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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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tritt die Welt als Vorstellung gänzlich und rein hervor, und geschieht die vollkommene Objektivation des Willens, da allein die Idee seine adäquate Objektität ist. Diese schließt Objekt und Subjekt auf gleiche Weise in sich, da solche ihre einzige Form sind: in ihr halten sich aber Beide ganz das Gleichgewicht: und wie das Objekt auch hier nichts als die Vorstellung des Subjekts ist, so ist auch das Subjekt, indem es im angeschauten Gegenstand ganz aufgeht, dieser Gegenstand selbst geworden, indem das ganze Bewußtsein nichts mehr ist, als dessen deutlichstes Bild. Dieses Bewußtseyn eben, indem man sämmtliche Ideen, oder Stufen der Objektität des Willens, der Reihe nach, durch dasselbe durchgehend sich denkt, macht eigentlich die ganze Welt als Vorstellung aus. Die einzelnen Dinge aller Zeiten und Raume sind nichts, als die durch den Satz vom Grund (die Form der Erkenntniß der Individuen als solcher) vervielfältigten und dadurch in ihrer reinen Objektität getrübten Ideen. Wie, indem die Idee hervortritt, in ihr Subjekt und Objekt nicht mehr zu unterscheiden sind, weil erst indem sie sich gegenseitig vollkommen erfüllen und durchdringen, die Idee, die adäquate Objektität des Willens, die eigentliche Welt als Vorstellung, ersteht; eben so sind auch das dabei erkennende und das erkannte Individuum, als Dinge an sich, nicht unterschieden. Denn sehn wir von jener eigentlichen Welt als Vorstellung gänzlich ab, so bleibt nichts übrig, denn die Welt als Wille . Der Wille ist das Ansich der Idee, die ihn vollkommen objektivirt; er auch ist das Ansich des einzelnen Dinges und des dasselbe erkennenden Individuums, die ihn unvollkommen objektiviren. Als Wille, außer der Vorstellung und allen ihren Formen, ist er einer und der selbe im kontemplirten Objekt und im Individuo, welches sich an dieser Kontemplation emporschwingend als reines Subjekt seiner bewußt wird: jene Beiden sind daher an sich nicht unterschieden: denn an sich sind sie der Wille, der hier sich selbst erkennt, und nur als die Art und Weise wie ihm diese Erkenntniß wird, d.h. nur in der Erscheinung, ist, vermöge ihrer Form, des Satzes vom Grund, Vielheit und Verschiedenheit. So wenig ich ohne das Objekt, ohne die Vorstellung, erkennendes Subjekt bin, sondern bloßer blinder Wille; eben so wenig ist ohne mich, als Subjekt des Erkennens, das erkannte Ding Objekt, sondern bloßer Wille, blinder Drang. Dieser Wille ist an sich, d.h. außer der Vorstellung, mit dem meinigen Einer und der selbe: nur in der Welt als Vorstellung, deren Form allemal wenigstens Subjekt und Objekt ist, treten wir aus einander als erkanntes und erkennendes Individuum. Sobald das Erkennen, die Welt als Vorstellung, aufgehoben ist, bleibt überhaupt nichts übrig, als bloßer Wille, blinder Drang, Daß er Objektität erhalte, zur Vorstellung werde, setzt, mit Einem Schlage, sowohl Subjekt als Objekt: daß aber diese Objektität rein, vollkommen, adäquate Objektität des Willens sei, setzt das Objekt als Idee, frei von den Formen des Satzes vom Grunde, und das Subjekt als reines Subjekt der Erkenntniß, frei von Individualität und Dienstbarkeit dem Willen.
    Wer nun besagtermaaßen sich in die Anschauung der Natur so weit vertieft und verloren hat, daß er nur noch als rein erkennendes Subjekt daist, wird eben dadurch unmittelbar inne, daß er als solches die Bedingung, also der Träger, der Welt und alles objektiven Daseyns ist, da dieses nunmehr als von dem seinigen abhängig sich darstellt. Er zieht also die Natur in sich hinein, so daß er sie nur noch als ein Accidenz seines Wesens empfindet. In diesem Sinne sagt Byron :

    Are not the mountains, waves and skies, a part
    Of me and of my soul, as I of them? 52

    Wie aber sollte, wer dieses fühlt, sich selbst, im Gegensatz der unvergänglichen Natur, für absolut vergänglich halten? Ihn wird vielmehr das Bewußtsein dessen ergreifen, was der Upanischad des Veda ausspricht: Hae omnes creaturae in totum ego sum, et praeter me aliud ens non est . (Oupnekhat, I, 122.) 53

    § 35
    Um eine tiefere Einsicht in das Wesen der Welt zu erlangen, ist unumgänglich nöthig, daß man unterscheiden lerne den Willen als Ding an sich von seiner adäquaten Objektität, sodann die verschiedenen Stufen, auf welchen diese deutlicher und vollendeter hervortritt, d.i. die Ideen selbst, von der bloßen Erscheinung der Ideen in den Gestaltungen des Satzes vom Grunde, der befangenen Erkenntnißweise der Individuen. Dann wird man dem Plato

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