Die Weisse Massai
wiedersehe.
Die Schwester kommt nochmal zu mir, und wir unterhalten uns. Sie ist sehr besorgt wegen der Einstellung meines Mannes und rät mir ebenfalls, mein Kind in der Schweiz zu gebären, da es dann meine Nationalität besitzt. Hier ist es Eigentum der Familie meines Mannes, und ich könne nichts ohne Einwilligung des Vaters unternehmen. Müde winke ich ab, ich fühle mich nicht in der Lage, diese Reise anzutreten. Mein Mann würde mir sowieso keine schriftliche Erlaubnis geben, daß ich als seine Ehefrau Kenia verlassen kann, jetzt, fünf Wochen vor der Geburt. Zudem bin ich tief im Innern überzeugt, daß er wieder ruhiger und fröhlicher wird, wenn erst das Baby geboren ist.
In der dritten Woche höre ich nichts mehr von ihm. Etwas enttäuscht verlasse ich das Spital, als sich eine Gelegenheit bietet, mit einem Missionar nach Maralal zu fahren. Die Schwestern verabschieden mich herzlich und versprechen, über Pater Giuliani meinem Mann mitzuteilen, ich sei nun in Maralal.
Sophia
Sophia ist zu Hause und freut sich riesig über meinen Besuch. Als ich jedoch meine Situation erkläre, sagt sie, das mit dem Essen sei okay, doch schlafen könne ich nicht bei ihnen, der hintere Teil der Wohnung sei als Fitnessraum für ihren Freund eingerichtet. Etwas ratlos sitze ich da, und wir überlegen, wo ich hingehen könnte. Ihr Freund macht sich immerhin auf die Suche nach einem Schlafplatz für mich. Nach Stunden kommt er wieder und erklärt, er habe ein Zimmer gefunden. Es befindet sich in der Nähe und ist ein Raum wie bei den Lodgings, nur das Bett ist größer und schöner. Sonst ist er leer. Sofort stehen einige Frauen und Kinder um uns herum, als wir das Zimmer begutachten. Ich nehme es.
Die Tage verstreichen langsam. Nur das Essen ist ein wahre Freude. Sophia kocht fantastisch. Täglich nehme ich zu. Die Nächte jedoch sind schrecklich. Bis tief in die Nacht ertönt Musik oder Geschwätz aus allen Ecken. Der Raum ist so hellhörig, daß man meinen könnte, man lebe mit seinen Nachbarn in einem Zimmer. Jeden Abend quäle ich mich in den Schlaf.
Manchmal könnte ich selber laut schreien über diesen Krach, aber ich will das Zimmer nicht verlieren. Morgens wasche ich mich im Zimmer. Die Kleider wasche ich auch jeden zweiten Tag, damit ich etwas Abwechslung habe. Sophia streitet viel mit ihrem Freund, so daß ich mich nach dem Essen häufig zurückziehe. Mein Bauch wächst stetig, und ich bin richtig stolz.
Nun lebe ich schon eine Woche hier, und mein Mann ist kein einziges Mal gekommen, was mich traurig stimmt. Dafür habe ich James mit anderen Burschen im Dorf getroffen. Ab und zu bringt Sali, der Freund von Sophia, Kollegen mit zum Essen, und dann spielen wir Karten. Dies ist immer sehr vergnüglich.
Wieder einmal sitzen wir zu viert in der Wohnung und spielen. Die Tür ist meistens offen, damit wir mehr Licht haben. Plötzlich steht mein Mann mit seinen Speeren im Türrahmen. Noch bevor ich ihn begrüßen kann, fragt er, wer der andere Mann sei. Alle lachen, nur ich nicht. Sophia winkt ihn herein, doch er bleibt am Türrahmen stehen und fragt mich scharf: »Corinne, is this your boyfriend?« Ich schäme mich fast zu Tode für sein Benehmen. Sophia versucht die Situation zu lockern, doch mein Mann dreht sich um und verläßt das Haus. Langsam erwache ich aus meiner Starrheit und werde richtig wütend. Ich sitze hier im neunten Monat, sehe meinen Mann nach fast zweieinhalb Wochen endlich wieder, und er unterstellt mir einen Liebhaber!
Sali geht los, um ihn zu suchen, während Sophia mich beruhigt. Der Freund hat sich verzogen. Als lange nichts geschieht, gehe ich in mein Zimmer und warte. Etwas später taucht Lketinga auf. Er hat getrunken und kaut Miraa. Steif liege ich im Bett und mache mir über die Zukunft Gedanken. Dann, nach mehr als einer Stunde, entschuldigt er sich tatsächlich: »Corinne, my wife, no problem. Long time I have not seen you and the baby, so I become crazy. Please, Corinne, now I am okay, no problem!« Ich versuche, zu lächeln und zu verzeihen. In der Nacht des folgenden Tages geht er wieder nach Hause. In den kommenden zwei Wochen sehe ich meinen Mann nicht mehr, lediglich Grüße werden mir ausgerichtet.
Endlich ist der Tag gekommen, an dem Sophia und ich ins Spital aufbrechen. Sophia ist etwa eine Woche, ich zwei Wochen vor der Niederkunft. Wegen der schlechten Straßen wurde uns empfohlen, rechtzeitig loszufahren. Aufgeregt steigen wir in den Bus. Sophias Freund begleitet uns. Im
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