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Die Weisse Massai

Die Weisse Massai

Titel: Die Weisse Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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und fasse erschrocken nach ihm. Mir dreht sich alles. Ich sehe nur noch alte Gesichter über mir und möchte am liebsten sterben. Mein Kind hat noch gelebt, nun aber ist es sicher tot, ist mein letzter Gedanke, bevor ich schreie: »Ihr habt mein Kind getötet, Darling, they have now killed our baby!« Ich spüre, wie mir die letzte Kraft und mein Lebenswille schwinden.
    Wieder legen sich zehn oder mehr Hände auf meinen Bauch und reiben und drücken. Dabei wird laut gebetet oder gesungen. Plötzlich hebt sich der Bauch ein wenig, und ich spüre von innen ein leichtes Zucken. Zuerst wage ich kaum, es zu glauben, doch es wiederholt sich noch ein paarmal. Die Alten scheinen es ebenfalls gespürt zu haben, und die Gebete werden leiser. Als mir klar wird, daß mein kleines Baby lebt, durchströmt mich ein starker Lebenswille, den ich schon verloren glaubte. »Darling, please, go to Pater Giuliani and tell him about me. I want to go to the hospital!«

Flying doctor
    Kurze Zeit später erscheint Giuliani. In seinem Gesicht sehe ich blankes Entsetzen. Er spricht kurz mit den Alten und fragt mich, in welchem Monat ich nun sei. »Anfang achter Monat«, erwidere ich matt. Er will versuchen, einen flying doctor über Funk zu erreichen. Dann verläßt er uns, und auch die Alten außer Mama gehen wieder. Schweißnaß liege ich im Bett und bete für das Kind und mich. Um alles in der Welt will ich dieses Kind nicht verlieren. Mein Glück hängt vom Leben dieses kleinen Wesens ab.
    Plötzlich vernehme ich Motorengeräusch, nicht von einem Wagen, sondern von einem Flugzeug. Mitten in der Nacht taucht hier im Busch ein Flugzeug auf! Draußen höre ich Stimmen. Auch Lketinga geht hinaus und kommt aufgeregt zurück. Ein Flugzeug! Giuliani erscheint und sagt, ich solle nur wenige Sachen mitnehmen und einsteigen, denn die Piste sei nicht lange erleuchtet. Sie helfen mir aus dem Bett. Lketinga packt das Nötigste ein, um mich dann zum Flugzeug zu schleppen.
    Ich bin sprachlos, wie hell alles ist. Giuliani hat mit seinem Aggregat einen riesigen Scheinwerfer in Betrieb gesetzt. Fackeln und Petroleumlampen säumen links und rechts den flachen Teil der Straße. Große weiße Steine zeichnen die Spur weiter. Der Pilot, ein Weißer, hilft mir ins Flugzeug. Er winkt meinem Mann zu, einzusteigen. Hilflos steht Lketinga da. Er möchte mit und kann doch seine Angst nicht überwinden.
    Mein armer Darling! Ich rufe ihm zu, er solle hier bleiben und auf den Shop aufpassen, als die Tür geschlossen wird. Wir starten durch. Zum ersten Mal in so einem kleinen Flieger fühle ich mich dennoch sicher. Nach etwa zwanzig Minuten sind wir über dem Wamba-Hospital. Auch hier ist alles beleuchtet, allerdings gibt es eine richtige Flugpiste. Nach der Landung erblicke ich zwei Schwestern, die mich mit einem Rollstuhl erwarten. Mühsam klettere ich aus dem Flugzeug und stütze dabei mit einer Hand meinen Bauch, der weit nach unten gerutscht ist. Als ich im Rollstuhl zum Spital geschoben werde, überfällt mich erneut das heulende Elend, und die tröstenden Worte der Schwestern nützen nichts, im Gegenteil, ich schluchze noch mehr. Beim Spital erwartet mich die Schweizer Ärztin. Auch aus ihrem Gesicht lese ich Besorgnis, doch sie tröstet mich, jetzt werde alles gut.
    Im Untersuchungszimmer liege ich im Gynäkologenstuhl und warte auf den Chefarzt. Mir wird bewußt, wie schmutzig ich bin, und ich schäme mich zutiefst. Als ich mich deswegen beim Arzt entschuldigen will, winkt er ab und meint, im Moment gebe es Wichtigeres zu überlegen. Er untersucht mich vorsichtig ohne Instrumente, nur mit den Händen, während ich gebannt an seinen Lippen hänge, um zu hören, wie es meinem Kind geht.
    Endlich erlöst er mich, indem er bestätigt, daß das Kind lebt. Doch für den achten Monat ist es viel zu klein und schwach, und wir müssen alles versuchen, um eine Frühgeburt zu verhindern, da es bereits sehr tief liegt. Dann kommt die Schweizer Ärztin zurück und gibt den niederschmetternden Befund bekannt: Ich habe eine schwere Anämie und benötige sofort Blutkonserven wegen einer schweren Malaria. Der Arzt erklärt mir, wie schwierig es sei, Blut zu bekommen. Hier besitzen sie nur einige wenige Konserven, und diese müssen von mir über einen Spender ersetzt werden.
    Mir wird elend bei dem Gedanken an fremdes Blut hier in Afrika in den Zeiten von Aids. Ängstlich frage ich ihn, ob das Blut denn auch kontrolliert sei. Er antwortet ehrlich, nur zum Teil, da im Normalfall

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