Die Weisheit des Feuers
und vibrierte, als seine Flügelschläge ihn vom Ozean der Bäume unter ihm wegtrugen. Eragon packte die Zacke vor ihm, als Saphira hinter dem goldenen Drachen in die Leere sprang und sich mehrere Hundert Fuß in die Tiefe fallen ließ, bevor sie zu Glaedr aufstieg.
Glaedr übernahm die Führung, als die beiden Drachen in südwestlicher Richtung davonflogen. Mit unterschiedlich schnellen Flügelschlägen schossen sie über den wogenden Wald hinweg.
Saphira reckte den Hals vor und stieß einen fauchenden Schrei aus. Vor ihr antwortete Glaedr auf die gleiche Weise. Ihr furchterregendes Gebrüll schallte durch die Weiten des Himmels und erschreckte die Vögel und Tiere unter ihnen.
WETTFLUG GEGEN DIE ZEIT
V on Ellesméra aus flogen Saphira und Glaedr ohne Unterbrechung über den uralten Elfenwald hinweg, hoch über den riesigen dunklen Kiefern. Manchmal tat sich im endlosen Grün eine Lücke auf und Eragon sah einen See oder einen gewundenen Flusslauf. Oft stand eine kleine Herde Rehe am Wasser und die Tiere hielten beim Trinken inne und blickten zu den vorbeirauschenden Drachen auf. Den überwiegenden Teil der Zeit aber achtete Eragon nicht auf die Landschaft, weil er im Geiste jedes einzelne Wort in der alten Sprache aufsagte, das Oromis ihm beigebracht hatte. Wenn ihm eines nicht einfiel oder er es falsch aussprach, ließ sein Lehrmeister es ihn so lange wiederholen, bis er sich das Wort richtig eingeprägt hatte.
Am späten Nachmittag des ersten Tages erreichten sie den Rand von Du Weldenvarden. Dort, über der im Schatten liegenden Grenze zwischen den Bäumen und dem anschließenden Grasland, umkreisten Glaedr und Saphira einander und der goldene Drache sagte zu ihr:
Achte darauf, dass deine Seele keinen Schaden nimmt und meine auch nicht.
Das werde ich, Meister,
entgegnete sie.
Und Oromis rief ihnen von Glaedrs Rücken aus zu: »Mögen euch günstige Winde beschieden sein! Und unser nächstes Treffen soll vor den Toren Urû’baens stattfinden.«
»Mögen euch ebenfalls günstige Winde beschieden sein!«, rief Eragon zurück. Dann drehte Glaedr ab und flog am Waldrand entlang nach Westen, der sie zur Nordspitze des Isenstar-Sees und von dort aus nach Gil’ead führen würde, während Saphira den bisherigen Kurs in südwestlicher Richtung beibehielt.
Saphira flog die ganze Nacht durch und landete nur, um etwas zu trinken und damit Eragon sich die Beine vertreten konnte. Anders als während des Hinflugs hatten sie diesmal keinen Gegenwind. Die Luft blieb ruhig und klar, als wolle selbst die Natur, dass sie so schnell wie möglich zu den Varden zurückkehrten.
Als am zweiten Tag die Sonne aufging, befanden sie sich bereits tief in der Hadarac-Wüste und flogen an der Ostgrenze des Imperiums entlang geradewegs nach Süden. Und als die Dunkelheit abermals das Land und den Himmel umfangen hielt, lag die sandige Einöde schon weit hinter Eragon und Saphira, und sie flogen über die grünen Wiesen des Imperiums hinweg. Ihr Kurs auf dem Weg nach Feinster führte sie über das zwischen Urû’baen und dem See Tüdosten liegende Gebiet.
Nachdem Saphira zwei Tage und Nächte geflogen war, ohne zu schlafen, brauchte sie dringend eine Pause. Sie landete neben einem kleinen Birkenhain an einem Teich, rollte sich im Schatten der Bäume zusammen und schlief ein paar Stunden. Eragon hielt währenddessen Wache und machte mit Brisingr einige Schwertkampfübungen.
Seit sie sich von Oromis und Glaedr getrennt hatten, wurde er von einer beständigen Besorgnis gequält, wenn er sich ausmalte, was Saphira und ihn in Feinster erwartete. Er wusste, dass sie beide besser als die meisten anderen vor Tod und Verletzungen geschützt waren. Aber dann dachte er an die Brennenden Steppen und an die Schlacht von Farthen Dûr zurück, an die Blutfontänen, die aus abgetrennten Gliedmaßen spritzten, an die Schreie der Verwundeten und den weiß glühenden Schmerz einer Klinge, die durch sein Fleisch fuhr. In diesen Momenten drehte sich Eragon der Magen um, und seine Muskeln begannen, vor aufgestauter Energie zu zittern, und er wusste nicht, ob er sich wünschte, mit jedem einzelnen Soldaten im Land zu kämpfen oder doch lieber die Flucht zu ergreifen und sich in irgendeinem dunklen Loch zu verstecken.
Sein Schrecken wuchs noch, als er und Saphira ihre Reise fortsetzten und sie auf den Feldern unter ihnen Heerscharen bewaffneter Männer marschieren sahen. Hier und dort stiegen blasse Rauchschwaden aus geplünderten Dörfern
Weitere Kostenlose Bücher