Die Welt der Sookie Stackhouse (German Edition)
Temps in Louisiana: Sie mag zwar klein sein, aber sie ist anpassungsfähig.
Damals in der Highschool haben wir Shakespeare gelesen, und da gab es dieses Zitat aus ›Hamlet‹, das die letzten paar Jahre gut beschreibt: »Es gibt mehr Ding’ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio.« Diese Einsicht wird zwar mittlerweile in jedem schlechten Horrorfilm breitgetreten, aber das hat einen Grund. Denn damit ist wirklich alles gesagt.
Ich dachte immer, in meiner kleinen Ecke von Louisiana würden sich das Leben und die Gesellschaft nicht verändern. Das war allerdings, bevor die ganze Welt eines Abends schockiert feststellte, dass Vampire wirklich existieren und nicht nur irgendwelche Kreaturen aus kitschigen Spätfilmen sind.
Und dann lief mir zwei Jahre darauf im Merlotte’s eines Abends ein echter Vampir über den Weg und zog mich mitten hinein in seine Welt. Es gibt Zeiten, da wünsche ich mir, ich hätte an diesem Abend nicht gearbeitet. Aber was soll’s, auf die eine oder andere Weise wäre es ja sowieso passiert.
DIE VAMPIRE
Ich liebe die Sonne. Die Vampire taten mir wirklich leid, als ich mir klar machte, was es bedeutet, immer im Dunkeln zu leben – nie den blauen Himmel zu sehen, Schmetterlinge, einen Kolibri an einer Blüte … einfach nur den Tag zu genießen. Und manche Vampire haben schon seit über tausend Jahren kein Tageslicht mehr gesehen. Tausend Jahre Nacht! Ganz schön schwierig, sich das vorzustellen.
Und die ganze Zeit haben sie ihre Existenz so geheim wie möglich gehalten. Ja, sie würden sogar heute noch mürrisch herumziehen und Menschen zu Tode beißen, wenn nicht ein japanischer Wissenschaftler so eine Art synthetisches Blut entwickelt hätte, das dem echten Zeug absolut gleicht – auf Englisch wurde eine der Marken ja sogar »TrueBlood« (Echtes Blut) genannt. Wahrscheinlich haben die Zeitungen und auch die Fernsehsender ausführlich darüber berichtet, als das neue Produkt auf den Markt gebracht wurde. Daran kann ich mich allerdings nicht so richtig erinnern.
Doch die Vampire haben sich alle darauf gestürzt. Es gab ihnen den Anstoß, sich miteinander zu vernetzen und einen gemeinsamen Plan zu entwickeln, wie ihr Eintritt in die moderne Welt aussehen könnte. Und nach einer Menge Palaver entschlossen sie sich zur »Großen Enthüllung«, wie sie das nannten, um uns wissen zu lassen, dass sie auch hier sind, und das schon seit sehr langer Zeit. Besonders wichtig war den Vampiren dabei, dass die menschliche Bevölkerung sienicht als Bedrohung wahrnimmt. Sie wollten von allen als netter Nachbar von nebenan gesehen werden – wenn man mal absieht von dieser »Tagsüber tot«-Sache, dem Fangzahn-Problem und der Sucht nach Blut. Aber das haben sie alles heruntergespielt und stattdessen betont, dass sie »auf keinen Fall diese europäischen Dandys im Smoking« sind.
Viele Vampire wollten sich, so wie auch mein Exfreund Bill Compton, ganz der Gesellschaft anpassen und möglichst genauso wie die Menschen leben. Was allerdings zu einigen Problemen führte: Wenn man nur im Dunkeln rausgehen kann, kann man nicht unbedingt einen erfolgreichen Laden in der Stadtmitte führen. Aber es scheint allen zu gelingen, den einen oder anderen Dollar zu verdienen; wie’s eben so läuft in Amerika, nicht? Bill investiert in Immobilien und entwickelt Computerprogramme; und mein derzeitiger Freund Eric Northman betreibt die Vampirbar Fangtasia drüben in Shreveport. Es gibt Vampirstripper und Vampirbauarbeiter, und es würde mich nicht im Mindesten wundern, wenn’s auch Vampirprivatdetektive und Vampirelektriker gäbe. Auf jeden Fall gibt’s viele Tandem-Partnerschaften – einer macht den Job tagsüber und einer der Fangzahnbewehrten übernimmt des Nachts.
In einigen Ländern rund um die Welt sind die Leute völlig durchgedreht und haben alle Vampire umgebracht, deren sie habhaft werden konnten. Aber die guten alten Vereinigten Staaten von Amerika waren ja schon immer ein Schmelztiegel, deshalb waren die Vampire für uns nur eine weitere Minderheit, die ein neues Zuhause sucht, eine gefährliche Minderheit zwar, wenn man ihnen irgendwie falsch kommt, aber doch eine, die sich die gleichen Freiheiten wünscht wie alle anderen in diesem Land auch. Es wird ziemlich viel über die Frage gestritten, ob Vampire dieselben Rechte haben sollten wie Menschen. Doch selbst wennsie die bekämen, gäb’s immer irgendwelche Leute, die dagegen wären.
Es war allerdings nicht alles
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