Deutsche Geschichte
Vorwort
Die erste Ausgabe dieser Deutschen Geschichte wurde von ihren Lesern wie von der Fachkritik überaus positiv aufgenommen. Das hat mich sehr gefreut.
Nun scheint es mir an der Zeit, ein paar Ergänzungen vorzunehmen. Dabei geht es vor allem darum, die wichtigsten Entwicklungen seit der deutschen Wiedervereinigung zu skizzieren. Weil gelegentlich das Fehlen eines Registers beklagt wurde, wird dies nun nachgeliefert. Es wird den Gebrauchswert des Buches erhöhen.
Sonst gilt weiterhin, was ich im »deutschen Jubiläumsjahr 1999« im Vorwort zur ersten Ausgabe schrieb:
Dass wir Deutsche nicht zwei Jubiläen in zwei Staaten feiern müssen, ist vor allem das Verdienst der Menschen im Osten unseres Landes. Im Herbst 1989 gingen hunderttausende von ihnen auf die Straße und demonstrierten für Freiheit und Demokratie. Was noch wenige Wochen zuvor kaum jemand für möglich gehalten hätte, geschah am 9. November 1989: Die Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten wurde geöffnet, und die Deutschen machten sich wieder einmal auf den Weg, ein Volk und ein Staat zu werden.
Das wiedervereinigte Deutschland hatte 1999 also doppelten Grund zum Feiern: Seinen fünfzigsten und seinen zehnten Geburtstag.
Runde Geburtstage werden gern genutzt, um Rückschau zu halten und Bilanz zu ziehen. Allerdings reicht es nicht, den Weg der beiden deutschen Staaten nur seit ihrer Gründung zu verfolgen, wenn man verstehen will, warum es überhaupt zwei Deutschland gab. Dazu muss man weiter zurückschauen, das heißt Geschichte betreiben. Und so, wie es für den Einzelnen interessant und wichtig ist zu wissen, wer seine Vorfahren sind und was er von ihnen mitbekommen hat, so ist es auch für ein Volk wichtig, über seine Geschichte Bescheid zu wissen. Denn unsere Geschichte ist unser Erbe, im Guten wie im Schlechten. Wir können dieses Erbe auch nicht ausschlagen oder ignorieren – selbst wenn wir das manchmal gern möchten.
Der große amerikanische Philosoph George Santayana hat einmal gesagt: »Wer sich an die Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.« Wenn dieser Satz stimmt, sind wir Deutsche geradezu verpflichtet, uns zu erinnern, denn manches aus unserer Geschichte darf sich einfach nicht wiederholen.
Die Frage ist nun: Wie weit müssen wir zurückschauen, wo fängt die deutsche Geschichte an? Darauf gab und gibt es unterschiedliche Antworten.
Lange Zeit ließen Historiker die deutsche Geschichte mit Karl dem Großen beginnen. Heute erscheint uns das zu kurz gegriffen; ein paar Jahrhunderte mehr müssen es schon sein: In der Zeit um Christi Geburt lebten dort, wo später Deutschland entstand, Menschen, die »Germanen« genannt wurden. Diese Germanen waren noch kein Volk und verstanden sich selbst auch nicht so. Aber ihren Nachbarn und vor allem den Römern erschienen sie doch als zusammengehörig. Darum spricht einiges dafür, die deutsche Geschichte mit ihnen beginnen zu lassen.
Dieses Buch will einen ersten großen Überblick über die deutsche Geschichte geben. Es kann deshalb nur von den wichtigsten Ereignissen, Personen und Entwicklungen er zählen. Vieles, was auch noch wissenswert wäre, muss unerwähnt bleiben. Trotzdem wird zwischendurch immer wieder von den einfachen Menschen und ihrem oft gar nicht einfachen Leben berichtet. Denn auch sie haben ihren Teil dazu beigetragen, Deutschland zu dem zu machen, was es heute ist.
Die Anfänge
Um Christi Geburt waren große Teile »Germaniens« noch von Sümpfen und dichten Wäldern bedeckt. In dem dünn besiedelten Gebiet lebten die Menschen in Einzelhöfen oder kleinen Dörfern, oft mit ihren Tieren unter einem Dach. Die Germanen waren kein einheitliches Volk. Es gab zahlreiche Stämme mit verschiedenen Gebräuchen und Dialekten – von letzteren kann man bei einer Reise durch Deutschland heute noch Reste heraushören.
Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schilderte unsere Vorfahren in seinem Buch Über den Ursprung, die Lage und die Völkerschaften Germaniens, später kurz Germania genannt, als »reinen, nur sich selbst gleichen Menschenschlag von eigener Art. Daher ist auch die äußere Erscheinung trotz der großen Zahl von Menschen bei allen dieselbe: wild blickende blaue Augen, rötliches Haar und große Gestalten, die allerdings nur zum Angriff taugen. Für Strapazen und Mühen bringen sie nicht dieselbe Ausdauer auf, und am wenigsten ertragen sie Durst und Hitze; wohl aber sind sie durch Klima oder Bodenbeschaffenheit gegen
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