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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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dich versteckt hast? Die sich mit dir zusammentun wollten?«
    Schweigen.
    »Wer ist Ann?« fragte Stephen leise. Alys' Kopf schnellte hoch, ehe sie es verhindern konnte, und dann sah sie sie.
    Hildebrande saß zusammengesunken auf dem Stuhl. Ihre Finger umklammerten ihre Knie, als müsse sie Sehnen und Knochen zusammenhalten. Das alte blaue Kleid, das Alys ihr gegeben hatte, war blutverschmiert und verdreckt. Am Saum war ein großer, dunkler Fleck — sie hatte sich in ihrer Agonie besudelt. Die Schultern waren schief, eine Seite höher, wo man sie aus dem Gelenk gezerrt und nicht wieder eingerenkt hatte. Die Füße waren nackt. Auf der blassen alten Haut ihrer Füße waren tiefviolette und blutrote Male, perfekte Abbilder der Knoten, mit denen man sie auf die Streckbank gebunden hatte. Ihre Handgelenke waren schwarz, wo die Schnur ihre Arme über den Kopf gezogen hatte. Ihre dünnen Zehen waren blutverschmiert. Sie hatten ihr die Zehennägel ausgerissen. Die Fingernägel waren auch weg. Die Hände krümmten sich wie alte, blutige Klauen, klammerten sich an ihren eigenen Körper, als wollten sie ihn zusammenhalten, ihren Glauben festhalten.
    Alys' plötzliche Bewegung ließ Mutter Hildebrande in ihre Richtung schauen.
    Ihre Blicke begegneten sich.
    Sie erkannte Alys sofort. Ihr blutverschmierter Mund öffnete sich zu einem grausigen Lächeln. Alys sah die tiefen, dunklen Male des Metallknebels auf ihren Wangen, und dann, als das gräßliche Lächeln sich ausbreitete, sah sie, daß man ihr die Zähne aus dem Kiefer gerissen hatte, einige waren gebrochene Stumpen, die anderen nur noch blutgefüllte Löcher. Alys sah das Lächeln und wußte, daß Hildebrandes Rache ein leichtes Spiel war. Hildebrande würde nicht alleine leiden. Sie würde nicht allein verbrennen.
    Alys sah sie stumm an. Sie sagte nichts. Ihre Augen flehten nicht, sie faltete ihre weichen Hände nicht zu der stummen Bitte um Vergebung. Sie wartete auf das Grauen der Bloßstellung als Komplizin und geflüchtete Nonne durch Hildebrande. Die Beweise lagen auf der Hand. Sie trug Alys' Gewand, in der Hütte war Essen aus dem Schloß. Alys wartete auf die Anklage und Hildebrandes Rache für den Schmerz ihrer Enttäuschung und den Schmerz der Streckbank und der Folter.
    Hildebrandes Augen in den schwarzen, gequälten Höhlen zuckten nicht einmal. »Es gab niemanden, der sich mit mir verschworen hat«, sagte sie mit klarer Stimme. »Ich war allein. Die ganze Zeit. Allein.«
    »Wer ist Ann?« fragte Stephen wieder.
    Mutter Hildebrande lächelte Alys direkt ins Gesicht, ihr altes Gesicht war eine gräßliche, zahnlose Maske.
    »Die heilige Anna«, log sie, ohne zu zögern. »Ich habe die heilige Anna angerufen.«
    Alys senkte den Kopf und schrieb blindlings weiter, ein Wort nach dem anderen.
    Der alte Lord beugte sich vor und zupfte Stephen an seiner Robe. »Bringt es zu Ende«, sagte er. »Dieser Pöbel gefällt mir nicht.«
    Stephen nickte, richtete sich auf und begann zu schreien: »Ich fordere, daß du vor diesem Gericht deiner irregeleiteten Treue zum Papst abschwörst und deine Loyalität gegenüber dem König, seiner Majestät Heinrich dem Achten, und deinen Glauben an seine Heilige Kirche von England beschwörst.«
    »Das kann ich nicht tun«, erwiderte die erschöpfte Stimme.
    »Ich warne dich: Wenn du jetzt nicht abschwörst, wirst du der Ketzerei gegen die Heilige Kirche von England für schuldig befunden, und du wirst für deine Sünden auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden und in alle Ewigkeit die Qualen der Hölle erdulden müssen.«
    »Ich bewahre meinen Glauben«, sagte Hildebrande ruhig. »Ich erwarte mein Kreuz.«
    Pater Stephen schaute fragend zu Lord Hugh. »Soll ich mit ihr um ihre Seele ringen?« fragte er.
    »Sie sieht aus, als hätte sie schon genug gerungen«, sagte der alte Lord bissig. »Ich werde sie verurteilen, soll ich?«
    Pater Stephen nickte und setzte sich.
    Lord Hugh schlug mit seinem Stock auf den Tisch. »Dieses Gericht befindet dich des Verrats an Seiner Majestät Heinrich dem Achten schuldig und der Ketzerei an seiner Heiligen Kirche von England«, sagte er hastig. »Morgen bei Tagesanbruch wirst du von hier zum Hinrichtungsplatz gebracht, wo du für deine Verbrechen auf dem Scheiterhaufen verbrannt wirst.«
    Alys schrieb blind, sah nichts, hörte nichts, beobachtete, wie die Feder auf dem Papier auf- und abglitt. Sie spürte Mutter Hildebrandes Blick, sie fühlte, wie die alte Frau versuchte, sie dazu zu bringen, den Kopf

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