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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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weniger in sich als der Begriff Materie : aber er enthält nicht dafür, wie sonst immer das höhere Genus , mehr unter sich , indem er nicht mehrere niedere genera , neben der Materie, umfaßt; sondern diese bleibt die einzige wahre Unterart des Begriffes Substanz, das einzige Nachweisbare, dadurch sein Inhalt realisirt wird und einen Beleg erhält. Der Zweck also, zu welchem sonst die Vernunft durch Abstraktion einen hohem Begriff hervorbringt, nämlich um in ihm mehrere, durch Nebenbestimmungen verschiedene Unterarten zugleich zu denken, hat hier gar nicht Statt: folglich ist jene Abstraktion entweder ganz zwecklos und müßig vorgenommen, oder sie hat eine heimliche Nebenabsicht. Diese tritt nun ans Licht, indem unter den Begriff Substanz, seiner ächten Unterart Materie eine zweite koordinirt wird, nämlich die immaterielle, einfache, unzerstörbare Substanz, Seele, Die Erschleichung dieses Begriffs geschah aber dadurch, daß schon bei der Bildung des hohem Begriffes Substanz gesetzwidrig und unlogisch verfahren wurde. In ihrem gesetzmäßigen Gange bildet die Vernunft einen hohem Geschlechtsbegriff immer nur dadurch, daß sie mehrere Artbegriffe neben einander stellt, nun vergleichend, diskursiv, verfährt und, durch Weglassen ihrer Unterschiede und Beibehalten ihrer Uebereinstimmungen, den sie alle umfassenden, aber weniger enthaltenden Geschlechtsbegriff erhält: woraus folgt, daß die Artbegriffe immer dem Geschlechtsbegriff vorhergehn müssen. Im gegenwärtigen Fall ist es aber umgekehrt. Bloß der Begriff Materie war vor dem Geschlechtsbegriff Substanz da, welcher ohne Anlaß und folglich ohne Berechtigung, müßigerweise aus jenem gebildet wurde, durch beliebige Weglassung aller Bestimmungen desselben bis auf eine. Erst nachher wurde neben den Begriff Materie die zweite unächte Unterart gestellt und so untergeschoben. Zur Bildung dieser aber bedurfte es nun weiter nichts, als einer ausdrücklichen Verneinung dessen, was man vorher stillschweigend schon im hohem Geschlechtsbegriff weggelassen hatte, nämlich Ausdehnung, Undurchdringlichkeit, Theilbarkeit. So wurde also der Begriff Substanz bloß gebildet, um das Vehikel zur Erschleichung des Begriffs der immateriellen Substanz zu seyn. Er ist folglich sehr weit davon entfernt für eine Kategorie oder nothwendige Funktion des Verstandes gelten zu können: vielmehr ist er ein höchst entbehrlicher Begriff, weil sein einziger wahrer Inhalt schon im Begriff der Materie liegt, neben welchem er nur noch eine große Leere enthält, die durch nichts ausgefüllt werden kann, als durch die erschlichene Nebenart immaterielle Substanz , welche aufzunehmen er auch allein gebildet worden: weswegen er, der Strenge nach, gänzlich zu verwerfen und an seine Stelle überall der Begriff der Materie zu setzen ist.

    Die Kategorien waren für jedes mögliche Ding ein Bett des Prokrustes, aber die drei Arten der Schlüsse sind es nur für die drei sogenannten Ideen. Die Idee der Seele war gezwungen worden in der kategorischen Schlußform ihren Ursprung zu finden. Jetzt trifft die Reihe die dogmatischen Vorstellungen über das Weltganze, sofern es, als Objekt an sich, zwischen zwei Gränzen, der des Kleinsten (Atom) und der des Größten (Weltgränzen in Zeit und Raum) gedacht wird. Diese müssen nun aus der Form des hypothetischen Schlusses hervorgehn. Dabei ist an sich kein sonderlicher Zwang nöthig. Denn das hypothetische Urtheil hat seine Form vom Satze des Grundes, und aus der besinnungslosen, unbedingten Anwendung dieses Satzes und sodann beliebiger Beiseitelegung desselben entstehn in der That alle jene sogenannten Ideen, nicht die kosmologischen allein: nämlich dadurch, daß, jenem Satze gemäß, immer nur die Abhängigkeit eines Objekts vom andern gesucht wird, bis endlich die Ermüdung der Einbildungskraft ein Ziel der Reise schafft: wobei aus den Augen gelassen wird, daß jedes Objekt, ja die ganze Reihe derselben und der Satz vom Grunde selbst in einer viel nähern und großem Abhängigkeit steht, nämlich in der vom erkennenden Subjekt, für dessen Objekte, d.h. Vorstellungen, jener Satz allein gültig ist, indem deren bloße Stelle in Raum und Zeit durch ihn bestimmt wird. Da also die Erkenntnißform, aus welcher hier bloß die kosmologischen Ideen abgeleitet werden, nämlich der Satz vom Grunde, der Ursprung aller vernünftelnden Hypostasen ist; so bedarf es dazu diesmal keiner Sophismen; desto mehr aber, um jene Ideen nach den vier Titeln der Kategorien zu

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