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Schnittmuster

Titel: Schnittmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Slater Sean
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1
    Sterben ist leicht, leben ist schwer.
    Mordermittler Detective Jacob Striker konnte davon ein Lied singen. Obwohl ihm ȟberleben« passender schien. Warum? Die letzten zwei Jahre waren grausam mit ihm umgesprungen. Seine Frau war tot. Seine Tochter ein emotionales Wrack. Und jetzt, kaum eine Stunde nach Beginn der ersten Schicht nach einer sechsmonatigen stressbedingten Auszeit, fing die Scheiße schon wieder an. Mein Gott, es war gerade mal zehn vor neun, als Mrs. Myers, die Schulleiterin, wegen seiner Tochter anrief. Das Letzte, wozu Striker Lust hatte, war, mit seiner Partnerin Felicia Santos loszudüsen, aber die Myers blieb hartnäckig. Striker hatte keinen Schimmer, was Courtney diesmal angestellt hatte. Oder welche Strafen ihr Fehlverhalten nach sich ziehen würde.
    So oder so sah es nicht gut aus.
    Striker rechnete jedenfalls mit dem Schlimmsten, als er durch den mahagonivertäfelten Gang zu Carolines Büro eilte – ja, sie redeten sich mit Vornamen an, er und Mrs. Myers –, über dem das Wappen mit den kämpfenden goldenen Greifen der St. Patrick’s High School prangte.
    Er sah Geister und Gremlins, Joker- und Batman-Kopien – jede Menge unheimliche Gestalten, die Halloween entgegenfieberten. Die meisten Schüler nutzten die seltene Gelegenheit, sich zu verkleiden, nur Wenige trugen noch ihre Schuluniform. Die Jugendlichen, alle zwischen dreizehn und siebzehn, waren laut und nervig. Ihr schrilles Durcheinandergequatsche hallte als unverständliche Kakophonie von den hohen Wänden durch die Gänge.
    Sie waren überdreht. Striker fühlte es.
    Halloween hieß das Zauberwort.
    Er blieb stehen und blickte sich zu seiner Partnerin um, die ihm mit ein paar Schritten Abstand folgte. Es ärgerte ihn, dass man ihn schon wieder herzitierte, er versuchte jedoch, seinen Frust zu überspielen.
    Â»Der Typ da drüben mit der Hockeymaske«, begann er, »sieht deinem letzten Lover verdammt ähnlich.«
    Felicia schob sich ein paar braune Haarsträhnen aus der Schläfe und grinste matt. »Rein theoretisch betrachtet warst du mein letzter Lover.«
    Â»Sag ich doch – gut aussehender Bursche.«
    Seine Kollegin lachte leise, und Striker fühlte sich einen Herzschlag lang unbehaglich. Das passierte ihm häufiger, seitdem sie sich vor ein paar Monaten getrennt hatten. Er wich ihrem Blick aus und lief voraus, bahnte ihr den Weg durch eine Horde Acht- bis Zwölfklässler.
    Direktorin Myers erwartete sie in ihrem Büro. Ihr schicker, sandweißer Hosenanzug passte wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge zu der dicken Brille mit den rötlich getönten Gläsern, die farblich mit ihren kurz gelockten Haaren harmonierten. Sie hatte einen dicken Aktenordner vor sich liegen – ohne Zweifel Courtneys Schulakte – und lächelte steif, als Striker ihr Büro betrat.
    Er räusperte sich. »Ich hab gehört, Sie brauchen Eintrittskarten für den Polizeiball«, flachste er, und als sie nicht lachte, wurde er ernst. »Spaß beiseite, Caroline, was hat sie dieses Mal angestellt?«
    Â»Was tippen Sie?«, versetzte die Direktorin. »Sie ist ausgerissen. Das fünfte Mal in diesem Monat.«
    Striker fiel unwillkürlich der Kiefer nach unten. »Irgendeine Idee, wo sie sein könnte? Oder bei wem?«
    Bevor Caroline Myers antworten konnte, drang ohrenbetäubendes Geknalle durch den Gang, irgendwo aus Richtung der Cafeteria oder der Aula. Sie zuckte zusammen, als hätte man sie geschlagen.
    Â»Halloween ist in zwei Tagen«, bemerkte sie, »und ich mach ehrlich gesagt drei Kreuze, wenn der Spuk vorbei ist. Pausenlos diese Knallfrösche. Das macht einen fertig.«
    Kaum war sie verstummt, erschütterte eine weitere Serie von Explosionen das Büro. Striker lauschte angespannt. Die Explosionen klangen wie das Krachen eines Peitschenschlags.
    Ka-WUMM. Ka-WUMM.
    Ka-WUMM. Ka-WUMM. Ka-WUMM.
    Er schnellte herum, Felicia stand bereits an der Tür. Ein Blick auf ihre hart entschlossene Miene und er wusste, er hatte richtig gehört.
    Von wegen Knallfrösche.
    Das war eindeutig eine Knarre.
    Irgendeine schwere Automatik.
2
    Â»Herr im Himmel, ein Amokschütze.« Striker schwenkte zu der Schulleiterin herum. »Los, rufen Sie sofort die Polizei an, schnell!«
    Die Direktorin stand bloß da und sah ihn fassungslos an. Striker schnappte sich das Telefon, wählte die 911 und drückte ihr den

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