ausgezeichnet! Dieses Rezept ist von mir, denn das der großen Doctores war ehrlich gesagt kein Wohlgenuss.«
Erneut lachten die Leute. Der eine Mann trank und schnalzte danach mit der Zunge. »So eine Medizin lasse ich mir gefallen. Gib mir eine Flasche
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