Die Welt ist nicht immer Freitag
der Paketbote und fragte, ob ich ein Paket für meinen Nachbarn entgegennehmen würde. Ich dachte mir nichts dabei, quittierte den Empfang und stellte das Paket in den Flur. Der Nachbar jedoch holte das Paket am Abend nicht ab. Mehr noch, er war offensichtlich gar nicht in der Stadt. Wohl verreist, oder weiß der Geier was. Mir war's eigentlich auch egal. Bis nach ca. zwei Tagen das Paket langsam anfing zu stinken. Der Gestank wurde schnell schlimmer und bald schon war er bestialisch. Reinzugucken traute ich mich nicht. Wegschmeißen konnte ich es nicht, immerhin hatte ich den Lieferzettel mit meinem Namen unterschrieben. Was tun?
Das letzte große Geruchsproblem in meinem Leben lag mittlerweile fast ein Jahr zurück.
Kurzer Exkurs: Mein großes
Geruchsproblem nach meinem Umzug
Mai letzten Jahres. Bemerke einen ziemlich schlimmen Gestank in der Wohnung. Kriege den Gestank trotz heftigen Lüftens einfach nicht aus der Wohnung raus. Gehe nach draußen, weil ich es in der Wohnung nicht mehr aushalte. Stehe auf dem Bürgersteig, der Gestank ist immer noch da. Bekomme traurige Gewißheit. Der Gestank bin ich. Ziehe Schlußfolgerungen:
Wenn man nur eine Hose, die man auch schon beim Umzug und beim Renovieren getragen hat, ca. 8 Tage nach dem Umzug immer noch trägt, weil praktisch alle anderen Hosen irgendwo zwischen Kramkarton 21 und Kramkarton 63, also quasi unauffindbar sind, ensteht mit der Zeit etwas, was man wohl nur mit »ein Geruch« bezeichnen kann, ein ziemlich stechender Geruch sogar. Gehe zu Peter, um mir Hosen zu leihen.
Als ich in die Wohnung komme, reißt Peter alle Fenster auf, er sieht schon ziemlich blaß aus. Gebe ihm eine meiner mitgebrachten Plastikklammern für die Nase, seine Gesichtsfarbe kehrt zurück.
- Peter, ich dachte, wir haben doch in etwa dieselbe Statur und…
- Wir haben was?
- Na in etwa dieselbe Statur.
- Ich bin nicht dick.
Er schiebt mich beleidigt aus der Wohnung und schlägt die Tür zu. Bei drei anderen Freunden mit meiner Statur geht's mir genauso.
Frage mich, wie man so schlank sein kann, wie ich bin, und trotzdem so dick wirken. Egal. Hab jetzt Wichtigeres zu tun. Der Geruch muß weg. Kaufe acht Wunderbäume und hänge sie an meine Kleidung. Das wird helfen. Fahre dann nach Hause. Die U-Bahn ist total voll. Aber nach nur einer Station müssen auf einmal alle aussteigen, und ich hab den Waggon für mich allein. Beim Umsteigen kann ich irgendwelchen Passanten auf dem Bahnsteig insgesamt 50 Nasenklammern verkaufen. Kein schlechtes Geschäft. Vom Gewinn kaufe ich mir auf dem Nachhauseweg eine neue Hose und neue Nasenklammern.
So war es letztes Jahr. Doch das Geruchsproblem mit dem Paket war nicht so einfach zu lösen. Irgendwann hab ich dann in meiner Not ein Seil darum gebunden und es einfach zum Fenster rausgehängt. Im dritten Stock kann man sowas schonmal machen, auch wenn ich manchmal ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich morgens zur Haustür raustrete und die ganzen abgestürzten, ohnmächtigen Vögel auf dem Bürgersteig sehe.
Mittlerweile ist es elf Uhr durch, Peter ist immer noch nicht da. Der Schluffi hat unsere Frühstückseinladung wahrscheinlich einfach verpennt. Na gut, geh ich eben auswärts frühstücken. Als ich zur Haustür raustrete, liegt Peter bewußtlos auf dem Bürgersteig. Neben ihm ein Paket, dessen Geruch mir irgendwie vertraut vorkommt. Das Seil ist zerrissen. Rufe einen Notarztwagen für Peter, stecke mir eine Nasenklammer auf und gehe dann mit dem Paket zur Post, um es einfach nochmal an meinen Nachbarn zu schicken. Ich muß nur aufpassen, daß ich bei der zweiten Zustellung nicht zu Hause bin. Muß 7 Postämter abfahren, bis ich endlich einen ausreichend heftig verschnupften Schalterbeamten finde, bei dem ich das Paket unauffällig ein zweites Mal aufgeben kann.
Die nächsten Tage verbringe ich damit, sinnlos durch die Stadt zu rennen, bis endlich die Luft wieder rein, sprich die Zustellzeiten vorbei sind, und ich zurück in meine Wohnung darf. Bin mir nicht sicher, ob sich jemals ein Bote für einen neuerlichen Zustellversuch gefunden hat, werde mich aber vermutlich mein Leben lang fragen, was wohl in diesem Paket dringewesen sein könnte.
Leben zur Jahrtausendwende 6
(Neuartige Technologien)
Wie gefährlich neuartige Technologien in den falschen Händen sind, weiß ich spätestens, seit mir meine Mutter zum Geburtstag ein Handy geschenkt hat, damit sie mich immer überall erreichen kann. Seitdem vergeht kein Tag, an dem sie mich nicht
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