Die Weisheit des Feuers
wurde etwas sanfter. »Ich weiß es zu schätzen, dass du besorgt um mich bist, Eragon, und nicht zu Unrecht. Der Krieg ist ein gefährliches Unterfangen und selbst den erfahrensten Kämpfer kann in der Hitze des Gefechts der Tod ereilen. Doch wir streiten für eine würdige Sache. Wenn es sein muss, werden Glaedr und ich bereitwillig in den Tod gehen, denn mit unserem Opfer würden wir dazu beitragen, Alagaësia von Galbatorix’ Joch zu befreien.«
»Aber falls Ihr sterbt«, sagte Eragon und fühlte sich ganz klein, »und wir Galbatorix trotzdem töten und das letzte Drachenei befreien, wer soll dann diesen Drachen und seinen Reiter ausbilden?«
Zu Eragons Überraschung streckte Oromis den Arm aus und ergriff seine Schulter. »Falls das eintreten sollte«, sagte der Elf mit ernster Miene, »dann obliegt es dir, Eragon, und dir, Saphira, den neuen Drachen und seinen Reiter in die Lehren unseres Ordens einzuweihen. Oh, keine Angst, Eragon, du müsstest diese Aufgabe ja nicht allein bewältigen. Islanzadi und Nasuada würden zweifellos dafür sorgen, dass die klügsten Gelehrten unserer beiden Völker dich unterstützen.«
Eine seltsame Beklommenheit ergriff von Eragon Besitz. Er hatte sich oft danach gesehnt, mehr wie ein Erwachsener behandelt zu werden. Trotzdem fühlte er sich längst noch nicht bereit dazu, Oromis’ Platz einzunehmen. Diesen Gedanken auch nur zuzulassen, kam ihm falsch vor. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass er früher oder später nicht mehr der jungen Generation angehören würde und er dann keinen Mentor mehr hätte, auf dessen Führung er sich verlassen konnte. Er schluckte.
Oromis nahm die Hand von Eragons Schulter und deutete auf Brisingr in Eragons Armen. »Der ganze Wald hat gebebt, als du den Menoa-Baum erweckt hast, Saphira, und halb Ellesméra hat mich und Glaedr bestürmt, Linnëa zu Hilfe zu eilen. Obendrein mussten wir bei Gilderien dem Weisen ein gutes Wort für dich einlegen, um ihn davon abzuhalten, dich für dein brutales Vorgehen zu bestrafen.«
Dafür werde ich mich nicht entschuldigen,
sagte Saphira.
Sanftes Zureden hätte zu lange gedauert.
Oromis nickte. »Das weiß ich und ich kritisiere dich auch nicht. Ich wollte nur, dass du dir der Konsequenzen deines Handelns bewusst bist.« Auf seine Bitte hin reichte Eragon ihm das neugeschmiedete Schwert und hielt Oromis’ Helm, während der Elf die Waffe begutachtete. »Rhunön hat sich selbst übertroffen«, erklärte Oromis. »Nur wenige Waffen - Schwerter und andere - reichen an dieses Meisterwerk heran. Du kannst dich glücklich schätzen, so eine Klinge zu schwingen, Eragon.« Eine von Oromis’ spitzen Brauen hob sich leicht, als er die Buchstaben auf der Schneide las. »Brisingr... ein äußerst treffender Name für das Schwert eines Drachenreiters.«
»Ja«, sagte Eragon. »Aber aus irgendeinem Grund schießt jedes Mal, wenn ich seinen Namen ausspreche...« Er zögerte. Statt
Feuer,
was ja in der alten Sprache
Brisingr
hieß, sagte er: »... schießen jedes Mal
Flammen
aus der Klinge.«
Oromis’ Braue wölbte sich noch höher. »Tatsächlich? Hatte Rhunön eine Erklärung für dieses einzigartige Phänomen?« Der Elf gab Eragon Brisingr zurück und nahm dafür seinen Helm wieder an sich.
»Ja, Meister«, antwortete Eragon und erzählte Oromis von den beiden Theorien, die Rhunön aufgestellt hatte.
Als er geendet hatte, murmelte Oromis: »Ich frage mich...«, und sein Blick wanderte vorbei an Eragon zum Horizont. Dann schüttelte er den Kopf und sah wieder den Drachenreiter und Saphira an. Seine Miene wurde noch ernster. »Ich fürchte, aus mir hat der Stolz gesprochen. Glaedr und ich mögen zwar nicht hilflos sein, aber wie du ganz richtig bemerkt hast, Eragon, sind wir auch nicht völlig gesund. Glaedr fehlt ein Bein und ich habe meine eigenen … Beeinträchtigungen. Man nennt mich nicht ohne Grund den unversehrten Krüppel.
Das alles wäre kein Hindernis, wenn unsere einzigen Feinde gewöhnliche Sterbliche wären. Selbst in unserem gegenwärtigen Zustand könnten wir mühelos hundert Menschen niederstrecken - oder Hunderte oder Tausende, es würde keine Rolle spielen. Allerdings handelt es sich bei unserem Feind um den gefährlichsten Gegner, dem wir oder dieses Land je gegenübergestanden sind. So ungern ich es auch zugebe, Glaedr und ich sind im Nachteil, und es ist durchaus möglich, dass wir die bevorstehende Schlacht nicht überleben werden. Wir beide hatten ein langes, erfülltes
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