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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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zweiten Bandes nach. Kausalität ist das Gesetz, nach welchem die eintretenden Zustände der Materie sich ihre Stellen in der Zeit bestimmen. Bloß von Zuständen, ja eigentlich bloß von Veränderungen ist bei der Kausalität die Rede, und weder von der Materie als solcher, noch vom Beharren ohne Veränderung. Die Materie als solche steht nicht unter dem Gesetz der Kausalität; da sie weder wird, noch vergeht: also auch nicht das ganze Ding , wie man gemeinhin spricht; sondern allein die Zustände der Materie. Ferner hat das Gesetz der Kausalität es nicht mit dem Beharren zu thun: denn wo sich nichts verändert , ist kein Wirken und keine Kausalität, sondern ein bleibender ruhender Zustand. Wird nun ein solcher verändert, so ist entweder der neu entstandene wieder beharrlich, oder er ist es nicht, sondern führt sogleich einen dritten Zustand herbei, und die Nothwendigkeit, mit der dies geschieht, ist eben das Gesetz der Kausalität, welches eine Gestaltung des Satzes vom Grunde ist und daher nicht weiter zu erklären; weil eben der Satz vom Grunde das Princip aller Erklärung und aller Nothwendigkeit ist. Hieraus ist klar, daß das Ursach- und Wirkungseyn in genauer Verbindung und nothwendiger Beziehung auf die Zeitfolge steht. Nur sofern der Zustand A in der Zeit dem Zustande B vorhergeht, ihre Succession aber eine nothwendige und keine zufällige, d.h. kein bloßes Folgen, sondern ein Erfolgen ist; – nur insofern ist der Zustand A Ursache und der Zustand B Wirkung. Der Begriff Wechselwirkung enthält aber Dies, daß beide Ursache und beide Wirkung von einander sind: dies heißt aber eben so viel, als daß jeder von beiden der frühere und aber auch der spätere ist: also ein Ungedanke. Denn daß beide Zustände zugleich seien, und zwar nothwendig zugleich, läßt sich nicht annehmen: weil sie als nothwendig zusammengehörend und zugleich seiend, nur einen Zustand ausmachen, zu dessen Beharren zwar die bleibende Anwesenheit aller seiner Bestimmungen erfordert wird, wo denn aber gar nicht mehr von Veränderung und Kausalität, sondern von Dauer und Ruhe die Rede ist und weiter nichts gesagt wird, als daß wenn eine Bestimmung des ganzen Zustandes geändert wird, der hiedurch entstandene neue Zustand nicht von Bestand seyn kann, sondern Ursache der Aenderung auch aller übrigen Bestimmungen des ersten Zustandes wird, wodurch eben wieder ein neuer, dritter Zustand eintritt; welches alles nur gemäß dem einfachen Gesetz der Kausalität geschieht und nicht ein neues, das der Wechselwirkung, begründet.
    Auch behaupte ich schlechthin, daß der Begriff Wechselwirkung durch kein einziges Beispiel zu belegen ist. Alles was man dafür ausgeben möchte, ist entweder ein ruhender Zustand, auf den der Begriff der Kausalität, welcher nur bei Veränderungen Bedeutung hat, gar keine Anwendung findet, oder es ist eine abwechselnde Succession gleichnamiger, sich bedingender Zustände, zu deren Erklärung die einfache Kausalität vollkommen ausreicht. Ein Beispiel der erstem Art giebt die durch gleiche Gewichte in Ruhe gebrachte Waagschaale: hier ist gar kein Wirken, denn hier ist keine Veränderung: es ist ruhender Zustand: die Schwere strebt, gleichmäßig vertheilt, wie in jedem im Schwerpunkt unterstützten Körper, kann aber ihre Kraft durch keine Wirkung äußern. Daß die Wegnahme des einen Gewichtes einen zweiten Zustand giebt, der sogleich Ursache des dritten, des Sinkens der andern Schaale, wird, geschieht nach dem einfachen Gesetz der Ursache und Wirkung und bedarf keiner besondern Kategorie des Verstandes, auch nicht ein Mal einer besondern Benennung. Ein Beispiel der andern Art ist das Fortbrennen eines Feuers. Die Verbindung des Oxygens mit dem brennbaren Körper ist Ursache der Wärme, und diese ist wieder Ursache des erneuerten Eintritts jener chemischen Verbindung. Aber dieses ist nichts Anderes, als eine Kette von Ursachen und Wirkungen, deren Glieder jedoch abwechselnd gleichnamig sind: das Brennen A bewirkt freie Wärme B , diese ein neues Brennen C (d.h. eine neue Wirkung, die mit der Ursache A gleichnamig, nicht aber individuell die selbe ist), dies eine neue Wärme D (welche mit der Wirkung B nicht real identisch, sondern nur dem Begriffe nach die selbe, d.h. mit ihr gleichnamig ist) und so immer fort. Ein artiges Beispiel Dessen, was man im gemeinen Leben Wechselwirkung nennt, liefert eine von Humboldt (Ansichten der Natur, zweite Auflage, Bd. 2, S. 79) gegebene Theorie der Wüsten. Nämlich in

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